Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
mich, und ich liebe ihn. Natürlich bin ich keine große Dame, aber ich könnte es lernen.«
»Mein Sohn ist einer anderen versprochen«, teilte die Königin ihr mit. »Der Tochter eines Grafen, Lady lsabel.«
Ein Haken mit der Rechten hätte Evelina nicht mehr erschüttern können als diese Nachricht. Sie wich einen Schritt zurück. Ein solcher Gedanke war ihr nie gekommen.
»Davon hat er kein Wort gesagt, Majestät!«, keuchte Evelina auf und brach in Tränen aus. »Er hat mich belogen!«
»Mein Sohn wusste selbst noch nichts davon«, gab die Königin zurück. »Die Hochzeit wurde in seiner Abwesenheit festgelegt. Es mag Euch hart erscheinen, aber so ist nun einmal der Lauf der Welt, Fräulein Evelina. Ihr werdet im Schloss bleiben, bis wir sicher wissen, ob Ihr schwanger seid oder nicht. Wenn ja, werden wir für Euch und das Kind sorgen, Euch mit einem guten Mann verheiraten.«
Evelina hörte ihrem Sermon gar nicht mehr zu. Eine Rivalin! Keinen Augenblick glaubte Evelina, dass diese Heirat ohne Markus' Wissen arrangiert worden war. Er hatte es gewusst! Er hatte sie benutzt! Er hatte zugelassen, dass sie sich in ihn verliebte!
Plötzlich erschien der Wermut in seinem Wein gerechtfertigt. Auch ihr Liebhaber, der Fischer, trat ganz in den Hintergrund. Markus war ein Prinz. Er konnte tun und lassen, was er wollte. Wenn er sie heiraten wollte, brauchte er nur ein königliches Dekret oder ein Edikt oder eine päpstliche Bulle oder was auch immer zu erlassen, und schon geschah es. Wer sollte es ihm verwehren? Nur diese andere Frau. Diese dünne, milchgesichtige Schlampe. Sie war der Grund, dass er sie nicht heiraten würde.
All das ging Evelina innerhalb einer Sekunde durch den Kopf. Die Königin redete immer noch. Sie erzählte, dass Markus in den Krieg zog, aber dass sie alle im Schloss sicher wären. Alle Hofdamen blieben da.
Halb erstickt fragte Evelina: »Auch Lady lsabel?«
»Ja, aber macht Euch deshalb keine Gedanken. Das Schloss ist groß genug. Ihr braucht Euch nie zu begegnen.«
»Oh, ich würde sie gern kennen lernen, Majestät«, sagte Evelina leise.
Die Königin verabschiedete sich. Axtgesicht kehrte zurück.
Als Evelina der Frau probehalber mitteilte, dass sie gern etwas frische Luft hätte, spazierte Axtgesicht mit ihr einen leeren Gang auf und ab, ohne sie aus den Augen zu lassen oder ihr zu gestatten, jemanden anzusprechen oder sich ansprechen zu lassen. Dann brachte Axtgesicht Evelina in ihr Zimmer zurück und verschloss die Tür.
Das Mädchen hatte begriffen. Solange sie im Palast war, blieb sie eine Gefangene. Man würde sie nicht mit Markus sprechen oder auch nur in seine Nähe lassen.
An diesem Abend kuschelte sie sich in ihr warmes, trockenes Bett und sagte sich leise: »Wir werden ja sehen.«
32
Am anderen Morgen verließen Markus und sein Vater mit einem kleinen Kontingent Ritter und Soldaten die Stadt. Sie marschierten mit leichtem Gepäck zügig zur Grenze zwischen Idlyswylde, Weinmauer und Drachenburg. Der nächste Vorposten war Burg Aston, wo Markus' ältester Halbbruder, Kronprinz Wilhelm, lebte. König Edward hatte dem Prinzen eine dringende Mitteilung zukommen lassen, in der er seinem Sohn so viel von der Wahrheit berichtet hatte, wie dieser ihm wohl glauben würde. Er hatte ihn aufgefordert, Soldaten nach Nordwesten zu schicken, wo die bisher unbekannte Stadt Drachenburg lag. Der Prinz sollte seine Männer so postieren, wie er es für angemessen hielt.
Das Heer des Königs zog unter grauem Himmel los. Der Regen, der Evelina am Vortag durchnässt hatte, hielt an. Die Wetterkundigen gingen davon aus, dass es auch den ganzen Tag weiterregnen würde. Sie ritten mit tief heruntergezogenen Hüten, um wenigstens die Augen frei zu haben. Die bunten Standarten flatterten in den Windböen, die ihnen kaltes Wasser ins Gesicht schlugen. Die Ritter redeten nicht viel und prahlten auch nicht mit alten Ruhmestaten. Wahrscheinlich hatte das schlechte Wetter damit zu tun, aber Markus hatte den Eindruck, dass ihr Schweigen düsterer war.
Er war dabei gewesen, als sein Vater versucht hatte, ein paar vertrauenswürdigen Rittern zu erklären, mit was für einem Feind sie es aufnehmen sollten. Manche waren Berufssoldaten, andere adlige Landbesitzer, alle jedoch Freunde und Kameraden des Königs, die Markus sein Leben lang kannten. Er hatte den ungläubigen Schrecken in ihren Augen bemerkt, als sein Vater ihnen mit ruhiger Stimme von dem Reich erzählt hatte, das durch Drachenmagie versteckt
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