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Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Titel: Das verbotene Land 2 - Drachensohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Zeit, Drachensohn«, sagte sie dann. »Alles zu seiner Zeit.«
    Da Nem jedoch kein sehr gesprächiger Mensch war, fügte er sich in das Schweigen leicht ein. Das Ziel spielte ohnehin keine große Rolle. Es war seine Bestimmung, dorthin zu gelangen, wie es die Bestimmung eines Babys ist, irgendwann geboren zu werden.
    Evelinas Bestimmung war es ebenfalls, ob sie wollte oder nicht. Man zog sie nicht mehr im Karren hinterher. Die Schwester hatte ihr einen Habit besorgt, den das Mädchen widerspruchslos angelegt hatte. Nem hatte keine Ahnung, was die Schwester zu Evelina gesagt oder ihr angetan hatte, doch sie lief schweigend mit und hielt stets den Kopf gesenkt. Vielleicht ging ihre Gefügigkeit darauf zurück, dass ständig einer der Mönche bei ihr war. Selbst wenn sie sich erleichtern musste, wurde sie von dem Mönch begleitet. Tag und Nacht stand sie unter Bewachung.
    Zu Beginn der Wanderung hatte Evelina einmal einen nächtlichen Fluchtversuch unternommen. Nem war erwacht, weil es im Lager unruhig wurde. Als er aufspringen wollte, hatte die Schwester ihm mit scharfen Worten geraten, sich wieder hinzulegen. Alles sei unter Kontrolle. Am anderen Morgen erhaschte er einen Blick auf Evelinas Gesicht im Schatten ihres Schleiers. Ihre Lippe war aufgeplatzt und die Nase blutig. Die linke Gesichtshälfte war blau angelaufen, das Auge zugeschwollen. Danach gab es keine nächtlichen Zwischenfälle mehr.
    Nem hielt sich von Evelina fern. Weder sprach er sie an, noch nahm er auch nur Notiz von ihr. Wenn sie an der Spitze des Zuges lief, ging er hinten. Wenn sie ganz hinten war, marschierte er vorne bei der Nonne. Diese gab Nem zu verstehen, dass sein Einspruch gegen Evelinas Tod seinem Vater, dem Drachen, missfallen hatte. Er hätte damit eine Schwäche gezeigt. Nem hatte den Eindruck, dass man Evelina mitgenommen hatte, um ihn einer Art Prüfung zu unterziehen. Vielleicht eine Prüfung seines Willens.
    Auch ihm selbst missfiel seine Schwäche. Wieder und wieder erinnerte er sich daran, wie Evelina ihn getäuscht hatte. Sie hatte ihn verkauft, ihn einsperren lassen und ihn verspottet. Jede Nacht beim Einschlafen sagte er sich, wie sehr er sie hasste, doch später erwachte er schweißgebadet aus Träumen voller Verlangen nach ihr. Wenn er sie verstohlen betrachtete, wie sie mit gesenktem Kopf den staubigen Weg entlanglief und vielleicht an den schrecklichen Tod ihres Vaters dachte, regten sich bei Nem heftige Schuldgefühle. Als er sah, wie man sie misshandelt hatte, fühlte er sich dafür verantwortlich.
    »Wenn ich nicht in ihr Leben getreten wäre, würde sie irgendwo in der Sonne tanzen.« Mit solchen Gedanken quälte er sich herum.
    Natürlich waren diese Gedanken irrational. Wenn ihr Vater ihn nicht ausgeraubt und sich dann mit der Tochter verschworen hätte, ihn ins Verderben zu locken, wäre Nem nie in ihr Leben getreten. So lagen Liebe und Begehren ständig im Krieg mit dem nüchternen Verstand, und Nem entschied sich bald für die Logik. Er war nicht so dumm, sich einzureden, dass sie ihn vielleicht doch eines Tages lieben könnte. Schließlich war er ein Monster. Aber dennoch hegte er die heimliche Hoffnung, dass er ihr vielleicht doch nicht völlig gleichgültig war.
    So verstrichen die Tage. Die Reise ging weiter, bis sie eines Tages einen breiten Fluss erreichten. Die Schwester erklärte Nem, dies sei der Aston. Dann deutete sie auf einen Bergzug im Norden. In diesen Bergen läge die Stadt Seth verborgen, und der Fluss käme von dort. Die Wanderer stiegen in Ruderboote um, ruderten ein Stück flussaufwärts und bogen an einer Gabelung des Flusses schließlich nach Osten ab.
    Dort lenkten sie die Boote durch eine tiefe Schlucht an turmhohen Klippen vorbei, bis sie eine Höhle erreichten, die halb unter Wasser lag. Mit eingeholten Rudern ließen sie die Boote mit der Strömung in die Höhle treiben. Nach der gleißenden Hitze des Sonnenlichts erschien die Dunkelheit Nem angenehm erfrischend.
    Seine Drachenaugen waren noch dabei, sich an die Finsternis anzupassen, als ein hoch gewachsener Mann aus dem Schatten trat. Er war breitschultrig, ging etwas vornüber gebeugt, hatte einen kräftigen Hals und muskulöse Beine. Nem erkannte ihn sofort. Es war der Anführer der »Räuber«, die einst Bellona angegriffen hatten.
    »Schwester, du und der Drachensohn, ihr bleibt bei mir. Die anderen können weiterfahren«, befahl der Mann und winkte sie fort. »Wir treffen uns flussabwärts.«
    Die Boote mit den Mönchen und

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