Das verbotene Eden 01 - David & Juna
seine Instinkte.« Doch sosehr er die Fähigkeiten seines Hundes auch verteidigte, im Dämmerlicht war nichts zu erkennen.
Seltsam.
»Vielleicht sollten wir ein Stück zurückgehen und einen anderen Weg nehmen«, flüsterte er. »Wenn etwas auf uns lauert, dann versteckt es sich dort vorn.« Er deutete auf die Bäume.
Stephan wiegte den Kopf. »Das würde uns in einen anderen Stadtteil führen. Außerdem ist es schon spät. Eckmund lässt uns nur bis acht Uhr hinein, und ich habe keine Lust, die Nacht außerhalb der Klostermauern zu verbringen.« Er seufzte. »Ich weiß, es ist riskant, aber wir müssen weiter.«
Er packte seinen Stab und ging auf die Bäume zu. Meister Stephan war für sein Alter immer noch erstaunlich fit. Die Nahkampfausbildung gehörte zu den Grundlehrgängen im Kloster. Jeder Mönch war in der Lage, Schläge und Tritte zu seiner Verteidigung einzusetzen. Waffen waren verboten, sah man mal von Stäben und Schleudern ab. Nur die Heilige Lanze durfte Schusswaffen einsetzen. Der Grund war einfach: Es gab zu wenig Munition. Das meiste davon hatten sich die Warlords unter den Nagel gerissen und in den Jahren nach dem Zusammenbruch für sinnlose Territorialkämpfe verpulvert. Jetzt waren Gewehrkugeln so wertvoll wie Gold.
Sie hatten die Bresche beinahe erreicht, als ein erneutes Knurren zu hören war. Es kam von hinten und klang wesentlich tiefer. David fuhr herum. Etwa zwanzig Meter entfernt stand ein Tier. Groß, dunkel, zottiges Fell. Seine Augen leuchteten in einem stumpfen Gelb. Seine Zähne gebleckt, seine Zunge herausgeschoben, bot es einen schrecklichen Anblick. Aus dem Augenwinkel nahm David eine Bewegung wahr, drüben bei den Fichten. Und auch hinter dem Brombeergebüsch regte sich etwas.
Wolfshunde.
Und sie hatten sie umzingelt.
Meister Stephan hatte die Bresche erreicht, doch sie war versperrt. Vor ihm stand der größte Wolfshund, den David je gesehen hatte. Ein mächtiges Tier mit eingerissenen Ohren und einer kahlen Stelle über dem linken Auge. Sein Knurren klang wie der Motor eines Geländefahrzeugs.
»Schnell«, befahl Meister Stephan. »Rücken an Rücken. Wir dürfen ihnen keine Angriffsfläche bieten.«
David stolperte auf den Bibliothekar zu, stellte sich hinter ihn und nahm Grimaldi zwischen seine Beine. Keinen Augenblick zu früh. Als hätten sie ein lautloses Signal erhalten, gingen die Hunde zum Angriff über. Zwei auf jeder Seite, dazu der Anführer. Macht fünf, überschlug David im Geiste.
Einer der Köter versuchte, nach seinem Bein zu schnappen. David wich aus und ließ seinen Stab niedersausen. Dem dumpfen Krachen folgte ein schrilles Winseln. Der Angreifer erkannte seinen Fehler und sprang aus der Gefahrenzone. Die Luft stank nach Urin und vergammeltem Fleisch. David hörte das Blut in seinen Ohren pochen. Schon erfolgte der nächste Angriff. Diesmal benutzte David seinen Stab wie eine Lanze und stach damit in Richtung des Kopfes. Ein hohler Schlag erklang. Die Wirkung war verblüffend. Das Tier taumelte benommen zur Seite und biss vor lauter Verwirrung seinen Artgenossen in die Flanke. Eine kurze, aber heftige Beißerei war die Folge, in deren Verlauf David Atem schöpfen konnte. Auch Meister Stephan keuchte bereits. Er hatte es mit drei Hunden zu tun, von denen einer – das Leittier – ziemlich durchtrieben war. Er hatte die Angewohnheit, seine zwei Untergebenen nach vorne zu schicken und in deren Schatten anzugreifen. Bei einer dieser Attacken gelang ihm ein Biss in Meister Stephans Wade. Der Bibliothekar stöhnte vor Schmerz. Er ließ seinen Stab niedersausen, doch das Tier war vorbereitet. Mit einem Satz sprang es zur Seite. David sah Blut aus der Wunde quellen. Stephan taumelte und prallte dabei gegen ihn. David strauchelte, dann sah er sich auf allen vieren.
Das Baby schrie.
Auf einmal blitzten gelbe Zähne auf. Der Leitrüde!
Mit einer Geschwindigkeit, die er sich selbst nicht zugetraut hätte, rollte David zur Seite. Die Kiefer schlugen aufeinander und erzeugten ein hässliches Knacken, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Der Gestank aus dem Rachen der Bestie war ekelerregend. David richtete sich auf, holte aus und ließ seinen Stab durch die Luft wirbeln. Der Schlag war so heftig, dass er das Tier von den Beinen fegte. Keuchend landete es auf der Seite. Sofort war Grimaldi da. Er stürzte auf das Tier zu und grub ihm seine Zähne in die Kehle. Der Anführer des Rudels gab ein entsetztes Kreischen von sich. Es klang wie das
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