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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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dachte sie, müssen wir zu Fuß flussabwärts ziehen.
    Dabei fiel ihr der Wagen wieder ein. Merkwürdig, so fernab von allem einen Wagen vorzufinden.
    Sie stand auf, um einen Blick auf den Wagen zu werfen. Wieder hatte sie eine Entschuldigung dafür, dass sie Nzangia auswich. Zu Bellonas Überraschung schien der Wagen erst vor kurzem benutzt worden zu sein. Die hölzernen Räder waren von Schlamm und nassem Gras überzogen. Beides musste von letzter Nacht stammen.
    Zuerst hatte sie geglaubt, ein Bauer hätte den Wagen stehen lassen, doch als sie ihn genauer betrachtete, stellte sie fest, dass er nicht für Rüben, sondern für Menschen gebaut war. Beiderseits der Ladefläche verlief eine Bank. Damit die Mitreisenden nicht herunterfielen, war ein Weidengeflecht angebracht worden. Die Planken der Ladefläche waren schlammig.
    Sie trat zurück und starrte den Wagen stirnrunzelnd an. Irgendetwas stimmte hier nicht. Dann hatte sie es.
    Es gab keinen Bock für den Kutscher.
    Kein Kutscher, denn es gab kein Pferd.
    Dieser Wagen wurde von Menschen gezogen.
    Wieder sah sie zum Fluss. Hier konnte man Menschen gut im Boot transportieren, ganz im Gegenteil zu Zugpferden. Was taten diese Leute hier so nahe bei Seth? Was für Lasten transportierten sie?
    Wenn es in der Umgebung Städte oder wenigstens kleinere Orte gegeben hätte, wäre das weniger auffällig, doch diese gab es nicht. Bellona hatte das Umland gut sehen können, als sie den Berg herunterkamen. Von hier bis hin zum Horizont gab es über Meilen hinweg keine Anzeichen für Zivilisation.
    Es musste etwas mit Melisande zu tun haben, denn schließlich hatte ihr Liebhaber sie hierher gebracht. Sein Boot hatte sie entführt. Aber was sollte der Wagen dabei? Der Liebhaber und sein Begleiter waren auf Pferden geritten. Sie hatten sogar ein Pferd für Melisande mitgeführt. Dies wiederum war ein Hinweis auf ihre Schuld.
    Dennoch, wozu der Wagen?
    Bellona erklomm die Ladefläche, um sich genauer umzusehen. Als sie unter eine Bank spähte, lag dort ein zusammengeknülltes Stück Stoff, feucht und schmutzig. Bellona hob es auf und schüttelte es aus. Nachdenklich starrte sie den Baumwollstreifen an, der ihr irgendwie vertraut vorkam, ohne dass sie ihn sogleich einordnen konnte.
    Sie betrachtete ihn von nahem, denn die Sonne ging bereits unter. Über den Fluss legten sich die ersten Schatten der Dämmerung.
    Da stieg ihr plötzlich der Gestank in die Nase. Sie schnupperte noch einmal, und nun begriff sie, was das war – eine Windel.
    Jetzt war Bellona endgültig ratlos. Sie konnte sich keinen Reim auf die Zusammenhänge machen. Erst wollte sie das Tuch wegwerfen, doch dann steckte sie es, einer Eingebung folgend, lieber in ihren Gürtel. Sie würde die Meisterin befragen.
    Die Meisterin befragen bedeutete, Lucretta befragen. Ab sofort hatte Lucretta den Oberbefehl. Diese verbitterte, säuerliche Frau würde im Kloster das Sagen haben. Den Rest ihres Lebens würde Bellona Lucretta anbeten.
    Die Kriegerin fühlte Nzangias bohrenden Blick und drehte sich nach ihrer Stellvertreterin um.
    »Ich sehe mich mal flussaufwärts genauer um«, sagte Bellona.
    Nzangia kam einen Schritt auf sie zu.
    »Du wartest hier«, wehrte ihre Anführerin ab.
    Dann drehte sie sich um, um mit raschen Schritten zu verschwinden. Sie lief, bis sie außer Sicht und Hörweite ihrer Soldatinnen war.
    »Ein Leben lang ein leeres Bett vorfinden«, flüsterte Bellona. »Ein Leben lang erwachen und einem leeren Tag entgegensehen.«
    Erst als sie allein war, überließ sie sich ihrem Schmerz, kauerte sich zusammen, umklammerte die nicht sichtbare Wunde und zerkratzte sich selbst mit ihren Nägeln. Als ein Schauer ihren Körper durchlief, sank sie auf die Knie und wiegte sich vor Pein vor und zurück.
    Irgendwann beruhigte sie sich. Der vernichtende Schmerz ließ nach, und erst in diesem Moment sah sie das andere Boot. Bellona schluckte ihre Tränen herunter und hockte sich auf die Fersen. Es war ein kleines Boot, das tief im Farnkraut versteckt lag, ein ganzes Stück von denen entfernt, die zerschlagen waren.
    Beinahe hätte sie der Meisterin für dieses Wunder gedankt, doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie Lucretta danken würde.
    So hielt Bellona den Mund.
    Die Kriegerinnen trugen ein erlegtes Reh ins Lager. Als die Nacht hereinbrach, erfüllte der Duft des Bratens die Luft. Zu anderen Gelegenheiten hätten die Frauen dieses ungewöhnliche Abenteuer durchaus genossen, aber ihr Auftrag und die düstere Stimmung

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