Das verborgene Feuer
sie.
Wasser l
öscht
Feuer.
Giovanni stand reglos mit gebleckten Fängen da, und ein leises Knurren drang aus seiner Brust, während die Elemente der Vampire ihren stillen Kampf ausfochten. Beatrice sah tief erschrocken zu und war vollkommen ratlos, was sie sagen oder tun sollte.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, knurrte Giovanni: »Halt dich hier raus. Nimm die Briefe und schließe dich damit im Magazin ein.«
»Lass sie doch bleiben, Giovanni«, meinte der Blonde spöttisch und mit unheimlich melodischer Stimme. »Immerhin betrifft das auch sie. Außerdem duftet sie so köstlich wie ihr Vater.« Sein Blick blieb auf ihr liegen, und sie stellte fest, dass sie völlig unsinnig ihre Zähne bleckte. Er lachte nur. »Ich frage mich, ob sie auch so gut schmeckt.«
»Hör auf, Lorenzo.«
»Aber Papà – ich verrate so gern Geheimnisse!«
15
Houston, Texas
April 2004
»Papà? Wie in – was zum Teufel?«
Giovanni ging nicht auf Beatrice ein, sondern behielt Blick und Hände auf seinem Sohn, der noch immer dreißig Zentimeter über dem Boden hing und ihn auslachte.
Unverschämter Junge
, dachte er. Lorenzo in einen Vampir verwandelt zu haben, war ihm einst ausgesprochen ehrenhaft erschienen, blieb aber etwas, das er in fünfhundert Jahren am meisten bereut hatte.
»Papà? Möchtest du mich nicht deinem kleinen Spielzeug vorstellen?« Lorenzo schnupperte. »Sie riecht herrlich, wenn sie Angst hat. Wie ihr Vater. Ein unglaublich einfühlsamer Mensch war das. Ein kluger, gerissener Kerl. Ist sie auch so pfiffig?«
»Halt den Mund und hör auf zu zappeln«, knurrte Giovanni. Er war immer stärker gewesen als Lorenzo; auch als sie noch Menschen gewesen waren, hatte der Junge ihn nie besiegen können. Obwohl sie nun verschiedenen Elementen angehörten und über ganz unterschiedliche Kräfte verfügten, war Lorenzo für Giovanni noch immer kein ebenbürtiger Gegner.
»He, ihr Vampire«, hörte er Beatrice, »ich will euch nur sagen, dass die Bibliothek noch geöffnet ist. Zugegeben, das ist nicht gerade der Ort, wo sich alles trifft, aber es könnten trotzdem Leute vorbeischauen.«
Die beiden ließen sich immer noch nicht aus den Augen; immer wieder leckten kleine Flammen über Giovannis Hände, wurden von Lorenzo aber rasch durch Einsatz der Luftfeuchtigkeit im Saal gelöscht.
»Und schön ist sie auch. Ist sie gut im Bett? Als Amerikanerin bestimmt.«
Giovanni packte Lorenzo noch fester an der Kehle, doch der lachte nur krächzend. »Unheimlich temperamentvoll können die sein. Aber sie ist jung! Ich kann mir kaum denken, dass sie schon weiß, was sie tut«, stieß er mühsam hervor.
Giovanni knurrte sein lachendes Gegenüber an und hätte seinem Sohn am liebsten den Kopf abgerissen, um das Problem los zu sein. Solange er allerdings seine Bücher noch nicht zurückbekommen hatte, wollte er nichts riskieren.
»Im Ernst«, schaltete Beatrice sich erneut und mit zitternder Stimme ein. »Ich glaube, ich habe gerade das Aufzugsignal gehört. Also bringen Sie ihn entweder rasch um, Gio, oder lassen Sie ihn herunter, damit niemand den Wachdienst ruft.«
Endlich erreichten ihn ihre Worte, und er setzte seinen Sohn auf den Boden, ohne allerdings den Griff um seinen Hals zu lösen.
»Danke übrigens, ›Dad‹, dass du in diesem angenehm feuchten Klima lebst«, sagte Lorenzo im Akzent des Mittleren Westens. »Das erleichtert mir, die kleinen Liebesflammen zu löschen, die du mir zusendest. Mach, was du willst, aber zieh nicht in die Wüste: Dort wäre ich aufgeschmissen.«
Giovanni stellte sich zwischen den zarten blonden Mann und Beatrice mit den Briefen. »Warum bist du hier?«
»Kann ich nicht mal so auf Besuch kommen? Unsere letzte Begegnung liegt immerhin etwa hundert Jahre zurück. Wie die Zeit rast, wenn man ein Geschäftsimperium aufbaut! Tut mir leid, dass ich dir keine Weihnachtskarten geschickt habe.«
»Ist das wirklich Ihr Sohn?«, fragte Beatrice.
»Mehr oder weniger«, brummte Giovanni und funkelte den spöttelnden Vampir zornig an.
»Das tut weh, Dad. Wirklich weh.«
»Halt den Mund.«
Lorenzo zwinkerte Beatrice über Giovannis Schulter zu. »Dinge zu teilen, ist ihm manchmal sehr zuwider, wissen Sie. Hallo, übrigens. Ich bin Lorenzo. Sie müssen die zauberhafte Beatrice sein. Ich habe viel von Ihnen gehört, meine Liebe.«
»Sie haben meinen Vater umgebracht, nicht?«, flüsterte Beatrice.
Wann sie das wohl herausgefunden hatte? Giovanni hätte wetten können, dass Lorenzos Gerede ihren
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