Das verborgene Feuer
stand.
Italienisch und Spanisch waren so nah verwandt, dass sie das eine oder andere verstand, was sie vernahm. Es ging um Bücher, und sie hörte ihn mehrmals die Worte
il Vaticano
und
biblioteca
sagen.
Schließlich legte er auf, und sofort bestürmte Giovanni ihn mit Fragen – nun immerhin auf Englisch. Er sprach leise, denn ihm war klar, dass Caspar und Isadora sich in der Küche aufhielten.
»Also? Was hat er gesagt?«
Carwyn schüttelte den Kopf. »Es ist niemand von ihnen. Er sagte, es höre sich nach einem Strohmann an, wie er mitunter bei Auktionen mitbietet, aber diskret, damit andere Bieter nicht misstrauisch werden, doch sie haben nichts damit zu tun. Von einer neuen Savonarola-Korrespondenz weiß er nichts, doch er klang, als würde ihm bei dieser Vorstellung das Wasser im Munde zusammenlaufen.«
Giovanni runzelte die Stirn. »Falls es sich wirklich um Lorenzo handelt und er diese Briefe nicht dazu benutzt, De Novo aus der Deckung zu locken – denn für einen Dante-Forscher sind sie nicht interessant –, warum hat er dann Briefsammlungen aus dem fünfzehnten Jahrhundert zum Verkauf angeboten und sie von sich selbst ersteigert?«
Carwyn lehnte an der Wand, sah in die Nacht hinaus und tippte sich mit dem Finger ans Kinn. Plötzlich lächelte er boshaft. »Ach, Giovanni. Sogar Vergil wäre von deiner Anständigkeit beeindruckt. Das tut er, weil er ein schlaues Kerlchen ist. Und schlaue Kerlchen, die Geld waschen wollen, tun das zum Beispiel auf Auktionen.«
Giovanni stieß eine Reihe italienischer Flüche aus und schlug mit der Hand auf den Tisch, was die Katze verschreckt von seinem Schoß springen und die Treppe hochschießen ließ.
»Was tut er?«, fragte Beatrice.
Die beiden Vampire sahen sie an, als hätten sie ihre Anwesenheit ganz vergessen gehabt.
»Ich meine … Sie reden doch über Geldwäsche? Machen Drogenhändler nicht so etwas? Ist er denn Drogenhändler?«
Carwyn zuckte die Achseln. »Er hat seine Hände in vielen schmutzigen Töpfen. Vor allem geht es um Schmuggel und heimlichen Gütertransport. Nicht alles ist illegal, aber das meiste ist … fragwürdig. Es würde mich nicht wundern, wenn er seine Finger auch im Handel mit Drogen oder Ähnlichem hätte. Die Frage ist: Warum muss er gerade jetzt einen Teil seines Geldes waschen?«
»Er braucht das Geld sicher nicht, um Ihren Vater zu finden. Dafür hat er andere Kanäle. Er hat etwas vor«, raunte Giovanni, runzelte erneut die Stirn, kaute gedankenverloren auf seiner Unterlippe und studierte die Ausdrucke vor ihm auf dem Tisch. »In der Menschenwelt? Etwas Rechtmäßiges?«
Carwyn tippte sich noch immer ans Kinn. »Was es auch sein mag – es hat mit den Büchern zu tun.«
»Warum?«, fragte sie.
Giovanni schüttelte den Kopf. »Zu viele Zufälle. Es bewegen sich zu viele Teile des Puzzles«, murmelte er. »Ihr Vater. Meine Bücher. Die Briefe. Jetzt das Geld …« Er brummelte weiter vor sich hin, während in Beatrice ein Verdacht aufstieg.
Ihr Vater. Giovannis Bücher. Lorenzo hatte die Bücher gestohlen und wollte ihren Vater. Eine Verbindung begann in ihrem Hinterkopf zu kribbeln, doch sie schob sie erst einmal zur Seite und wandte sich an Carwyn.
»Wäre es nicht leichter, das elektronisch zu erledigen? Geld zu waschen, meine ich? Warum geht er dafür auf Auktionen?«
Carwyn lachte leise. »Natürlich wäre das einfacher, und jeder, der etwas Ahnung von elektronischen Geldgeschäften hat, könnte das besser als er. Aber er kennt sich mit digitaler Technologie eben nicht aus – darauf möchte ich wetten.«
»Er kennt sich nicht aus, nimmt aber bestimmt das Gegenteil an. Lorenzo war immer allzu selbstsicher – und konnte sich nie gut auf Veränderungen einstellen. Wie viele Unsterbliche«, sagte Giovanni. »Ich kenne Vampire, die haben fünfzig Jahre gebraucht, um mit dem Autofahren zu beginnen.«
Beatrice verdrehte die Augen. »Eine durchgeknallte internationale Gilde von Geheimniskrämern seid ihr.«
Giovanni sah sie grinsend an. »Falls Sie meinen, wir lebten hinter dem Mond, sollten Sie mal –«
»Tenzin treffen!«, rief der Priester, blickte sich nach der Küchentür um, als wäre ihm plötzlich wieder eingefallen, dass Menschen im Haus waren, und fuhr leise fort: »Die ist am schlimmsten! Hat sie sich je in ein Auto gesetzt? Nicht, dass ich wüsste. Und an Bord eines Flugzeugs kann ich sie mir absolut nicht vorstellen.«
Giovanni schnaubte. »In Indien habe ich sie einmal in die Eisenbahn bekommen, aber
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