Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
Richtung, aus der die schrecklichen Schreie kamen.
Sie waren weiterhin zu hören, bis sie plötzlich abbrachen, als hätte jemand sie erstickt.
Die Kriegerin rannte in die Richtung, aus der sie gedrungen waren, aber Unterholz und Dunkelheit behinderten sie. Sie musste langsamer laufen, obwohl ihr Herz raste – diesmal allerdings vor Angst.
Sie fand einfach keinen Weg durch den Wald. In ihrer Verzweiflung begann sie, mit dem Schwert auf das Gestrüpp einzuschlagen, aber dann ließen Bewegungen im Wald sie innehalten. Jemand näherte sich. Bellona brauchte nur zu bleiben, wo sie war, dann würde derjenige zu ihr kommen.
Sie duckte sich in den Schatten, wo sie sowohl den Waldrand als auch den Strand überschauen konnte. Die Geräusche kamen von rechts. Es waren zielstrebige Schritte – ein Mann, vermutlich der Liebhaber. Was er Melisande auch angetan hatte, er würde dafür bezahlen!
Bellona zwang sich zur Geduld. So hatte sie ihre Kriegerinnen gelehrt, still in ihrem Hinterhalt zu warten.
Der Mann kam ganz dicht an ihr vorbei. Verwundert starrte Bellona ihn an. Das war weder ihr Liebhaber noch dessen Gefährte. Dieser Mann hier war groß wie ein Bär, ein tapsiger Gigant. In jedem Fall trug er Melisande in den Armen. Wegen der Dunkelheit konnte Bellona sie nicht genau sehen, doch sie erkannte das goldblonde Haar. Der Körper ihrer Freundin hing schlaff und leblos in den Armen des viehischen Kerls.
Bellona hatte keine Ahnung, was geschehen war, wer dieser Fremde war, wie er hierher kam oder was aus den anderen beiden geworden war. Das alles kümmerte sie auch nicht. Langsam und verstohlen richtete sie sich auf die Zehenspitzen auf. Das Schwert hatte sie bereits in der Hand.
Jetzt stapfte der Mann über den Strand. Einen Augenblick blieb er stehen, um sich umzusehen. Als er das Boot sah, das Bellona nicht versteckt hatte, lief er mit einem zufriedenen Laut darauf zu.
Mit dem Schwert in der Hand schlich Bellona aus der Deckung des Waldes, ehe sie mit leichten Schritten eilig den Strand überquerte, um sich dem Hünen von hinten zu nähern.
Er nahm sie überhaupt nicht wahr, sondern konzentrierte sich ganz auf das Boot. Lautlos, als könnte schon das Klopfen ihres Herzens sie verraten, hob Bellona das Schwert und rannte auf ihr Opfer zu.
Aus Angst, Melisande zu treffen, wagte sie nicht, den Mann zu durchbohren. Lieber zielte sie auf seinen Schädel, den sie mit ihrem Hieb spalten wollte. Inzwischen war ihr gleichgültig, ob sie sich durch ein Geräusch verriet. Sie hoffte, zuschlagen zu können, bevor er reagierte. Er hörte das Knirschen ihrer Schritte im Sand und spannte die Muskeln seines breiten Rückens. Sein Kopf fuhr herum, doch das spielte jetzt keine Rolle mehr. Durch seine Bürde war er so belastet, dass er nichts tun konnte.
Bellona erhob die Stimme zum Schlachtruf und schlug ihm mit tödlicher Wucht ihr Schwert seitlich gegen den Kopf.
Das Schwert zerbarst und trieb ihr Metallsplitter in die Arme und Hände. Die Wucht der Explosion warf sie flach auf den Rücken. Fassungslos starrte die blutende Bellona zu dem Riesen hoch, der über ihr stand.
Der warf Melisande achtlos auf den Boden, als wäre sie ein Stück Abfall, das er auch später noch aufsammeln konnte. Sie landete schlaff auf dem Boden, ohne einen Laut von sich zu geben.
Da wusste Bellona, dass Melisande tot war. Ihre Kehle schnürte sich zusammen. Tränen standen in ihren Augen.
Der Mann zog einen Dolch aus seinem Stiefel. Bellona sah ihm teilnahmslos zu. Soll er meinem Schmerz ein Ende machen, dachte sie und wandte nur den Kopf ab.
Hoch über ihr erklang ein ohrenbetäubender Schrei. Er stammte von einem Tier, doch die Warnung darin war selbst für Bellona überdeutlich.
Der Mann hielt inne und starrte in die Luft. Sein Mund verzog sich. Der Schrei weckte sogar Melisande, die sich nun stöhnend regte.
Damit strömte neues Leben in Bellona. Mit einem Satz sprang sie auf ihren abgelenkten Gegner zu, griff nach der Hand mit dem Dolch und senkte ihre Zähne in sein Fleisch. Das Blut drang in ihren Mund, und ihre Tränen fielen auf seine Haut.
Brüllend vor Schmerz bäumte der Mann sich auf, doch Bellona sah und hörte ihn nicht. Aus dem Menschenkörper schälte sich ein wütend fauchender Drache, der bösartig nach oben blickte. Im schwindenden Licht wirkten seine Schuppen blau, stellenweise schon schwarz. Der schwere Kopf schnappte verärgert in die Luft.
Bellona war so entgeistert, dass sie sich nicht rühren konnte. Wieder
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