Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
keineswegs sicher sein dürfte.«
»Mutter, ich will nicht, dass ein Kind im Schatten aufwachsen muss, dass man es heimlich einen Bastard nennt. Nicht wie …«
»Nicht wie du?« Seine Mutter – die eigentlich seine Stiefmutter war – drückte ihm die Hand. »Ich weiß, wie schwer es für dich war, mein Schatz. Es tut mir so furchtbar leid. Wir haben beide versucht, dich davor zu schützen, dein Vater und ich. Aber du bist der Prinz, und die Leute reden eben. Bei diesem Mädchen wird es anders sein. Wir verheiraten sie mit einem guten Mann, der für sie und das Kind sorgen wird. Das Kind bekommt eine gute Ausbildung. Du hingegen lernst erst einmal die liebe lsabel kennen.«
Markus schüttelte den Kopf. »Das Letzte, was ich brauche, sind noch mehr Frauen in meinem Leben, Mutter.«
Ermintrude strich ihre Röcke glatt und rückte das edelsteinbesetzte Krönchen zurecht. Dann drehte sie ihre vielen Ringe und Armbänder an den richtigen Platz. Markus wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Sie rüstete sich zum Kampf wie jeder gute Ritter, und er ahnte, dass er längst verloren hatte. Er war ein Königssohn, und Königssöhne hatten in Heiratsfragen nichts zu sagen.
»Dein Vater und ich haben der Hochzeit bereits zugestimmt«, teilte die Königin ihm mit. »Die junge Dame ist hübsch und von bezauberndem Wesen. Ihr habt schon als Kinder miteinander gespielt. Sie erinnert sich noch gut daran, was du ihr damals erzählt hast. Sie weiß über deine Magie Bescheid. Früher hast du ihr Elfchen vorgezaubert. Sie hat mir alles darüber erzählt. Weißt du das nicht mehr?«
»Nein.« Markus versuchte, sich zu erinnern, aber seine Kindheitserinnerungen endeten und begannen in der Höhle bei Drakonas. »Ich denke möglichst wenig an damals.«
Ermintrude tätschelte ihm die Hand. »Geh schlafen. Sonst kippst du noch um vor Müdigkeit.«
»Ich habe Evelina neue Kleider versprochen. Sie war wirklich sehr mutig, Mutter, und sie hat mir geholfen, aus Drachenburg zu fliehen. Dafür hat sie etwas verdient.«
»Sie wird jeden Komfort genießen«, versicherte ihm seine Mutter. »Man wird sie gut behandeln. Sie kann im Schloss wohnen, bis wir etwas anderes für sie finden und so lange sie sich gut benimmt. Wenn du dich ausgeruht hast, kannst du mit lsabel über die Mauern spazieren. Sie hat großes Interesse an den Kanonen. Du kannst sie ihr zeigen und erklären.«
Markus glaubte keine Sekunde, dass eine Grafentochter sich für Kanonen interessierte, ging jedoch nicht näher darauf ein. Er wusste, worauf seine Mutter hinauswollte. Ermintrude umarmte ihn so fest, wie ihr Reifrock es ihr gestattete.
»Ich bin so froh, dass du zu Hause bist, mein Sohn. Tag und Nacht habe ich zu Gott gebetet. Darum muss ich jetzt in die Kapelle und ihm danken. Schlaf gut! In ein paar Stunden lasse ich dich von Joseph wecken.«
Ermintrude eilte davon und wischte sich im Gehen die Augen. Markus ging in sein Schlafzimmer, wo er sich hinlegen und seine Gedanken sortieren wollte. Aber die Müdigkeit machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er schlief ein, und falls er träumte, so waren das keine Drachenträume. Nur die ganz normalen, grauen Menschenträume.
31
Als Evelina einen Tag und eine Nacht nach Markus' Rückkehr im Schloss eintraf, hatte der Himmel alle Schleusen geöffnet. Sie war triefend nass, steif und wund von dem weiten Ritt und so erschöpft, dass man sie vom Pferd heben musste, weil sie sich kaum noch rühren konnte. Daher war sie wenig beglückt, als sie feststellen musste, dass der einzige Mensch, der sie willkommen hieß, ein verkrüppelter alter Vogel namens Gunderson war, dem obendrein ein Auge fehlte.
Ihr Knappe und sie waren gleichermaßen froh, einander los zu sein, denn er war schon vierzig Jahre alt, ein hochnäsiger, stolzer Mann, der ihr Lächeln und ihre Flirtversuche kalt zurückgewiesen hatte, während sie doch nur versucht hatte, die lange Reise etwas weniger zäh zu gestalten.
Im Hof herrschte trotz des strömenden Regens hektisches Treiben. Alles rannte mit angespanntem Gesicht umher, und wer nicht rannte, schrie herum, denn die Armee stand vor dem Aufbruch. Das konnte Evelina natürlich nicht wissen. Sie war so durcheinander und überwältigt, dass sie beinahe von einem Ritter zu Pferd niedergetrampelt worden wäre. In diesem Augenblick tauchte Gunderson auf, um sie zu holen, zerrte sie aus dem Weg und führte sie eine endlose Steintreppe empor in den Palast hinein.
Als Evelina das beeindruckend schöne
Weitere Kostenlose Bücher