Das verbotene Eden 01 - David & Juna
übelriechender Flüssigkeit klatschte vor ihr auf den Boden und spritzte über ihre Schuhe. Angewidert verzog sie das Gesicht. »Meinst du, er kann laufen?«
Philippa nickte. »Ich denke, es geht ihm gut. Ein paar Minuten noch, dann ist er wieder ganz der Alte.«
»Die Frage ist, ob das so erstrebenswert wäre.« Mordra schwang sich zurück in den Sattel und funkelte Sven an. »Wenn du wieder anfängst, Theater zu machen, kommt der Knebel ganz schnell wieder rein, hast du mich verstanden?«
Sven wischte sich über den Mund. Der Kampfeswillen war aus seinen Augen verschwunden. Sein Hemd war bedeckt mit Staub, Blut und Erbrochenem. Er bot einen bemitleidenswerten Anblick.
»Gut«, sagte Mordra. »Dann können wir ja jetzt vielleicht das letzte Wegstück ohne weitere Verzögerung zurücklegen.«
Wieder setzte sich die Gruppe in Bewegung. Juna beobachtete die beiden Gefangenen aus dem Augenwinkel. Der Alte schien ein harter Brocken zu sein. Seine Verachtung für das weibliche Geschlecht war ihm deutlich anzusehen. Und der Junge? Den konnte man genauso gut freilassen. Der wusste nichts, da war sie sich ziemlich sicher. Aber natürlich war das ausgeschlossen, er würde sofort zurücklaufen und die anderen informieren.
»Wie geht es dir, Sven?«, flüsterte David in ihrem Rücken. Vermutlich glaubte er, sie könne ihn nicht hören, doch da täuschte er sich. Juna verfügte über Ohren wie ein Luchs.
»Scheiß-Betäubungsmittel«, antwortete der Alte. »Ich komme mir vor wie ausgekotzt. Wüsste zu gerne, was die mir gegeben haben.«
»Eine der Hexen erwähnte etwas von Schlafmohn.«
»Schlafmohn? Na, dann wundert mich nichts mehr. Ich bin im Traum durch die sieben Kreise der Hölle gewandert. Verdammtes Teufelswerk.« Er spuckte auf den Boden. »Ich sage dir, das war erst der Anfang. Jetzt werden sie uns so lange durch die Mangel drehen, bis wir nicht mehr wissen, ob wir Männlein oder Weiblein sind.«
»Was meinst du, wohin bringen sie uns?«
»Vermutlich nach Glânmor.«
»Glânmor?«
»Ihre Hauptstadt. Wollte ich immer schon mal hin.« Er kicherte leise.
»Was wollen die überhaupt von uns?«, flüsterte David. »Eine von ihnen hat mich über die Raffinerie ausgefragt. Kannst du dir einen Reim darauf machen?«
»Die Raffinerie?« Sven hustete. »Vielleicht wollen sie einen Angriff darauf starten. Aber da werden sie bei mir auf Granit beißen. Nicht ein Sterbenswörtchen werden die aus mir herausbekommen.«
»Und was ist mit mir? Ich weiß doch gar nichts.«
»Tja, Pech, mein Junge«, flüsterte Sven. »Sie werden dir nicht glauben. Sie werden trotzdem versuchen, etwas aus dir herauszupressen, und ich kann dir jetzt schon versprechen, dass das sehr unangenehm wird. Ich will dir nichts vormachen: Die Chancen, dass wir lebend zurückkehren, sind denkbar schlecht. Aber lass den Kopf nicht hängen. Solange wir noch bei klarem Verstand sind, besteht noch Hoffnung.«
25
G lânmor wurde von einem mächtigen Wall geschützt, der die Stadt wie eine mittelalterliche Festungsanlage umschloss. Alle dreihundert Meter standen Wachtürme. Auf der Wallkrone patrouillierten bewaffnete Posten, und die vier Tore – eines in jede Himmelsrichtung – wurden rund um die Uhr bewacht. Angesichts dieser Vorsichtsmaßnahmen war es kein Wunder, dass es bisher noch niemandem gelungen war, die Stadt zu stürmen oder gar zu erobern. Viele hatten es versucht – David kannte die Geschichten –, aber alle waren sie gescheitert. Niemand wusste, wie die Stadt aufgebaut war, wo ihre Schwachstellen lagen und wie man vorgehen musste, um sie gegebenenfalls einnehmen zu können. Von weiblichen Gefangenen war keine Information zu erwarten. Die würden lieber sterben, als etwas zu verraten. Es lag wohl so etwas wie religiöse Inbrunst in der Art, wie sie das Geheimnis ihrer Stadt schützten. Glânmor war ein großes Fragezeichen, und es gab viele Leute, die ihren gesamten Besitz geopfert hätten, um dieses Geheimnis zu lüften.
Je näher der Trupp dem großen Nordportal kam, desto bewusster wurde David, dass er gleich Zeuge von etwas werden würde, das nur wenige Männer vor ihm zu sehen bekommen hatten. Er stand im Begriff, ein Rätsel zu lösen, an dem sich viele Generationen vor ihm die Zähne ausgebissen hatten.
Ihm wurde unbehaglich zumute. Die dunklen Torflügel sahen aus wie die Pforten zur Unterwelt. Ob dahinter wohl die neun Kreise der Hölle auf ihn warteten?
»Na, mein Junge, freust du dich schon auf den großen
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