Das verbotene Tal
dichtem Bart und zottigem, ungeschnittenem Haar.
Eng standen die kleinen schwarzen Augen unter den buschigen Brauen, und sie
flackerten wie die eines gehetzten Tieres. Mit der rechten Hand richtete er
einen langläufigen Revolver auf den Alten.
Nun kam der unheimliche Gast näher;
unverwandt starrte er Joey mißtrauisch an. Und da erkannte er, wie ängstlich
und verschreckt der Alte war — bestimmt ein harmloser Kerl! Aufmerksam tastete
er ihn nach Waffen ab, und als er nichts Verdächtiges fand, steckte er den
eigenen Revolver ein.
„Kannst die Pfoten wieder ‘runternehmen,
Opa!“ brummte er verächtlich. „Ich tue dir nichts — wenn du machst, was ich
will!“
Joey ließ die Arme sinken, aber in
seinen Augen loderte noch immer verzweifelte Angst.
„D... das tue ich!“ stammelte er.
„Ist außer dir noch jemand hier?“
Mißtrauisch sah sich der Fremde um. „Woher kommen denn die Butterbrote und all
das Fleisch?“
„Von zwei kleinen Jungen, die mich
besuchten*, erklärte Joey hastig. „Sie sind schon wieder fort.“
„Ihr Glück, daß sie mir nicht in die
Quere kamen!“ Böse funkelte der düstere Kerl den Alten an. „Ich kann nämlich
schwatzhafte Kinder nicht leiden.“
„Bestimmt kommen sie in den nächsten Tagen
nicht wieder!“ versicherte Joey eilig. „Vielleicht besuchen sie mich überhaupt
nicht mehr.“
„Prima! Ich möchte mich nämlich ein
paar Tage ausruhen — war ziemlich lange auf Reisen!“ Er lachte kurz und barsch
auf.
„Die Höhle ist aber reichlich feucht!“
Joey wollte den ungebetenen Gast abschrecken.
„Hm, ich werde es schon aushalten“,
meinte er. „Besser als im Freien schläft es sich immerhin.“ So schnell ließ er
sich nicht einschüchtern! „Spar nur deine Worte, Alter! Du muß dich leider mit
meiner Gesellschaft abfinden. Und versuch ja nicht, etwa davonzuschleichen und
den Sheriff zu suchen!“
„Daran denke ich nicht!“ wehrte Joey
ruhig ab. „Ich bin kein Freund des Sheriffs!“
Der Schwarzbärtige musterte ihn
forschend. „So? Na, dann laß es dir ja nicht einfallen, durch Angeberei seine
Freundschaft zu erwerben!“ Er lachte böse auf.
„Das kommt nicht in Frage!“ Müde
schüttelte Joey den Kopf. „Nicht einmal, wenn Sie keinen Revolver hätten!“
Der Große schien ihm zu glauben. „So,
und nun sieh mal zu, was du Eßbares zu bieten hast. Ich habe einen Bärenhunger!“
Wenig später schlang der Fremde alles
herunter, was Joey an Resten herbeigebracht hatte. Dann wollte er noch mehr.
„Mehr habe ich nicht“, erwiderte Joey. „Morgen
früh kann ich vielleicht ein paar Fische fangen.“
„Fische?“ Der Dunkle schien nicht
erbaut. „Ein Kaninchen wäre eher mein Fall. Hast du keine Falle in der Höhle?“
Joey verschlug es den Atem. Eine Falle
für seine lieben Tiere? Wie schrecklich!
„Eine... was?“ Verzweifelt überlegte
er, wie er den Fremden daran hindern könne, eine Falle zu bauen.
„Richtig: Eine Falle, Freundchen! Um
einen Braten zu fangen!“
Joeys Begriffsstutzigkeit schien dem
Kerl auf die Nerven zu gehen.
„Ach so, eine Falle!“ Leer blickten
Joeys Augen. „Nein, ich habe keine drinnen vorgefunden, und Geld, um eine zu
kaufen, besitze ich nicht — selbst wenn ich es wagen dürfte, mich in der Stadt
blicken zu lassen.“
Der Bärtige zuckte die Schultern.
„Also gibt es morgen Fisch! Na, mir
wird schon noch einfallen, wie wir zu saftigem, frischem Fleisch kommen können!“
Der Eindringling schlief schon lange
fest in der Tiefe der Höhle, als Joey noch an der Glut seines Feuers hockte.
Sollte er seine armselige Habe zusammenraffen und sich davonschleichen? Dann
wäre er den unheimlichen Fremden los. Wo aber konnte er sich denn verstecken?
Hoffentlich zog der Fremde doch in ein oder zwei Tagen weiter! Und vor allem:
hoffentlich, kamen die beiden Jungen und Lassie nicht zurück, ehe er fort war!
Im Morgengrauen ging er mit Timmys
Angelrute zu dem Wasserlauf hinunter, der durch den Wald zu dem breiteren Bach
hinfloß. Noch vor den ersten Sonnenstrahlen hatte er zwei große Fische gefangen
— ein schmackhaftes Frühstück für seinen Besuch!
Eilig kehrte er zur Höhle zurück. Jeden
Morgen durfte er ja aufmerksame Zuschauer beim Frühstück erwarten: Manchmal
waren es nur das braune und das graue Eichhörnchen, die so lange mit ihm
plauderten, bis er ihnen von seiner schmalen Kost etwas abgab. Dann war es ein
Rotkehlchen, das sich ein paar Krumen mit einem schönen Lied verdiente. Oder
die
Weitere Kostenlose Bücher