Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Das verbotene Land 2 - Drachensohn

Titel: Das verbotene Land 2 - Drachensohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
Vom Netzwerk:
real wie ihre Bewohner«, versicherte ihm die Schwester. »Der Wald um sie herum ist die Illusion, die uns und die Stadt vor Feinden schützt.«
    »Ihr meint feindliche Armeen?«, fragte Nem. »Aber warum sollte Euch jemand angreifen? Niemand weiß, dass Ihr hier seid.«
    Die Nonne lächelte nachsichtig. »Nicht unbedingt Armeen. Ursprünglich sollte die Mauer nur Tiere fern halten, die sich nicht von der Illusion täuschen ließen. Tiere lassen sich von Illusionen nicht einwickeln, sie sind zu dumm. Anfangs drangen Bären und Wölfe in die Stadt ein. Sie schadeten damit sich selbst und den Menschen hier. Darum hat der Drache die Mauer errichtet. Er hat die Steine aus dem Berg gebrochen und mit dem Feuer aus seinem Leib zusammengefügt.«
    Die Straßen der Stadt waren eng und voll. Wie ein Riesenkind, das aus seinen Kleidern herauswächst, drohte die wachsende Bevölkerung, die Mauer zu sprengen, die sie umgab. Häuser, die ursprünglich nur ein Stockwerk gehabt hatten, waren nun zwei oder drei Geschosse hoch. Selbst die Minen, aus denen der Stein geschlagen wurde, hatte man in Wohnhäuser und Geschäfte verwandelt, in denen sich noch mehr Menschen drängten. Eilig zusammengesetzte Gebäude, nur durch Feuer gehalten, lehnten in waghalsigen Winkeln planlos aneinander.
    »Ihr sagt, die Mauer sei real«, meinte Nem. »Aber ich bin mitten hindurchgegangen.«
    »Die Mauer ist real«, erwiderte die Nonne. »Kein Teil davon ist Illusion.«
    »Dennoch sind wir eingetreten«, beharrte Nem.
    Die Frau schien ihm nur ungern zu antworten. Schließlich erklärte sie: »Es gibt Tore in der Mauer, die nur der Drache öffnen kann.«
    Nem warf einen Blick über die Schulter. Er war sich des scharfen Blicks der Schwester ebenso bewusst wie des unablässigen Herumschnüffelns des Drachen.
    »Also können die Bewohner die Stadt nur verlassen, wenn der Drache dies wünscht.«
    »Die Mauer soll die Bevölkerung schützen, nicht einsperren. Jeder hier beherrscht Drachenmagie. Deshalb unterscheiden sich diese Menschen von anderen. Und du weißt recht gut, Drachensohn«, fügte die Frau hinzu, »dass die Welt Menschen, die anders sind, kaum akzeptiert. Wenn die Leute hier drinbleiben, so ist dies zu ihrem eigenen Schutz.«
    Nem sagte nichts dazu. Die Schwester führte ihn durch die vollen Straßen und wies ihn auf besondere Sehenswürdigkeiten hin. Nem achtete kaum darauf. Er fragte sich, was wohl aus Evelina geworden war. Beim Betreten der Stadt hatten die Mönche sie abgeführt. Nem hatte keine Ahnung, was man mit ihr gemacht hatte. Er sorgte sich um sie, denn er erinnerte sich an Gralds Blick auf das Mädchen. Wie sollte er mehr herausfinden, ohne sich zu verraten? Über diese Frage dachte er nach, als ihm langsam auffiel, dass man in der Straße beiseite trat, um ihn durchzulassen. Viele Menschen senkten den Kopf, knicksten oder erwiesen ihm auf andere Weise Respekt.
    »Du solltest sie zur Kenntnis nehmen, Drachensohn«, mahnte die Nonne leise. »Ein gewisses Maß an Hochmut ist durchaus akzeptabel, aber deine Untertanen sollen dich nicht für eingebildet und gefühllos halten.«
    »Untertanen?«, wiederholte Nem verdutzt. »Wieso Untertanen?«
    »Deine Untertanen. Dein Volk. Sie begrüßen dich in allen Ehren«, gab die Schwester zurück. Sie deutete auf eine Gruppe Mönche in braunen Kutten, die an der Straßenecke standen und sich tief verneigten, als Nem vorüberging.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie müssen mich mit jemandem verwechselt haben.«
    »Du bist der Sohn des Drachen.« Diesmal klang die Schwester wirklich vorwurfsvoll. »Eines Tages wirst du ihr Anführer sein.«
    Nem staunte. »Das verstehe ich nicht.«
    »Dein Vater wird es dir erklären. Ich habe schon jetzt zu viel verraten.«
    »Und wann bekomme ich Gelegenheit, mit …« Er brachte die Worte meinem Vater nicht heraus. »Wann kann ich mit dem Drachen sprechen?«
    Belustigt verzog die Schwester den Mund. »Du hast bereits mit ihm gesprochen, und das weißt du auch, Drachensohn.«
    »Ich habe mit einem Mann gesprochen, der sich Grald nennt«, wehrte Nem ab. »Nicht mit dem Drachen.«
    »Sie sind ein und derselbe.«
    »Nein, das sind sie nicht«, hielt er dagegen. »Ich weiß es besser. Ich will dem begegnen«, er stockte, dann presste er die Worte heraus, »der mich zu dem gemacht hat, der ich bin.«
    Der Schwester verging das Lachen. Nachdenklich betrachtete sie ihn. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Er konnte nicht feststellen, ob sie verärgert oder nur verstimmt

Weitere Kostenlose Bücher