Das verborgene Lied: Roman (German Edition)
hinausstrahlte. Es erschien ihm geradezu mutwillig riskant, dieses Licht, das so auffällig leuchtete. Sein Mund war staubtrocken, sein Herz raste, und er hämmerte mit beiden Fäusten laut an die Haustür.
Hannah öffnete ihm vorsichtig und mit angstvoll aufgerissenen Augen. Als sie ihn sah, malte sich Erleichterung auf ihr Gesicht, während Zach die Panik einholte.
»Zach! Was zum Teufel machst du hier?«, fragte sie und hielt die Tür nur einen Spalt weit auf, sodass er nicht hineingehen oder an ihr vorbeischauen konnte.
»Die Polizei kommt – sie können jeden Moment hier sein. Ich habe sie gesehen«, keuchte er atemlos. »Sie standen oben an der Abzweigung. Ich wollte dich warnen, damit du eine Chance hast …« Er verstummte und sah, wie sie von Angst gepackt wurde, als sie begriff, was er gesagt hatte. Hinter ihr hörte er Ilir sprechen.
»Die Polizei? Hier? Himmel, woher wissen die …?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht. Dir bleibt nicht viel Zeit. Falls du also irgendetwas hast, was sie lieber nicht finden sollten, schaffst du es besser sofort außer Sicht. Schnell!« Hannah zögerte, dann wandte sie den Kopf und sprach hastig und leise über die Schulter. Zach hörte einen Schreckenslaut von Ilir und dann eilige Bewegung.
»Mein Gott«, sagte Hannah düster. »Vielleicht war Ed Lynch doch bei der Polizei. James hat mir gesagt, er hätte das Gefühl, dass er beobachtet wird. Und als ich zuletzt mit ihm telefoniert habe, waren da lauter Störgeräusche … Scheiße! Ich bin so was von dämlich!«
»Es … Es tut mir leid, Hannah.« Jetzt, da er sie gewarnt hatte, wusste er nicht mehr, was er tun sollte. In diesem Moment erschien Ilir neben ihr in der halb offenen Tür.
»Es tut dir leid? Hast du der Polizei gesagt, dass sie kommen soll?«, fragte er, riss die Tür weit auf und ging mit wut verzerrtem Gesicht direkt auf Zach zu. Der wich beun ruhigt einen Schritt zurück.
»Was? Nein! Ich habe sie nur …«
»Du spionierst uns heute Abend nach?« Ilir stieß Zach den Zeigefinger vor die Brust.
»Ja – na ja, spioniert kann man nicht sagen. Ich war oben auf den Klippen und habe zufällig das Boot gesehen. Und dann die Polizei, und …« Ilir packte Zach vorn an der Jacke, riss ihn herum und stieß ihn rücklings gegen die Haus wand. Seine Lippen verzerrten sich, er bleckte die Zähne, und in seinen Augen flackerten Wut und noch etwas anderes. Etwas, das Zach für Angst hielt, machte die Muskeln dieses Mannes härter als Stahl.
»Es ist deine Schuld, dass die hier sind!«, knurrte er.
»Nein, ich wollte euch nur warnen!«, sagte Zach.
»Das wirst du bereuen.« Ilir holte mit dem rechten Arm aus und ließ die Faust gegen Zachs Kiefer krachen. Schmerz und grelle Lichtblitze flammten in Zachs Kopf auf, der nach hinten geschleudert wurde und hart an die Wand knallte.
»Ilir! Nicht! Hör auf!« Hannah erschien hinter Ilir. Der Wind peitschte ihr das Haar in die Augen, und sie packte Ilirs erneut ausholenden Arm. »Ilir! Dafür haben wir keine Zeit! Hör auf! Zach kann nichts dafür. Geh rein – geh rein und hol, was du brauchst!« Abrupt ließ Ilir Zach fallen, als hätte er jegliches Interesse an ihm verloren. Und jetzt erkannte Zach deutlich, wie panisch der Mann war. Die Wut verflog, und diese Furcht blieb zurück. Ilir schlug die Hände über dem Kopf zusammen, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Was sollen wir tun, Hannah?«, fragte er verzweifelt. »Was kann ich tun?«
»Mir fällt schon etwas ein. Jetzt geh rein«, sagte sie, und als Ilir zur Tür getaumelt war, wandte sie sich wieder Zach zu. Der rieb sich den Kiefer und wartete darauf, dass der Schwindel nachließ. »Du bist hergekommen, um uns zu warnen, ja?«, fragte sie. Zach nickte behutsam. »Du stehst also auf unserer Seite, richtig? Stimmt das?«
»Ich … Ja. Ich stehe auf deiner Seite.«
»Dann hilf uns.« Sie stand vor ihm, vom Wind zerzaust, die Arme wie zum Greifen bereit an den Seiten. Ihre dunklen Augen wirkten härter als Granit, und ihr ganzer Körper strahlte Ruhe und Entschlossenheit aus. Zach wurde bewusst, dass er einfach alles für sie tun würde.
»Was soll ich tun?«, fragte er.
»Du hast gesehen, wie ich das Boot hereingelotst habe. Und dass wir etwas ans Ufer geholt haben. Das musst du jetzt für mich wegbringen. Die Polizei darf unter keinen Um ständen herausfinden, was auf diesem Boot war. Verstehst du?« Zach schluckte. Sie zog ihn in die Sache hinein, er kannte er nun. Machte ihn zum Komplizen.
Weitere Kostenlose Bücher