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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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dir meine.«
    »Die kenn ich.«
    »Die kennst du?«
    Er wiegte den Kopf hin und her. »Jedenfalls die wichtigen.«
    »Erzähl.«
    »Irgendwann mal, bei einem Glas Wasser und Ćevapčići.«
    Sie stutzte, lachte, während sie die Tür öffnete.
    »Also nichts tun, nur beobachten«, sagte Marc.
    »Genau.«
    Sie traten in den Flur.
    »Und wenn sich was abzeichnet? Auf welcher Seite stehen wir?«
    »Zuerst muss Esther Graf geschützt werden. Alles andere hängt davon ab, was passiert.«
    »Was könnte passieren?«
    Sie überlegte einen Moment.
    »Wir haben ein Opfer, Steinhoff, der möglicherweise eine Gefahr für Graf darstellt. Wir haben einen Täter, der zwar brutal, aber möglicherweise eine Art Schutzengel für Graf ist. Wir haben die Geheimniskrämer aus Stuttgart, die möglicherweise an einem von den dreien oder an allen dran sind.« Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, was passieren könnte. Vielleicht passiert ja nichts.«
    »Na dann«, sagte Kilian, schenkte ihr ein sonniges Lächeln und sprang, die Hand am Geländer, die Treppe hinunter.
     
    Kollegen kamen vorbei, hießen sie willkommen. Man plauderte, aß Crackers, trank Kaffee. Sie erfuhr die neuesten Gerüchte – eine Affäre hier, eine Scheidung dort, und wusstest du, dass Tilo schwul ist?
    Na und?
    Na klar, na und. Nur so. Wer hätte das gedacht.
    Familientratsch eben. Linderte das Gefühl der Fremdheit, half aber nicht gegen die Müdigkeit.
    Nachdem der Tratsch abgehandelt war, kamen die Gespräche auf die anstehenden Beurteilungen. Alle zwei Jahre bewerteten der Kripoleiter sowie der Leiter der Polizeidirektion ihre Mitarbeiter. Das Maximum waren 5 Punkte,
doch nur dreißig Prozent jeder Laufbahn konnten 4 bis 5 Punkte bekommen. Sie selbst war 2004 vom hübschen Bob mit 3 Punkten bewertet worden, und alle wussten, dass sie für immer und ewig bei 3 bleiben würde. Man ging die Chancen der anderen durch. Rolf Bermann, hieß es, sei diesmal ein Kandidat für die 5 . Entsprechend freundlich verhalte er sich seit Monaten.
    Nachdem die Beurteilungen abgehandelt waren, kamen die Gespräche auf die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft, die immer mehr Ressourcen band und den Alltag in der Polizeidirektion seit langem beherrschte.
    Allein der Gedanke an Fußball sorgte für einen neuen Schub Müdigkeit. »Leute, ich hab zu tun«, sagte sie gähnend.
    »Tippst du mit?«
    »Raus jetzt.«
     
    In einer ruhigen Minute rief sie Graeve an.
    Noch immer kein Rückruf aus Stuttgart.
    »Verflucht. Wie soll man da arbeiten?«
    »Ruhig bleiben«, sagte Graeve.
    »Sie haben leicht reden. Sie sind nicht ich.«
    Graeve schwieg. Er wusste, dass sie etwas tun mussten. Abwarten und auf einen zufälligen Fahndungstreffer hoffen, während Steinhoff und der Unbekannte in Aktion waren? Darauf vertrauen, dass Kilian und Marc verhindern würden, was möglicherweise passieren würde? Kein guter Plan.
    »Vielleicht sind sie ja gar nicht in Freiburg, Louise.«
    »Graf ist in Freiburg.«
    Graeve seufzte. »Noch einen Tee?«
    »Nein, danke. Ich geh jetzt noch mal zu den Aktenwürmern.«
    »Der arme Ernesto. Lassen Sie Milde walten.«
    Aber sie dachte nicht an Ernesto Freudenreich. Sie brauchte keinen Wurm, sondern einen Wolf.
     
    »Schau mal, wer da kommt«, knurrte der Wolf.
    Sie trat in das Büro, schloss die Tür. »Ich brauche deine Hilfe.«
    »So, so.«
    Peter Schöne, der Leiter des Dezernates für Wirtschaftskriminalität, saß über Unterlagen gebeugt, ein massiger Koloss in einem viel zu kleinen Raum. Tränensäcke, tiefe Furchen in der Stirn, dazwischen lagen starre kleine Augen. Manche Kollegen hatten im Laufe der Jahre Abneigung gegen Louise entwickelt, manche hatten sie von Anfang an nicht gemocht und sich im Laufe der Jahre bestätigt gefühlt. Schöne gehörte zu Letzteren.
    »Seid ihr an GoSolar dran?«
    »Du wilderst in meinem Revier?«
    Sie lehnte sich gegen die Tür, starrte zurück.
    Schöne senkte den Kopf, blätterte eine Seite weiter.
    »Hast du von Berlin gehört?«
    Er sah nicht auf. »Wieder hysterisch, Bonì?«
    Sie verdrängte den Stolz und die Frustration, erzählte von Berlin, Esther Graf, GoSolar. Schöne hob ein-, zweimal den Blick, wandte sich dann wieder seinen Akten zu und blätterte. Als sie geendet hatte, sagte er: »Schick mir Rolf, mal sehen, was er davon hält.«
    »Rolf ist nicht da.«
    »Ich weiß.«
    Sie wartete noch einen Moment lang, vielleicht auf die Wut, vielleicht auf einen Sinneswandel Schönes. Als beides nicht kam, ging

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