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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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satz für einen früheren Abort im Hinterhof. Er spähte durch die Glasscheibe in der Hintertür nach draußen. Der Hinterhof war schattig und kahl, nur festgetrampelte, moosige Erde und rissige Gehwegplatten mit einem glitschigen grünen Algenbelag. Diverse Schuppen und Nebengebäude standen darauf verteilt, geheimnistuerisch mit ihren fest verschlossenen Türen. Eines davon war tatsächlich ein kleiner Hühnerstall, in dem sechs braune Hennen herumstaksten und pickten. Hinter dem Hof schwenkten die Bäume am Rand der Schlucht ihre Äste im Wind. Zach schrubbte sich im winzigen Waschbecken die Hände, so gut es ging, und bemühte sich zu vergessen, dass sich der Luftzug im Schornstein einen Moment lang angehört hatte wie eine Stimme.
    Dimity kochte Tee und summte zufrieden vor sich hin, während sie Tassen und Untertassen bereitstellte. Dies mal keine angeschlagenen Becher, bemerkte Zach. Er hatte es schon weit gebracht. Sie bat ihn ins Wohnzimmer und drängte ihn, sich zu setzen, so freudig und beharrlich wie ein Kind, das »Besuch« spielt. Ein Lächeln umspielte ihren Mund, das entsprechend ihren verborgenen Gedanken mal stärker, mal schwächer ausgeprägt war. Dies war wohl ein recht günstiger Zeitpunkt für ein Geständnis, dachte Zach.
    »Miss Hatcher …«
    »Ach, nennen Sie mich ruhig Dimity. Ich kann das Miss Hatcher hier und Miss Hatcher da nicht mehr hören!«, verkündete sie munter.
    »Dimity«, sagte er. »Ich, äh, habe Ihre Nachbarin kennengelernt, Hannah Brock. Sie macht einen netten Eindruck.«
    »Nett, ja. Hannah ist ein gutes Mädchen. Eine gute Nachbarin. Ich habe sie schon als Baby gekannt, wissen Sie. Diese Familie … Das waren schon immer gute Leute. Bleiben schön für sich, ja. Sind schon seit einem ganzen Jahrhundert auf der Southern Farm, die Brocks, soweit ich weiß. Sie hat solche Angst davor, den Hof zu verlieren! Das arme Ding. Arbeitet immer so schwer und bekommt doch nichts dafür. Beinahe, als läge ein Fluch auf dem Hof, aber das kann nicht sein. Nein, ich wüsste nicht, wer das …« Sie verstummte und starrte ins Leere, während sie anscheinend überlegte, wer den Hof mit einem Fluch belegt haben könnte.
    »Ich glaube, ich habe auch ihren – Mann kennengelernt. Gestern war ich dort und habe ein paar Eier gekauft. Ein dunkelhaariger Mann.«
    »Ihren Mann? O nein. Das kann nicht sein. Ihr Mann ist tot. Tot und versunken im tiefen Meer.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »So viele von ihnen dort unten am Grund. Mein eigener Vater auch.«
    »Er ist ertrunken? Sie ist also Witwe?«, fragte Zach.
    »Witwe, so ist es. Seit etwa sieben Jahren, meine ich. Ertrunken, verschollen auf See. Aber ich muss sagen, ich habe ihn nie gemocht. Klüger, als gut für ihn war. Jedenfalls hat er sich für sehr schlau gehalten. Kein Gefühl für das Land. Aber ein ehrlicher Kerl, gutes Herz, das wohl.« Sie blickte sich hastig um, als fürchte sie, der rachsüchtige Geist des Mannes könnte gehört haben, wie sie schlecht von ihm sprach. Zach versuchte, Hannah in seiner Vorstellung in die Rolle einer Witwe zu versetzen. Aber es wollte ihm nicht richtig gelingen. Witwen waren doch entweder alt und weinerlich oder reich und ordinär.
    »Ich war auch verheiratet, wissen Sie? Wir haben uns scheiden lassen. Na ja, in Wahrheit hat sie mich verlassen. Ali. Ich habe eine Tochter, Elise. Sie ist jetzt sechs. Möchten Sie sie mal sehen?« Dimity nickte vage und blickte etwas verwirrt drein, also zückte Zach seine Brieftasche und zeigte ihr das Foto darin. Elise hielt eine Wolke Zuckerwatte hoch, die größer war als ihr Kopf. Sie war so aufgeregt gewesen, dass sie von einem Ohr zum anderen gegrinst hatte. Danach hatte sie von dem vielen Zucker Kopfschmer zen bekommen und war so ekelhaft zu allen gewesen, dass sie ihnen den Tag verdorben hatte. Aber auf dem Foto leuchteten ihre Augen, ihr Haar glänzte, und sie strahlte die reine Freude eines Menschen aus, der einen wunderbaren Leckerbissen in der Hand hält.
    »Ist sie glücklich, Ihre Kleine? Ist ihre Mutter gut zu ihr?«, fragte Dimity, und Zach erschrak, als er sah, dass ihr Gesicht einen tieftraurigen Ausdruck angenommen hatte. Ihre Stimme klang heiser.
    »Ja, Ali war schon immer eine gute Mutter. Sie liebt Elise abgöttisch.«
    »Und Sie?«
    »Ich liebe sie natürlich auch. Sie ist ein sehr liebenswer tes Mädchen. Ich bemühe mich, ein guter Vater zu sein, aber ob mir das gelingt, wird wohl nur die Zeit zeigen.«
    »Warum hat Ihre Frau Sie

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