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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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Beatrice«, erwiderte er ruhig. »Vertrauen ist ein Gefühl, und Gefühle kann ich nicht manipulieren. Sie sitzen im limbischen System, und darauf hat Amnis offenbar keinen Einfluss. Deshalb sind einige sich über lange Zeit erstreckende Erinnerungen auch schwerer auszulöschen oder zu verändern.«
    Er saß mit dem gleichen gelehrten Ausdruck neben ihr, mit dem er Dokumente abschrieb.
    »Sie sprechen über das alles wie über ein wissenschaftliches Experiment.«
    »Ich bin kein Wissenschaftler, doch ich schätze, es handelt sich um ein Experiment«, sinnierte er leise. »Eines, an dem ich schon viele Jahre arbeite.«
    Achselzuckend rückte er etwas von ihr ab, und diese Geste empfand sie als eine größere Erleichterung als alles andere. Ihr Verstand sagte ihr, dass er sich vermutlich nicht die Mühe gemacht hätte, ihr von diesen Dingen zu erzählen, wenn er vorhatte, sie zu töten und ihr Blut zu trinken. Außerdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass Dr. Giovanni Vecchio eine solche Grobheit begehen würde.
    Die blaue Flamme brannte noch immer unter der Decke, ohne dass er sich um sie zu kümmern schien, doch da er sie entzündet hatte, musste er weiter Einfluss auf sie haben. Genau wie er den Fahrstuhl einen Kurzschluss hatte bekommen lassen, ihr Telefon ruiniert hatte und dafür sorgte, dass sich ihr alle Haare sträubten, wenn er ihr zu nahe kam. Er beherrschte diesen elektrischen Strom namens Amnis.
    »Sie finden also nicht, dass es sich um Magie handelt? Mir kommt es schon so vor.« Sie neigte den Kopf schräg. »Und ich habe Vampire immer für Werke der Magie gehalten.« Plötzlich setzte sie sich aufgeregt auf. »Gibt es noch andere Wesen? Werwölfe? Dämonen? Feen?«
    Er schnaubte und betrachtete sie etwas von oben herab. »Feen?«
    Dass er ihrer Frage so wegwerfend begegnete, ärgerte sie. »Sie sind der mit dem blauen Feuer und den plötzlich zu Fängen gewordenen Eckzähnen, Mister. Sehen Sie mich also nicht so an. Das erscheint mir nicht sonderlich abwegig.«
    Er hob eine Braue. »Gewisse körpereigene Stoffe, die mit dem Blutkreislauf zusammenhängen, lassen meine Zähne wachsen, Beatrice. Das ist vollkommen natürlich.«
    »Für Sie
vielleicht«, murmelte Beatrice.
    »Ja. Und außerdem …« – er hob ihr Handy auf und warf es ihr zu – »… was glauben Sie, wie die Menschen das hier vor zwei-, dreihundert Jahren genannt hätten? Meinen Sie nicht, sie hätten Mobiltelefone für Zauberei gehalten? Genau wie Laserchirurgie? Und viele Arzneien?« Er schüttelte den Kopf und sagte etwas auf Latein.
    »Wie alt sind Sie?«
    Er neigte den Kopf zur Seite, schwieg aber.
    »Pardon, ist diese Frage unhöflich? Meine Großmutter würde das vermutlich bejahen.«
    Seine strenge Miene verzog sich zu einem Lächeln. »Über so etwas sprechen wir nicht. Wir halten unsere Ursprünge geheim.« Er zögerte kurz. »Ich bin über fünfhundert Jahre alt.«
    »Dann stammen Sie aus der Renaissance? Meine Güte … ich hatte schon überlegt, ob Sie im Spätmittelalter geboren wurden – wegen Ihres Interesses an Dante.«
    Er setzte sich anders hin und räusperte sich. »Nein, Dante war zu meiner Zeit nicht
en vogue
. Zu gewöhnlich. Zu mittelalterlich. Mein Vater hat sich nur für die Klassik interessiert.«
    »Wieso dann all die Fragen nach meinem Vater? Ich werde es Ihnen sagen – das war eine Art …«
    Das Lächeln wich unvermittelt aus ihrem Gesicht, und sie schaute mit gesenktem Kopf vor sich hin. Ihr war plötzlich ein Gedanke gekommen.
    »Warum haben Sie sich nach meinem Vater erkundigt, Gio?«, fragte Beatrice leise.
    »Wie meinen Sie das?«
    Sie sah auf. Nein, sie hatte keine Angst mehr vor ihm, sondern wollte jetzt etwas wissen von dem bleichen Mann, dessen Antlitz ihre Träume heimsuchte.
    Wie ein anderes Gesicht, das sie so gern vergessen würde.
    »Warum haben Sie sich nach meinem Vater erkundigt? Haben Sie … ihn gekannt? Vor seinem Tod?« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Wissen Sie, wer ihn getötet hat? War es ein … ein Vampir?«
    Er sagte nichts, sondern sah sie nur an, während ihr Herz immer schneller schlug.
    »Warum antworten Sie nicht?« Sie schluckte, und Tränen traten ihr in die Augen. »Haben Sie … Sie haben doch nicht … ich meine –«
    »Ich habe Ihren Vater nicht getötet, Beatrice. So etwas würde ich nicht tun.«
    »Warum haben Sie dann …«
    Sie verstummte und schloss die Augen, und es war, als träten in der Dunkelheit die Teile des Puzzles zusammen. Sie seufzte

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