Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
aufgesessen.
Edward übergab Gunderson das Kommando und nahm sich die Zeit, mit Markus in den großen Saal zurückzukehren, um mit eigenen Augen zu sehen, was sich dort zugetragen hatte. Voller Entsetzen und Abscheu starrte er den Kadaver des Monstrums an, das dort auf dem Boden lag. Nach Markus' erstem Stoß hatten die Ritter, die zunächst vor Schreck wie gelähmt gewesen waren, sich gefangen und seinen Befehl befolgt, sein Werk zu Ende zu bringen.
Mit Schwert, Messer und Speer hatten sie das Monster angegriffen und wieder und wieder wild darauf eingestochen. Jetzt lag der übel zugerichtete Leichnam in einem See aus Blut, in den Augen noch die Wut des sterbenden Drachen, das Maul hasserfüllt aufgerissen. Tragischerweise waren noch einige Merkmale der Lady lsabel zu erkennen. Edward kam es so vor, als wären der Drache und das hübsche Mädchen in einer tödlichen Umarmung erstarrt.
»Deckt etwas darüber«, befahl der König, dem von dem Anblick übel wurde.
»Das arme Mädchen«, murmelte die Königin schluchzend. »Armes Kind.«
»Wenigstens hat sie jetzt ihren Frieden«, tröstete Edward seine erschütterte Frau und legte einen Arm um sie. »Komm hier weg.«
»Ich wusste nicht, dass sie … so ein böses … Ding war!«, weinte die Königin fassungslos an der Brust ihres Mannes.
»Das wusste doch keiner von uns, Mutter.« Auch Markus versuchte, ihr Trost zu spenden. »Es ist nicht deine Schuld. Nicht einmal ein Drache hätte diese Fassade durchschauen können. Sie hat mir nur erlaubt, die Wahrheit zu erkennen, weil sie dachte, sie hätte mich fest im Griff. Dann hat sie mich mit dem Wissen um ihre Pläne auf die Folter gespannt.«
Ein Page erschien auf der Schwelle. Er suchte den König. Edward sah sich nach jemandem um, der seiner zitternden, in Tränen aufgelösten Frau beistehen könnte.
»Ich bleibe bei der Königin, Hoheit«, bot Evelina leise an.
Bisher hatte keiner auf sie geachtet, und sie hatte sich wohlweislich im Hintergrund gehalten. Jetzt trat sie zögernd vor.
Edward warf einen Blick auf Markus, der sich stirnrunzelnd nach jemand anderem umsah. Doch seine Mutter hatte die meisten Dienerinnen um deren Sicherheit willen fortgeschickt und nur eine Zofe behalten, die schon seit Jahren bei ihr war. Diese Frau hockte nun hysterisch in einer Ecke, faselte und lachte und war ihrer Herrin keine Hilfe. Evelina war die einzige Frau, die noch zur Verfügung stand.
Obwohl das Mädchen nach dem erschreckenden Vorfall blass und viel unterwürfiger war als sonst, hatte sie sich halbwegs im Griff. Markus zweifelte nicht an ihrem Mut, so wenig er auch sonst von ihr hielt. Widerwillig nickte er.
Evelina half der Königin in einen Sessel am Feuer, wo sie neben ihr niederkniete und der Frau die eiskalten Hände rieb, die eher an die einer Leiche erinnerten.
»Fräulein Evelina«, sagte Markus.
»Ja, Hoheit?« Evelina sah mit großen, blauen Augen zu ihm auf. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein zaghaftes Lächeln ab.
»Gebt meiner Mutter ja keinen Wein«, mahnte er mit harter Stimme.
Evelinas Wangen bekamen rote Flecken. Ihr Lächeln verflog. Sie schlug die Augen nieder. »Nein, Hoheit«, murmelte sie kaum vernehmlich.
»Passt auf die Kleine da auf«, beauftragte Markus einen der Ritter, als er mit seinem Vater den Saal verließ. »Lasst sie nicht aus den Augen. Und auch nicht aus dem Palast.«
Gunderson stand auf der Mauer und starrte durch ein Fernrohr nach Osten. Auch andere schauten blinzelnd in die gleiche Richtung.
»Was ist da?«, fragte der König.
»So etwas habe ich mein Lebtag nicht gesehen, mein König«, erklärte Gunderson, während er ihm das Fernrohr reichte. »Was haltet Ihr davon?«
»Du weißt doch, dass ich durch das verdammte Ding nichts sehen kann«, fluchte Edward. »Markus, sieh du es dir an.«
Markus hob das Glas ans Auge und sah etwas, das ihn faszinierte.
Reiterinnen galoppierten von Norden her auf der Straße auf das Schlosstor zu. Sie trugen prächtige, aber altertümliche Lederrüstungen, dazu Stahlhelme und Schilde mit einem Auge als Insignie. Ihre Schwerter schlugen beim Reiten gegen ihre Beine. Über ihren Schultern hingen Bögen, und an den Sätteln sah man Köcher voller Pfeile.
Zwischen den Kriegerinnen, die schützend auf beiden Seiten ritten, ratterten zwölf Streitwagen, die von Pferden gezogen wurden. Jeder Wagen wurde von einer Kriegerin gelenkt und transportierte Frauen in wehenden, weißen Roben. Der vorderste Wagen wurde von einem jungen Mann
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