Das verbotene Tal
Blauhäher, die ihre eigene Ansicht darüber hatten, wie man sich ein
Frühstück erbettelte.
Sie alle waren so zutraulich, daß sie
bestimmt nicht ahnten, wie weh ihnen ein ungebetener Gast tun konnte!
Richtig, da wartete ja schon das
Eichhörnchen. Mit lockenden Rufen kletterte es genau über Joey einen Ast
entlang und machte Anstalten, ihm auf die Schultern zu springen. Und gerade in
diesem Augenblick hörte der Alte, wie sich der Schwarzbärtige in der Höhle
regte und laut gähnte.
„Husch!“ scheuchte Joey das Tierchen. „Verschwinde!“
Mit einem weiten Satz verschwand das
überraschte Eichhörnchen scheltend zwischen den Ästen. Der alte Joey sah, wie
es von Baum zu Baum sprang, und dann verklang sein Schimpfen in der Ferne.
Der bärtige Mann zeigte nicht die geringste
Lust, die Höhle aufzugeben. Es gefiel ihm hier ausgezeichnet.
„Eine Weile bleibe ich noch“,
verkündete er Joey nach dem Frühstück. „Da wollen wir uns doch bekannt machen!
Wie heißt du?“
Der Alte zögerte. Sagte er dem Fremden,
daß er der entwichene Verbrecher Blackie Sanders war, dann bestand die
Möglichkeit, daß der sich das Lösegeld verdiente und ihn dem Sheriff verriet.
So erwiderte er einfach: „Joey.“
„So, Joey?“ lachte der Schwarze. „Gut,
Opa, also Joey! Und mich nenne nur Blondie!“
„Blondie?“ Joey war überrascht.
„Sehr richtig: Blondie!“ kicherte der
Schwarze. „Siehst du nicht, wie blond mein Haar ist?“ Er kraulte sich den
pechschwarzen Bart und lachte grölend über seinen Witz. Als aber Joey nicht
einstimmte, runzelte er plötzlich die Stirn und packte Joeys Handgelenk mit
rauhem Griff. Dabei fletschte er die großen, gelben Zähne.
„Hast du etwas dagegen, Alter?“
Joey zuckte zusammen. Benommen
schüttelte er den Kopf, und in seinen Augen stand so wilde Angst, daß der Große
ihn losließ und verächtlich auflachte.
„Also Joey und Blondie — prima! Na, und
da wir eine ganze Weile zusammen hier wohnen werden, können wir es uns ein
bißchen gemütlich machen.“
„Schön ist es hier gerade nicht“,
meinte Joey. „Und dauernd Fisch mögen Sie doch auch nicht!“
„Laß das nur meine Sorge sein!“
beruhigte ihn Blondie. „Was mir nicht behagt, das ändere ich schon.“
Weiteres über seine Pläne verriet er
nicht. Aber nachdem es zum Abendbrot wieder Fisch gegeben hatte, traf er
Vorbereitungen, die Joey Kummer machten: Sorgfältig prüfte er den großen
Revolver in seinem Gürtel, trat dann vor die Höhle und schien zu warten, daß es
dunkel würde.
„Wollen Sie fort?“ fragte Joey
hoffnungsvoll.
„Ja. Aber ich komme wieder. Bilde dir
ja nicht ein, du würdest mich so schnell los! Und versuche nur nicht, etwa
wegzulaufen! Du kochst nämlich viel besser als ich, und ich brauche jemanden,
mit dem ich mal ein Wort reden kann — selbst wenn es ein verrückter alter Kerl
ist wie du! Klar?“
Joey nickte. Niemals würde er einen
Fluchtversuch wagen — selbst wenn er ein Ziel gewußt hätte. Etwas war an dem
Schwarzhaarigen, das ihn vor Entsetzen fast lähmte.
Es war lange nach Mitternacht, da
stellte der Hilfssheriff Terry auf seiner Runde fest, daß die Vordertür von Sam
Moss’ Laden einen Spalt offenstand. Seit zwanzig Jahren war es das erste Mal,
daß die Tür nicht fest verschlossen war. Die Pistole in der Hand, schlich er
vorsichtig ins Innere, konnte aber niemanden entdecken. Aber die
Registrierkasse war aufgezogen — und leer! Und ringsum deutete alles darauf
hin, daß jemand eingebrochen war. Eilig sprang der Sheriff ans Telefon und
alarmierte Sam Moss. Dann machte er Sheriff Bennett Meldung. Ein paar Minuten
später waren beide Männer zur Stelle.
„Was alles fehlt, ist so schnell nicht
zu sagen!“ jammerte Sam. „Aber ein paar prächtige Lammkoteletts sind fort, das
Pfund zu ein Dollar zwanzig, und ein halbes Dutzend Lendensteaks, die ich der
Frau Bürgermeister zurückgelegt hatte.“
Carl Bennett deutete auf ein Regal, in
dessen Konservendosen-Reihen breite Lücken klafften.
„Es fehlt so viel, daß sicherlich zwei
Männer an dem Einbruch beteiligt sein müssen. Vermutlich hatten sie einen
Wagen, um die Beute wegzuschaffen.“
Sam Moss nickte, aber da bemerkte der
Hilfssheriff im Lagerraum eine Menge Kartoffeln auf dem Boden. Offenbar hatte
der Dieb einen Sack ausgeschüttet, um die Beute darin verstauen zu können.
„Unter Umständen hätte ein Mann den
Sack wohl schleppen können“, meinte er. „Aber er müßte schon stark sein
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