Das verbotene Eden 01 - David & Juna
erschienen, und niemand konnte David sagen, wie es ihm ging. Er versuchte, sich einzureden, dass es an der Anstrengung lag und dass Meister Stephan mit ein bisschen Ruhe bald wieder auf den Beinen sein würde, aber tief in ihm regten sich Zweifel.
»Na, so gedankenvoll, heute morgen?« Amon hatte seine Hand auf Davids Schulter gelegt. »Ich habe gestern noch auf dich gewartet.«
David senkte den Kopf. »Ich musste allein sein. Die Sache mit dem kleinen Jungen und Meister Stephan … es hat mich zu sehr mitgenommen.«
»Verstehe ich doch. Trotzdem kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass du mir in letzter Zeit immer öfter aus dem Weg gehst.«
»Das bildest du dir ein. Mir geht nur so viel im Kopf rum, das ist alles. Hat nichts mit dir zu tun.« David presste die Lippen aufeinander. Es stimmte: Seine Freundschaft mit Amon war irgendwie an einem toten Punkt angelangt. Sie hatten ein paar Mal beisammen gelegen, doch es war nichts passiert. Wenn es nach ihm ginge, konnte es ruhig dabei bleiben. Doch Amon wollte offenbar mehr.
»Der Abt sieht es nicht gerne, wenn Brüder das Lager miteinander teilen«, ergänzte David. »Er sagt, es verstoße gegen die Gebote der Kirche.«
»Das sagt er doch nur, um nach außen den Anstand zu wahren«, meinte Amon. »Jeder weiß, dass er selbst einen Gefährten hat. Wenn du nicht das Lager mit mir teilen willst, sag es ruhig. Es gibt genügend andere Brüder, die gerne deinen Platz einnehmen würden.« Er grinste David an.
Amon war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Schwarze Stiefel, schwarze Hosen, schwarze Jacke. Später würde dann noch die Maske dazukommen. An seiner Seite hing glänzend ein automatisches Gewehr nebst Patronengurt.
»Ja, du hast mächtig Karriere gemacht«, sagte David. »Truppenführer der Heiligen Lanze und so …«
Amon warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Klingt ziemlich abfällig, wie du das sagst. So kenne ich dich gar nicht. Freust du dich etwa nicht für mich?«
»Doch, natürlich. Es ist nur … ach, ich weiß auch nicht. Hab einfach schlecht geschlafen heute Nacht, das ist alles.«
»Heute wird mein Triumphtag, wart’s ab«, sagte Amon. »Wir werden die Kornkammern bis zum Anschlag vollmachen. Alcmona soll angeblich die reichste Gemeinde der Hexen sein. Wenn alles gut läuft, können wir den Großteil des erforderlichen Tributs abbezahlen und haben dann wieder den Segen des Inquisitors.«
»Das wäre wirklich phantastisch«, sagte David ohne rechte Begeisterung. Ihm war nicht wohl dabei, dass die Lanze so kurz hintereinander die nächste Gemeinde überfiel. Meister Stephan hatte warnende Worte ausgesprochen und gesagt, dass dies den Scheinfrieden, der auf beiden Seiten herrschte, gefährden könnte.
»Wenn es dich wirklich freut, dann mach doch bei uns mit. Jemanden wie dich könnten wir gut gebrauchen.«
David wandte ruckartig den Kopf und schaute seinen Freund an. »Was denn, ich bei der Heiligen Lanze?«
»Na klar.« Amon sah aus, als meinte er es wirklich ernst. »Stell dir vor, wir beide Seite an Seite an vorderster Front. Wir kennen uns gut genug, um uns blind zu vertrauen. Außerdem hast du einen kräftigen Körper und einen wachen Verstand. Du bist sportlich und hast bewiesen, dass du auch in gefährlichen Momenten die Nerven behältst.« Er warf David einen vielsagenden Blick zu. »Meister Stephan muss dem Abt gestern Abend noch einiges erzählt haben. Von eurem Kampf und wie du ihn ganz allein und halb ohnmächtig durch die Stadt nach Hause gebracht hast.«
»Das war nichts …«
»Nichts? Das war eine Heldentat. Solche Geschichten machen schnell die Runde. Ehe du dich versiehst, wirst du befördert. Ist mir auch so ergangen. Ich würde mich freuen, wenn wir zusammen gegen die verdammten Hexen ins Feld ziehen würden. Na, was sagst du?«
»Ich werde es mir überlegen.«
»Versprochen?«
In diesem Moment wurden die Tore geöffnet, und die Fahrzeuge fuhren herein. Über das Dröhnen der Motoren hinweg war das eigene Wort kaum zu verstehen. David dachte an den Inquisitor. Er würde es niemals zulassen, dass David seine geliebte Heilige Lanze entehrte. Was konnte es da schaden, wenn er seinen Freund ein bisschen anflunkerte?
Er nickte. »Versprochen.«
»Gut, aber lass dir nicht zu viel Zeit. Wer weiß, wie lange ich noch einfacher Truppenführer bin.« Er gab David einen freundschaftlichen Stoß in die Seite. »Jetzt muss ich aber los. Mein Auftrag wartet, und den darf ich nicht vermasseln. Wünsch mir Glück
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