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Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Titel: Das verbotene Eden 01 - David & Juna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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durchaus in Betracht zu ziehen.
    »Glaubt Ihr etwa, Marcus Capistranus würde mich wirklich nehmen? Das ist doch lächerlich. Er hasst mich, warum auch immer. Nur die Besten dürfen der Heiligen Lanze beitreten, und dazu gehöre ich ganz gewiss nicht. Warum sich also den Kopf darüber zerbrechen?«
    »Weil es immer besser ist, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wer kann schon ahnen, was im Kopf dieses Mannes vorgeht«, sagte Stephan. »Marcus Capistranus ist so von Hass getrieben, dass nicht einmal seine engsten Berater einschätzen können, was er als Nächstes tun wird. Er könnte unsere Welt mit einem Fingerschnippen in Brand stecken. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, ist er ja auch noch dein …«
    Er verstummte; brach mitten im Satz ab, als wäre ihm das Wort im Halse stecken geblieben. Er öffnete den Mund noch einmal, dann schien er es sich anders zu überlegen.
    David zog die Brauen zusammen. »Mein
was?
«
    »Ach nichts. Vergiss, was ich eben gesagt habe.«
    »Bitte«, sagte David. »Wenn es etwas ist, was mich betrifft, muss ich es wissen.«
    Stephan schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht, tut mir leid.« Und dann, als er Davids Enttäuschung bemerkte: »Es steht mir nicht zu, über Dinge zu sprechen, die dich in Gefahr bringen können. Ich bin ein törichter alter Mann und neige zum Schwätzen. Besonders, wenn mein Verstand vom Fieber getrübt ist. Am besten, du gehst jetzt wieder an deine Arbeit. Und wenn du draußen bist, ruf doch bitte den Meister Apotheker herein. Er soll mir noch etwas von den fiebersenkenden Mitteln geben.«

9
    D avid verließ den Krankenflügel. Grimaldi, der im Schatten einer Steinmauer auf ihn gewartet hatte, begrüßte ihn mit heraushängender Zunge. David streichelte ihm kurz über den Kopf, dann gingen sie zusammen in Richtung Skriptorium. Der Himmel war wolkenlos, heute würde es heiß werden.
    Ihr Weg führte durch den Klostergarten; einige Novizen waren damit beschäftigt, Rosen zu schneiden. Die Blumen waren ein Steckenpferd des Abtes, der eine große Freude daran hatte, alte Züchtungen wieder zum Leben zu erwecken. Allein in den letzten Jahren hatte er über zwanzig Sorten wiederauferstehen lassen, darunter Rosen mit so phantasievollen Namen wie »Mosella«, »Schneewittchen« und »Frau Lilla Rautenstrauch«. Sie leuchteten in allen Farben von Gelb bis Lila und erinnerten David daran, wie viel Schönes und Gutes es auf der Welt gab – und dass es sich lohnte, dafür zu kämpfen.
    Er ging an der Bibliothek vorbei, zog den Schlüssel zur Buchbinderei aus der Tasche und schloss auf. Der Geruch von Leim und Leder stieg ihm in die Nase. Grimaldi zischte an ihm vorbei ins Halbdunkel und legte sich sofort an seinen Lieblingsplatz unter dem Tisch. David schloss die Tür, öffnete ein Fenster und entzündete die Petroleumlampen. Feine Staubteilchen schwebten durch die Luft.
    Die Schreibstube und Buchbinderei lag noch genauso da, wie er sie gestern verlassen hatte. Seine Schreibfeder, die Abschriften und der Stoß mit handgeschöpftem Papier – alles unverändert. Entlang der Wände hingen etliche Bögen aus fertig geleimtem Papier; auf Rosshaarschnüre aufgefädelt, warteten sie darauf, geschlagen und geglättet zu werden. Die Leimung war erforderlich, um die Haltbarkeit zu verbessern und die Buchseiten vor Feuchtigkeit zu schützen. Dazu wurden sie durch Planierwasser gezogen, einer heißen Lösung aus tierischem Leim und Alaun, die den Bildern und Schriftzeichen zusätzliche Tiefe und Leuchtkraft verlieh. Anschließend wurden sie getrocknet und mit einem schweren Hammer geglättet.
    David krempelte seine Ärmel hoch, nahm die Bögen von der Trockenvorrichtung und legte sie übereinander. Dann begann er mit der Glättung. Der Hammer wog gut und gerne zwei Kilo, und als er ihn nach einer halben Stunde zur Seite legte, spürte er, dass ihm der Schweiß von der Stirn lief.
    Die Arbeit tat ihm gut. Sie bewahrte ihn davor, auf trübe Gedanken zu kommen. Davon schwirrten in letzter Zeit einige durch seinen Kopf. Vor allem Meister Stephans Andeutungen machten ihm zu schaffen. Er wusste etwas über ihn, so viel war klar. Etwas, das zu gefährlich oder zu erschreckend war, um es ihm anzuvertrauen. Aber was konnte so geheim sein, dass man nicht darüber sprechen durfte? Etwas über seine Herkunft? Aber das war eigentlich unmöglich. Seit David sich erinnern konnte, war er Teil dieses Klosters gewesen, dieser Gemeinschaft. Nie hatte es irgendwelche Gerüchte

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