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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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vielleicht ja sogar wollte, dass Sie entlassen werden. Wir können nicht fragen, weshalb Sie das glauben, und Sie können nicht antworten, dass Sie das nicht wissen. Und weil Sie das nicht sagen
können, können wir Sie nicht fragen, ob Sie es für möglich halten, dass Sie in Schwierigkeiten gebracht werden sollten, damit jemand anders, jemand ganz Bestimmtes, Ihre Stelle bekommt. Und weil wir dieses Gespräch nicht führen können und weil ich mir das vorher nicht klargemacht habe, will ich von Ihnen nur eines wissen: Was genau haben Sie bei GoSolar getan?«
    Willert ließ sich mit der Antwort Zeit, als müsste er zunächst verstehen, was all das bedeutete.
    Endlich sprach er. »Ich war für die Sicherheit der Abteilung verantwortlich.«
    Louise sank auf den Hintern, kreuzte die Beine zum Schneidersitz. Einen Moment lang haderte sie mit sich – sie hätte schon Mayerhöfer nach den Aufgaben von Willert und damit Philipp Schulz fragen müssen.
    Dann konzentrierte sie sich wieder, so weit das mit dem Summen im Kopf möglich war. Philipp Schulz zuständig für die Sicherheit der Abteilung Research & Development – allmählich fügten sich die Puzzleteilchen zu einem Bild zusammen.
    »Welche Aufgaben hatten Sie?«
    »Einbau und Kontrolle von Videokameras, Alarmanlagen, gesicherten Türen, EDV -Verteilerkästen und so weiter. Verhaltensmanuals für die Mitarbeiter, Background-Checks von Bewerbern.« Willerts Stimme war hoch und weinerlich und passte nicht zu seiner Kleidung, die doch signalisieren sollte, dass er sich nicht aufgegeben hatte. Ich bin am Ende, sagte der Klang der Stimme.
    »Für die ganze Firma?«
    »Nur für Gebäude 1 .«
    »Haben Sie die Monitore selbst überwacht?«
    Er schüttelte den Kopf. Das oblag den Wachleuten in
Gebäude 3 , die die Monitore aller Abteilungen beobachteten.
    »Waren Sie auch für die IT -Sicherheit zuständig?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Niemand.«
    »GoSolar hat keine IT -Sicherheit?«
    »Nein. Es gibt ein Manual mit Instruktionen für die Mitarbeiter … ›Ändern Sie Ihr Passwort einmal im Monat. Sprechen Sie in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht über Firmeninterna.‹ Solche Sachen.«
    »Ist das nicht unverantwortlich?«
    Willert zuckte die Achseln. »Sicherheit ist teuer, und man sieht nicht, dass sich die Investitionen lohnen.« Ein Jahr zuvor hatte GoSolar den Werkschutz um die Hälfte verkleinert, weil nie etwas passiert war. Das Freigelände – Zufahrten, Parkplätze, Gehwege, Lkw-Zonen für Abholung und Anlieferung – wurde nicht mehr bei Rundgängen kontrolliert, sondern nur noch von einigen wenigen Kameras überwacht. In manchen Innenräumen der Gebäude waren überhaupt keine Kameras installiert – in den Foyers, Kantinen, Ruheräumen, Tiefgaragen. Abhörsichere Räume gab es auf dem ganzen Areal nicht, und ein Mitarbeiterausweis verschaffte einem Zutritt zu allen Gebäuden und in alle Abteilungen.
    »Mit anderen Worten: Wer sich bei GoSolar auf illegale Weise sensible Daten beschaffen will, hat leichtes Spiel?«
    Willert zögerte. Erst jetzt schien er zu begreifen, worauf sie hinauswollte. »Das nicht. Aber wenn man sich Mühe gibt, dürfte das kein großes Problem sein. Geht es … darum? Industriespionage? Haben die das deswegen gemacht?«
    »›Das‹?«, warf Bermann ein.
    Willert antwortete nicht.
    »So einfach kommen Sie da nicht raus«, sagte Bermann. »Wenn mir irgendjemand erzählt, dass auf Ihrem Computer Pädophilenpornos gefunden wurden, haben Sie zwei Sekunden später die Staatsanwaltschaft am Hals.«
    Er hatte den Satz gerade zu Ende gesprochen, als ein infernalisches Gelächter und Gekreische aus mehreren Kindermündern den Raum erfüllte. Louise fuhr herum.
    Bermann zog das Handy aus der Jackentasche, der Lärm endete abrupt. »Ja?« Auf seiner Stirn erschienen strenge Falten, die Augen wurden schmal. »Sind unterwegs.« Er stand auf, ging zur Tür. »Wir müssen los.«
    Sie erhob sich, suchte in seinem Blick nach einem Hinweis. Von einem Moment auf den anderen war die heiße Angst wieder da – nicht Esther, dachte sie, nicht Annette Mayerhöfer, die beide vielleicht in Gefahr waren, weil sie nicht aufgepasst, nicht konzentriert nachgedacht hatte … Dann lieber Nachricht von den Stuttgartern, dem Verfassungsschutz, dem Innenministerium, zieht endlich eure kinderlose Säuferin aus dem Verkehr, bevor eine internationale Krise ausbricht …
    »Red schon, Rolf, verdammt!«
    »Nur die Ruhe«, erwiderte Bermann und trat in die winzige

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