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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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Flammenball los, der nun der Farbe seiner ungewöhnlichen Augen ähnelte. Ihr Blick fuhr über seinen Arm, die Knöpfe seines schwarzen Hemds, die weiße Säule seines Halses und seinen grimmigen Mund und begegnete zuletzt seinen durchdringenden Augen.
    Beatrice hielt staunend den Atem an, sah das Feuer in seiner Hand pulsieren und vermochte nur ein heiseres Flüstern hervorzubringen.
    »Wer sind Sie?«

5
    Houston, Texas
    November 2003
    Giovanni sah sie in dem pulsierenden blauen Licht unverwandt an und redete beruhigend auf sie ein.
    »Erinnern Sie sich, Beatrice? Erinnern Sie sich daran, dass Sie auf dem Fest zu mir sagten, nichts sei unerklärlich – es sei bloß noch nicht erklärt?«
    Sie nickte und überlegte, ob er ihren rasenden Puls hörte. Ihr Blick schoss umher, und sie suchte nach einer Möglichkeit, vor diesem seltsamen, mit Feuer hantierenden … Jemand vor ihr zu fliehen. Doch es gab kein Entkommen aus der Stahlkabine, und da auch der Alarm nicht funktionierte, konnte sie nur hoffen, demnächst werde jemand bemerken, dass der ständig defekte Aufzug stecken geblieben war.
    »Ich bitte Sie nicht, an Zauberei zu glauben, Beatrice – nur daran, dass es in dieser Welt Dinge gibt, die Sie noch nicht verstehen und die niemand von uns begreift.«
    Beatrice betrachtete das seltsame blaue Feuer und fragte erneut: »Wer sind Sie?«
    »Um sich das Unerklärliche zu erklären, hat der Mensch viele Mythen geschaffen.«
    Sie wich in eine Ecke des Lifts zurück und funkelte ihn an. Als sie merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte, ließ sie sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden hinunter. Giovanni tat es ihr behutsam nach, um die blaue Flammenkugel über seiner Hand nicht zu beunruhigen.
    »Thor zum Beispiel, den nordischen Gott des Donners«, sagte er. »Oder Pele, den Feuergott, der die Vulkane Hawaiis geschaffen hat.«
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf und sah zwischen seinem Gesicht und dem blauen Feuerball hin und her. Panik schien ihr den Atem zu rauben. Sie versuchte, tiefe und lange Atemzüge zu machen, um sich zu beruhigen, doch das wollte ihr fast nicht gelingen.
    Er fuhr eilig fort. »Dinosaurierskelette haben Mythen über Drachen begründet; Basaltformationen in Nordirland wurden zum Giant’s Causeway, zum Damm des Riesen.«
    »
Wer sind Sie?«, fragte sie entschiedener und ballte die Fäuste.
    Er verstummte und sah ihr nicht länger in die Augen, sondern auf das blaue Feuer in seiner Hand. »Was meinen Sie denn, wer ich bin?«, fragte er leise. »Denken Sie nach.«
    »Ich kann mich an keinen Mythos erinnern, in dem es um Antiquare mit einem Hang zu Feuerzauber geht!«
    Giovanni schnippte mit den Fingern, und die Kugel schwebte unter die Decke und beleuchtete die Kabine von dort. Er zog seine langen Beine an, legte die Arme auf die Knie und verschränkte seine anmutigen Finger miteinander.
    »Vergessen Sie das Feuer mal«, sagte er in einem Tonfall, den sie als professoral und eigentlich ärgerlich empfand, der nun aber seltsam tröstlich wirkte. »Es gibt andere Mythen. Andere Geschichten. Was denken Sie, wer ich bin?«
    Sie erinnerte sich an den Abend ihrer ersten Begegnung und an das unmenschliche Tempo, mit dem er es über die Treppe rascher ins Erdgeschoss geschafft hatte als sie mit dem Lift.
    »Sie – Sie sind schnell.«
    Er nickte. »Ich bin sehr schnell. Und sehr stark.«
    Sie dachte daran, wie sein bleiches Gesicht am Dia de los Muertos geglüht hatte.
    »Ihre Haut … sie ist bleich. Leichenblass. Und ich habe Sie nie tagsüber gesehen.«
    »Das werden Sie auch nie«, sagte er leise, während das blaue Licht pulsierte.
    Sie atmete zunehmend schneller, während ein Verdacht immer klarer Gestalt annahm. Mit leicht schwankender Stimme fuhr sie fort: »Ich habe Sie nichts essen oder trinken sehen … niemals.«
    Ihr Herz klopfte laut, als er sie durch sein dunkles Haar hindurch ansah, das ihm erneut in die Stirn gefallen war. »Ich kann kleine Mengen essen, brauche das aber nicht zum Überleben.«
    »Weil Sie«, Beatrice schluckte, »weil Sie trinken … ich meine, weil Sie ein …«
    Giovanni öffnete langsam die Lippen und fuhr mit der Zungenspitze genüsslich die oberen Zähne entlang, von denen zwei nun zu sehr scharfen weißen Fängen verlängert waren.
    »Sie sind ein Vampir«, flüsterte sie.
    Er nickte ruhig, und sie saßen sich in der kleinen Kabine gegenüber und schienen wechselweise ihre Reaktionen zu taxieren.
    »Sie haben Angst«, sagte er.
    »Sicher … was sonst!«
    Ihr

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