Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
ihrer Anführerin warfen einen Schatten über sie.
Als Bellona ins Lager zurückkehrte, gab sie sich Mühe, sich völlig normal zu verhalten. Sie setzte sich zum Essen zu ihren Kameradinnen und probierte den Braten, doch schon beim ersten Bissen rebellierte ihr Magen. Daher gab sie ihren Anteil an Nzangia weiter. Anschließend versuchte sie, den Tag durchzusprechen, wie sie es auch sonst tun würde, aber aus Unsicherheit ging niemand darauf ein.
In ihrer Not begann sie, mit Nzangia zu besprechen, dass die Frauen mehr Übung für den Kampf zu Pferde brauchten. Schließlich war auch dieses Thema erschöpft, und Bellona fiel kein neues mehr ein. Sie verfiel in Schweigen. Mit angezogenen Beinen saß sie auf dem Boden, hatte die Arme auf die Knie gelegt und starrte in die Flammen.
Der Rest des Abends verlief sehr still. Die Frauen lagerten um das Feuer, kauten ihr Fleisch, das außen verbrannt, innen hingegen noch roh war, und versuchten, den Blick vom unglücklichen Gesicht ihrer Anführerin abzuwenden.
»Kommandantin!« Eine Späherin eilte ins Lager und deutete hinter sich. »Da kommen Reiter! Aus dieser Richtung.«
Sofort sprang Bellona auf, denn endlich gab es etwas zu tun. Die Kriegerinnen griffen zu den Waffen, hielten brennende Zweige hoch und nahmen Kampfformation ein.
Drusilla ritt ins Lager. Ihr Gesicht war voller Anspannung und Erschöpfung. Sie brauchte nichts zu sagen, denn man sah ihr an, wie es ihr ging. Nachdem sie vom Pferd gestiegen war, nahm sie Haltung an und verkündete: »Ein Besucher, Kommandantin. Die Drachenmeisterin.«
Lucretta ritt ins Lager ein.
Augenblicklich sanken die Soldatinnen auf ein Knie. Auch Bellona beugte das Knie, ehe sie der Meisterin entgegenging, die den anderen bedeutete, sich zu erheben.
Mit erhobenen, brennenden Ästen bildeten die Kriegerinnen einen rauchenden Feuerkreis um die Meisterin.
Lucretta ritt nicht gern. Sie mochte keine Pferde, und ihr Pferd schien das zu spüren, denn es war unruhig und scheu. Fragend warf Bellona Drusilla einen Blick zu, erntete jedoch nur ein Schulterzucken.
»Ich bin gar nicht bis zum Kloster geritten. Sie war bereits auf dem Weg hierher«, berichtete Drusilla mit leiser Stimme. »Ich weiß nicht, woher sie wusste, wo wir sind.«
»Meisterin!«, begrüßte Bellona Lucretta verwirrt. »Warum bist du gekommen? Das war doch nicht nötig.«
»Was ist das für ein Unsinn mit dem Boot?«, gab die Meisterin zurück.
»Wir haben die drei bis hierher verfolgt, Meisterin«, teilte Bellona ihr mit. »Hier haben sie den Fluss genommen.« Sie machte eine vage Geste. »Da drüben steht ein Wagen, daneben liegen Boote. Ich weiß nicht, wozu sie gut waren, aber …«
»Wagen interessieren mich nicht. Deine Kriegerinnen haben auf Melisande geschossen und sie verfehlt«, tadelte Lucretta. »Viele Male.«
»Das stimmt, Meisterin«, gab Bellona zu. »Wir hatten großes Pech.«
»Großes Pech? Ich frage mich, ob ihr euer Ziel ernsthaft treffen wolltet.« Ihr Blick wanderte über die versammelten Soldatinnen. »Ich finde es schon auffällig, dass so talentierte Schützinnen, die ihr Können oft zur Schau gestellt haben, bei dieser einfachen Aufgabe so kläglich versagen.«
Kommentarlos sahen die Frauen über Lucrettas Kopf hinweg.
»Ich kann der Meisterin versichern, dass jede hier ihre Pflicht getan hat«, beteuerte Bellona. »Etwas anderes anzudeuten stellt unsere Ehre in Frage.«
»Ich stelle nicht ihre Ehre in Frage«, gab Lucretta zurück. Jetzt lehnte sie sich über den Sattelknauf. »Schließlich haben sie nur ihre Befehle befolgt. Es ist deine Ehre, die ich hinterfrage, Bellona. Du hast die kleine Hure geliebt und konntest es nicht ertragen, sie sterben zu sehen.«
Mit geballten Fäusten ging Bellona auf Lucretta los.
»Bellona!«, flüsterte Nzangia ihr eindringlich zu. Ihre starken Finger gruben sich in Bellonas Muskeln und zogen sie zurück. »Halt doch ein! Was tust du da? Sie ist die Meisterin!«
»So kann sie nicht mit mir umspringen!«, wütete Bellona, die sich freizukämpfen suchte.
Zwei weitere Kriegerinnen kamen Nzangia zu Hilfe. Gemeinsam gelang es ihnen, Bellona auf den Boden zu drücken. Erst als sie flach auf dem Bauch lag, mit dem Gesicht im Schlamm und Nzangias Knie im Rücken, hörte Bellona auf, sich zu wehren. Ihre angespannten Muskeln erschlafften. Sie gab nach und schloss die Augen.
Der Wechsel kam so plötzlich und unerwartet, dass Nzangia erschrocken eine Hand an Bellonas Hals legte, um ihr den Puls zu
Weitere Kostenlose Bücher