Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
warten lassen. Ich habe dich schon immer geliebt, immer.«
»Kommandantin! Ich sehe sie!«, rief eine der Kriegerinnen und riss Bellona damit aus ihren honigsüßen Erinnerungen.
Mit einem innerlichen Tadel wegen ihrer Unaufmerksamkeit stellte sich Bellona wieder der schmerzhaften Realität des Tages.
Sie sah Melisande einen Hang herunterlaufen und mit beiden Armen winken.
»Bellona!«, schrie sie. Die Liebe, die in ihrer Stimme mitschwang, zerriss Bellona das Herz und ließ alles Blut, alles Leben daraus weichen.
Es ist ein riesiges Missverständnis! Die Meisterin hat sich geirrt. Melisande wird alles erklären.
Schon wollte Bellona den Kriegerinnen Einhalt gebieten, als sie die andere Stimme hörte, eine Männerstimme. Als sie nach oben blickte, sah sie ihn – den Liebhaber.
Da gab Bellona den Befehl zum Feuern. Doch in ihrem blutleeren Herzen war sie froh, dass ihre eigentlich so geübten Schützinnen an diesem Tag ungewöhnlich wenig Treffsicherheit bewiesen.
Angetrieben von Bellona ritten die Kriegerinnen den Flüchtenden nach. Noch nie war eine von ihnen auf dem Südhang des Berges gewesen, und nur wenige hatten überhaupt mal das Tal verlassen. Doch sie waren erfahrene Spurenleser, und die drei, die sie jagten, hinterließen ungewollt immer wieder Spuren. Dennoch konnten die Soldatinnen sie nicht einholen.
Gnadenlos und mit scharfer Stimme spornte Bellona ihre Truppe an. Die Soldatinnen hüteten ihre Zunge, denn alle kannten den wahren Grund.
Sie folgten den Spuren der drei Pferde bis zum Fluss, wo Bellonas Herz zunächst schneller klopfte. Sie war sicher, dass dies das Ende der Jagd war, denn nun konnten die Flüchtenden nirgendwo mehr hin. Aber sie fanden nur die drei Pferde mit den Sätteln und dem Zaumzeug, nicht jedoch die Menschen. Die Spuren von zwei Paar Stiefeln und einem Paar Sandalen führten ins Wasser, aber nicht wieder zurück. Am Ufer lagen zwei Boote, deren Boden eingeschlagen war.
Bellona starrte flussabwärts. Wie weit mochten sie schon fort sein? Wie schnell kamen sie vorwärts? Über diesen Teil des Landes wusste sie viel zu wenig und konnte dies daher kaum abschätzen. Nachdem sie eine Weile nachgedacht hatte, erteilte sie ihre Befehle.
»Die schnellste Reiterin kehrt zum Kloster zurück und holt mir eine Karte von dieser Gegend, auf der die wichtigsten Städte verzeichnet sind. Denn dorthin wird er sie bringen«, fügte sie leiser hinzu. »In eine Stadt, wo sie in der Menge untertauchen können.«
»Ihr anderen«, fuhr sie laut fort, »repariert dieses Boot. Im Wald habe ich einen Wagen entdeckt. Nehmt Bretter von dem Wagen, um diese Löcher zu flicken.«
Die Frauen sahen einander an. Dann blickten sie zu Nzangia.
»Kommandantin«, begann diese zögernd.
»Ich habe einen Befehl gegeben«, erwiderte Bellona scharf. »Warum steht ihr noch herum?«
»Kommandantin, die Pferde sind müde. Sie brauchen eine Pause. Und was die Boote angeht, so weiß zumindest ich nichts darüber, wie man so etwas repariert.«
»Dafür brauchten wir einen Bootsmeister«, ergänzte eine andere.
»Dann bringt mir einen Bootsmeister«, fuhr Bellona sie an. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. »Bringt mir jemanden, der mehr kann, als herumzustehen und zu gaffen wie ein Haufen Bauerntölpel.«
Die Frauen schwiegen unangenehm berührt.
»Drusilla«, bestimmte Nzangia schließlich, »du bist die beste Reiterin. Tu, was die Kommandantin gesagt hat.«
Drusilla warf Nzangia einen fragenden Blick zu.
Diese zuckte kaum sichtbar mit den Schultern und verdrehte die Augen in Bellonas Richtung.
Da nickte Drusilla, sprang auf ihr Pferd und galoppierte in Richtung Berg davon.
Bellona wandte den anderen den Rücken zu. Sie musterte das Boot und hockte sich daneben, als wollte sie es untersuchen. Natürlich wusste sie ebenso wenig wie ihre Untergebenen, wie man ein Boot reparierte, aber wenn sie es begutachtete, musste sie den anderen nicht in die Augen sehen. Sie war sich ihrer Blicke nur zu genau bewusst.
»Wir werden länger hier bleiben, also können wir auch ein Lager aufschlagen«, beschloss Nzangia. »Sattelt die Pferde ab, reibt sie trocken, und lasst sie grasen.«
Sie gab noch weitere Befehle, teilte Wachen ein und schickte Jägerinnen aus. Die Kriegerinnen waren froh, dass sie sich mit ihren Aufgaben verteilen konnten. So legte sich die Spannung. Nur Nzangia blieb zurück und beobachtete Bellona. Jetzt hätte sie gern geredet.
Doch Bellona mied sie.
Wenn das Boot nicht zu reparieren ist,
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