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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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keinen Schwachsinn.«
    Sie legte die Hand an seine Wange, die kalt war und zitterte. Bermann zuckte zurück.
    »Und wenn du eine Gehirnerschütterung hast?«
    »Ich hab ’ne Prellung am Arm und am Arsch, das ist alles.«
    »Lass dich untersuchen.«
    »Geh mir nicht auf den Sack.« Er deutete mit der Hand eine Bewegung an. »Ich steh da drüben. Wir sehen uns in Ebnet.«
    Er wandte sich ab, sie folgte ihm.
    »Louise, hau ab, ich komm allein klar.«
    »Das musst du mir erst beweisen.«
    Sie bogen in die nächste Seitenstraße ein. Umständlich kramte Bermann den Autoschlüssel aus der Jackentasche, betätigte die Funkfernbedienung. Nichts geschah. Sein Blick glitt über die parkenden Wagen. Die Augen waren halb geschlossen, die Lider blinzelten unregelmäßig.
    »Da vorn«, sagte Louise. »In der Einfahrt.«
    Der fröhliche Singsang empfing sie. Bermann öffnete die Tür, ließ sich vorsichtig auf den Sitz sinken. »Scheiße, tut mir der Arsch weh.«
    »Ich mache mir mehr Sorgen um deinen Kopf.«
    »Kümmer dich um deinen eigenen Kopf.« Er wollte die Tür zuziehen, sie hielt sie auf.
    »Sicher?«
    »Ja, aber wenn du mich nicht endlich in Ruhe lässt, krieg ich doch noch ’ne Gehirnerschütterung.«
    Sie musste lächeln. »Also gut. Wo in Ebnet?«
    Ein Grillplatz östlich des Ortes – durchs Zentrum, dann die Steinhalde am Wald entlang, dann rechts hoch ins Welchental. »Links, meine ich«, sagte Bermann, startete den Motor und winkte sie zur Seite. Sie trat einen Schritt zurück. Mit einem aggressiven Knurren schoss der schwere Wagen davon.
     
    Auf dem Weg zu ihrem Auto zog sie in Erwägung, über das Schwabentor zu fahren und sich Zutritt zu Philipp Schulz’
Wohnung zu verschaffen, falls er erneut nicht öffnete. Die Gelegenheit war günstig – der Chef nach Ebnet unterwegs und mehr mit seinem Hintern beschäftigt als mit ihren Methoden. Sie verwarf die Idee. Steinhoff mochte in der Stadt sein, der Schutzengel und seine Leute waren hier, vielleicht französische Agenten – und kaum einen Kilometer nördlich von Littenweiler, wo Esther wohnte, war geschossen worden. Da lag der Gedanke nahe, dass möglicherweise eine Verbindung bestand.

14
    EBNET , IM ÄUSSERSTEN OSTEN Freiburgs an der alten B 31 gelegen, befand sich im Ausnahmezustand. Schon von weitem hatte Louise Blaulichter über dem Stadtteil gesehen, am Ortseingang war eine Straßensperre errichtet worden, am Ortsausgang eine weitere. Dort ließen die Kollegen nur Einsatzfahrzeuge durch. In der von Häusern gesäumten Steinhalde in Richtung Welchental parkten Streifen- und Mannschaftswagen mit Göppinger Kennzeichen – die Einsatzleitung hatte offenbar einen Zug Bereitschaftspolizisten angefordert.
    An der Abzweigung musste sie das Auto stehen lassen, die schmale, im Schatten liegende Straße zu Fuß hochgehen. Hin und wieder kamen ihr Streifenbesatzungen entgegen, die nicht viel mehr wussten als sie: Schüsse in der Nähe eines Grillplatzes, man durchkämme das Gelände auf der Suche nach dem Schützen und einem möglichen Opfer, auch die Hundestaffel sei eingebunden. Es gebe eine Zeugin, doch was sie gesehen habe, wisse man nicht.
    Dann war sie für Minuten allein. Hier, zwischen den Hügeln, zog die Dämmerung rasch herauf. Die Luft war kühl, fröstelnd schloss sie die Jacke. Vom Laufen war sie außer Atem, ihr Puls ging schnell. Kaum eine Viertelstunde zu Fuß unterwegs, und sie war erschöpft wie nach einem einstündigen Dauerlauf.
    Gedämpftes Hundegebell riss sie aus den Gedanken.
Hinter dem Fenster eines Einsiedlerhofs sah sie einen aufgerichteten Dobermann, der wütend in ihre Richtung kläffte. Auf einer eingezäunten Wiese neben dem Haupthaus fingen zwei Männer aufgeregte Pferde ein. Linker Hand lag ein Parkplatz, daneben stand eine Hütte. An einem Steintisch ein paar Meter weiter saß Kilian.
    Schwer atmend blieb sie vor ihm stehen. Erleichterung und Ärger durchfluteten sie – er war mit einem blauen Auge davongekommen, aber er hatte sich ihrer Anweisung widersetzt und sich ohne Sinn und Verstand in Gefahr begeben. Der Ärger gewann und musste sich Bahn brechen, obwohl sie aus anderen, dringlicheren Gründen hier waren. Scharf sagte sie: »Weißt du, was ich glaube? Du hast dir den falschen Job ausgesucht.«
    Kilians schöne Augenbrauen hoben sich warnend.
    Sie trat zu ihm, bohrte ihm den Finger in die Brust. »Eines Tages wirst du mit einem Loch im Rücken in irgendeiner dunklen Straße liegen, und daheim wird deine Witwe mit deinen

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