Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
Gesicht. »Ja«, sagte er. »Jetzt fällt es mir wieder ein. Aber das ist doch unmöglich.«
»Was? Was ist unmöglich?«
»Du müsstest eigentlich tot sein.«
Ben verstand nur Bahnhof.
Anstatt weiterzureden, griff der Kerl in die Schreibtischschublade, holte eine kleine Flasche heraus, setzte sie an die Lippen und nahm einen Schluck. »Ach herrje, wo bleiben meine Manieren? Auch einen Schluck?« Er hielt Ben die Flasche hin, doch der schüttelte nur den Kopf.
»Nein? Ist vielleicht auch besser so, bei der Verletzung. Ethanol mit Wasser sollte man nur zu sich nehmen, wenn man in guter körperlicher Verfassung ist. Und selbst dann nur in Maßen.« Er setzte die Flasche an und ließ das Zeug nur so in sich hineinlaufen. Nach Luft schnappend, drehte er den Verschluss wieder drauf und ließ die Flasche in der Schublade verschwinden. »Hast du Hunger? Hier, ich habe leider nur Brot und Butter. Setz dich und iss etwas. Du siehst aus wie ausgekotzt.«
Ben ließ sich nicht zweimal bitten. Wie ein Verhungerter stürzte er sich auf das Brot, stellte aber schnell fest, dass ihm das nicht gut bekam, und ließ es lieber sein. Bei einer Bauchwunde sollte man vermutlich erst mal keine schwere Kost essen. Das angebotene Wasser nahm er aber gerne. Der Mann sah ihn verwundert an.
»Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel, aber ich erlebe es nicht oft, dass ein Toter ins Leben zurückkehrt.«
»Ein Toter? Was soll das Gerede?« Ben gab ihm die Flasche zurück. Der Typ hatte offensichtlich ziemlich einen an der Waffel. »Sie haben mich doch selbst auf den Rollwagen gelegt und mir ein Beruhigungsmittel gegeben, erinnern Sie sich nicht? Sie werden mich dann vermutlich irgendwann ins Behandlungszimmer geschoben haben.«
»Wenn du dich da mal nicht täuschst«, sagte der Mann. »Etwa eine halbe Stunde nachdem du hier eingetroffen bist, haben die Leute draußen den Laden hier gestürmt. Da kam dieser Kleinlaster auf den Hof gefahren, in dem lauter schwerbewaffnete Kerle saßen. Sie sprangen raus und lieferten sich ein kurzes Feuergefecht mit den Wachen, ehe sie die Türen eintraten und alles plünderten, was ihnen unter die Finger kam. Medikamente, Verbandsmaterial, Werkzeuge, Geräte – einfach alles. Als die Leute draußen merkten, was vorging, stürmten sie hinterher und griffen sich, was noch übrig war. Meine Kollegen flohen, nur ich blieb noch hier und hielt die Stellung. Warum, weiß ich eigentlich selbst nicht so genau. Vermutlich, weil ich hoffte, dass bald die versprochene Hilfe eintrifft, aber …«
»Moment mal«, sagte Ben, dem es langsam mulmig wurde. »Sie tun so, als läge das alles schon ewig zurück. Welchen Tag haben wir denn heute?«
»Mittwoch. Oder ist es schon Donnerstag?« Er blickte zu seinem Wandkalender hinüber.
»Mitt…?« Ben blieb der Mund offen stehen. »Aber das ist doch vollkommen unmöglich. Das hieße ja, ich hätte drei Tage da drüben in dem Zimmer gelegen.«
»Hast du auch, ja. Um ehrlich zu sein, ich hielt dich für tot. Deswegen habe ich dich zu den anderen geschoben.«
»Zu den anderen?« Jetzt fühlte er sich wirklich elend.
»Na, zu den Toten! Ist dir denn nicht aufgefallen, dass niemand in dem Zimmer lebte?«
Ben stöhnte. Deshalb war es in dem Zimmer so still gewesen. Er hatte sich schon gewundert, warum er niemanden hatte schnarchen hören. Und dann dieser Geruch …
»Die Leichtverletzten konnten wir nach Hause schicken, die schweren Fälle … nun ja.« Der Mann zuckte die Schultern. »Wir hatten keine Medikamente, kein Werkzeug und kein Verbandsmaterial mehr. Die meisten hatten Gott sei Dank einen schnellen Tod. Ich habe sie in die vorderen Zimmer gelegt, in der Hoffnung, dass bald jemand kommt, um sie zu bestatten.«
»Und was ist mit dem Rest? Was ist mit Dr. Cornelius, meinem Vater, all den anderen?«
»Getötet, geflohen, gefangen – wer weiß? Junge, du ahnst ja gar nicht, was da draußen los ist. Es herrscht Krieg.«
»Krieg? Mit wem?«
Der Mann sah ihn mit schrägem Blick an, in seinen Augen eine Mischung aus Mitleid und Belustigung. »Na, mit den Frauen natürlich, was denkst du denn? Hast du gar nichts mitbekommen?« Er schüttelte den Kopf. »Wer hat dir diesen Stich versetzt, hm?«
»Meine …« Er stockte. Wieder sah er Magda vor sich, das Messer in der Hand.
»Na, siehst du«, sagte der Assistenzarzt. »Die Zeitungen waren voll davon. Fernsehen, Radio, Nachrichten – kein anderes Thema. Allerdings ist es in den letzten Stunden verdächtig still
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