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Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)

Titel: Das verbotene Reich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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ihrer Muttersprache.
    Pau nickte und nahm das Kompliment mit der Demut entgegen, die man von einem Mann von fast siebzig Jahren erwarten konnte. Er war zu jung, um 1949, als die Volksrevolution Chiang Kai-shek und seine Nationalisten nach Taiwan spülte, an Maos Seite gestanden zu haben. Ni wusste, dass Pau während der 1960er Jahre eine wichtige Rolle zu spielen begonnen hatte und auch nach Maos Tod 1976 eine bedeutende Stellung behalten hatte.
    Dann, zehn Jahre später, hatte Pau China verlassen.
    Und war ausgerechnet hier in Belgien gelandet.
    »Ich wollte, dass mein Haus mich an meine Heimat erinnert«, sagte Pau.
    Das Haus, das ein paar Kilometer vor Antwerpen lag, erschien von außen wie ein schlichtes Gebäude mit hohen, grauen Wänden, chinesischem Doppeldach mit vorschwingenden Dachrändern und zwei Türmen. Es verkörperte die wesentlichen Elemente der traditionellen chinesischen Architektur – Geschlossenheit, Symmetrie und Hierarchie. Innen war es hell und luftig und im klassischen Stil eingerichtet. Allerdings verfügte es über alle modernen Annehmlichkeiten – Klimaanlage, Zentralheizung, Überwachungssystem und Satellitenfernsehen.
    Ni kannte diesen Haustyp.
    Es war ein Siheyuan.
    Das ultimative Symbol chinesischen Reichtums – eine Wohnanlage für eine Großfamilie, deren zentraler Innenhof von vier Gebäuden umschlossen wurde. Normalerweise gehörten zur Verschönerung noch ein Garten und eine Terrasse dazu. Früher hatten die Adligen solche Häuser besessen, heute konnten sich nur noch chinesische Militärs, Parteibonzen und die Neureichen ein solches Gebäude leisten.
    »Das hier erinnert mich an ein Haus, das ich kürzlich im Nordosten besucht habe. Es gehörte dem Bürgermeister des Ortes. Drinnen fanden wir zweihundertfünfzig Goldbarren versteckt. Eine ganz schöne Leistung für einen Mann, der nur ein paar tausend Yuan im Jahr verdiente. Aber als Bürgermeister kontrollierte er natürlich die Wirtschaft des Gebietes, was die lokalen Unternehmer und ausländische Investoren offensichtlich zu honorieren wussten. Ich habe ihn festgenommen.«
    »Und dann haben Sie ihn hinrichten lassen. Rasch, nehme ich an.«
    Ihm war klar, dass Pau gewiss über das chinesische Justizsystem Bescheid wusste.
    »Sagen Sie mir, Herr Minister, was führt Sie nach Europa und zu mir?«
    Ni war der Chef der Zentralkommission für Disziplinarinspektion der Kommunistischen Partei Chinas. Er unterstand direkt dem Nationalkongress, befand sich damit auf derselben Ebene wie das allmächtige Zentralkomitee und hatte den Auftrag, Korruption und Amtsvergehen zu bekämpfen.
    »Sie sind kein Amtsträger, den ich gerne zum Feind hätte«, sagte Pau. »Wie ich hörte, sind Sie der gefürchtetste Mann Chinas.«
    Diese Bezeichnung war Ni nicht neu.
    »Anderen zufolge könnten Sie gleichzeitig der ehrlichste Mann Chinas sein.«
    Auch diese Beschreibung hatte Ni bereits gehört. »Und Sie, Pau Wen, sind immer noch chinesischer Staatsbürger. Sie haben dieses Recht nie aufgegeben.«
    »Ich bin stolz auf mein chinesisches Erbe.«
    »Ich bin gekommen, um etwas von diesem Erbe zurückzufordern.«
    Sie saßen in einem Salon, der sich zu einem Innenhof öffnete, in dem Bäume blühten. Bienen schwirrten von einer duftenden Blüte zur nächsten. Ihr Summen und das Plätschern eines Brunnens waren die einzigen Geräusche. Hinter Glastüren und Seidenvorhängen lag im Nachbarraum ein Arbeitszimmer.
    »Als Sie unser Vaterland verlassen haben, haben Sie offensichtlich beschlossen, dass einige unserer Artefakte Sie begleiten würden.«
    Pau lachte. »Haben Sie auch nur die geringste Ahnung, wie es war, als Mao noch lebte? Sagen Sie mir, Herr Minister, haben Sie in Ihrer herausragenden Position als Hüter des Parteigewissens die geringste Vorstellung von unserer Geschichte?«
    »Im Moment interessiert mich nur Ihr Diebstahl.«
    »Ich habe China vor beinahe drei Jahrzehnten verlassen. Warum ist mein Diebstahl erst jetzt plötzlich von Bedeutung?«
    Man hatte ihn vor Pau Wen gewarnt, einem studierten Historiker und gewieften Redner, der ein Meister darin war, Widrigkeiten zu seinem Vorteil umzumünzen. Sowohl Mao als auch Deng Xiaoping hatten sich seiner Talente bedient.
    »Ich bin erst vor kurzem auf Ihr Verbrechen aufmerksam geworden.«
    »Ein anonymer Informant?«
    Ni nickte. »Solche gibt es glücklicherweise.«
    »Und Sie machen es ihnen ja auch so leicht. Sie haben sogar eine Webseite eingerichtet. Man muss nur eine E-Mail dort hinschicken,

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