Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
Vom Netzwerk:
leise.
    Giovannis bleiches Gesicht in ihren Träumen.
    Ein vertrautes Prickeln entlang der Wirbelsäule.
    Ein Pochen breitete sich von ihrer Schädelbasis aus, doch sie drängte es beiseite, und eine vertraute Stimme flüsterte in ihrem Kopf.
    »Vergiss es, Mariposa. Es tut mir so leid. Ich liebe dich. Es tut mir leid …«
    Sie schluckte den Kloß im Hals herunter, und Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ach … ach«, flüsterte sie. »Mein Vater ist wie Sie, oder? Er ist ein Vampir.«
    Giovanni bewegte sich nicht und schwieg, während die übrigen Teile des Puzzles an ihren Platz rückten.
    Die verwirrenden Träume im Sommer, als sie fünfzehn wurde. Gefolgt von unerklärlicher Niedergeschlagenheit, die sie trotz des liebevollen Beistands der Großeltern unter sich zu begraben drohte. Ihr Rückzug. Die seltsamen und unbegreiflichen Stimmungsschwankungen.
    Sie hörte Giovanni aus seiner Ecke etwas raunen. »Sie sind ein außergewöhnlich scharfsinniges Mädchen, Beatrice De Novo.«
    Ein Satz, den sie eines Abends in der Werkstatt ihres Großvaters gesagt hatte, kam ihr wieder ins Bewusstsein.
    »Manchmal wünschte ich, ich könnte ihn vergessen, Opa.«
    Heiße Tränen rannen ihr übers Gesicht. »Ach, er ist … und er hat mich dazu bringen wollen, ihn zu vergessen«, sagte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
    Er beugte sich, plötzlich ganz aufmerksam, zu ihr vor. »Was wollen Sie damit –«
    »In dem Sommer, als ich fünfzehn wurde, sah ich meinen Vater. Er saß auf einer Bank im Park gegenüber der Bibliothek, in der ich einen Ferienjob hatte. Nur für den Bruchteil einer Sekunde«, flüsterte sie und schnippte mit den Fingern. »So. Ich dachte, ich werde verrückt. Er sah anders aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er war zu dünn, und sein Gesicht … es war ganz bleich – so wie Ihres.«
    Giovanni lehnte sich zurück und zog ein Schnupftuch aus der Umhängetasche. »Wenn Sie damals fünfzehn waren, dürfte das drei Jahre nach seiner Verwandlung gewesen sein. Bis dahin hatte er sicher gelernt, seine Sinne und seine Blutlust zu kontrollieren. Das ist durchaus möglich, ja. Viele frische Vampire machen den Fehler, Kontakt mit ihrer Familie aufnehmen zu wollen.«
    »Ich habe ihn monatelang immer wieder gesehen.« Sie nahm das Taschentuch und ballte die Finger. »Ich dachte wirklich, ich werde wahnsinnig. Mit meinen Freundinnen habe ich nichts mehr unternommen. Ich habe … mit allem aufgehört. Meine Großeltern wussten nicht, was vorging. Ich dachte, ich raste aus. Und dann diese verrückten Träume.«
    Sie runzelte die Stirn, tupfte sich die Augen und versuchte, sich auf Erinnerungen zu besinnen, von denen sie nun argwöhnte, sie seien manipuliert worden. Noch immer spürte sie das seltsame Kribbeln im Nacken, wann immer sie sich darauf konzentrieren wollte, und die Kopfschmerzen setzten erneut ein.
    »Gut möglich, dass er mit Ihnen sprechen wollte, dass Sie darauf aber nicht gut reagiert haben. In diesem Fall hat er Ihnen diese Erinnerungen vielleicht genommen.« Er versuchte nicht, sie zu trösten, doch seine Gegenwart war trotzdem wohltuend.
    »Aber er war mein Vater.«
    Er nickte. »Genau. Ihre Erinnerungen an ihn wären sehr tief verankert. Sie hätten es bemerkt, wenn er sie verändert hätte. Nicht bewusst allerdings … damals nicht. Sie wären vielleicht depressiv und verschlossen gewesen und hätten nicht verstanden, warum.«
    »Aber ich war depressiv«, flüsterte sie. »Und meine Großeltern konnten sich einfach nicht vorstellen, was mit mir nicht stimmte. Mit dem Tod meines Vaters war ich so gut zurechtgekommen, wie man es sich nur wünschen konnte. Die Niedergeschlagenheit kam erst Jahre später. Ich ging zu Beratern und zu Therapeuten … niemand fand heraus, woran es lag. Warum sollte er das getan haben?«
    Giovanni schüttelte den Kopf. »Er war jung, Beatrice. Er hatte vermutlich keine Ahnung, wie sehr es Sie in Mitleidenschaft ziehen würde.«
    Sie schwieg ein paar Minuten und saß reglos im blauen Licht des stecken gebliebenen Fahrstuhls.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte sie schließlich.
    Er zögerte, und sie versuchte, in dem schwachen Licht seine Miene zu deuten.
    »Ich weiß es nicht. Ich sollte Ihnen eigentlich nichts von all dem erzählen.«
    »Das stimmt nicht. Sie sollten es mir sagen, falls es um meinen Vater geht. Warum haben Sie gefragt, ob –«
    Er sah weg, doch sie hatte das plötzliche Leuchten seiner grünen Augen bereits

Weitere Kostenlose Bücher