Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
einen Trick reinfallt …«
Hartmann trank von seinem Kaffee. Er hielt den Blick auf die Tasse gesenkt. Ließ die anderen warten.
»Ich denke«, sagte er schließlich, »wir sollten erstmal drüber schlafen und morgen weiterreden. Auf ein paar Stunden kommt es schließlich nicht an. Einverstanden?«
Ein langes Schweigen trat ein, das nur unterbrochen wurde, als Henrik Bigum fluchend aufstand und hinausstürmte. Dann drückte Elisabet Hedegaard Hartmann die Hand und strahlte ihn an, beugte sich zu ihm vor und flüsterte: »Gut gemacht.«
Zehn Minuten später, allein in seinem Büro, vor dem Fernseher.
»Inzwischen steht fest, dass jeglicher Verdacht gegen Troels Hartmanns Integrationsvorbild ausgeräumt ist«, sagte der Nachrichtensprecher.
Ein Reporter folgte Poul Bremer durch einen Flur des Rathauses und hielt ihm ein Mikrofon unter die Nase.
»Ich freue mich für Hartmann, dass sich der Fall so entwickelt hat«, sagte Bremer ohne Überzeugung. »Aber Sie haben ja gesehen, wie er sich in der Angelegenheit verhalten hat. Er hat sich als völlig handlungsunfähig erwiesen. Troels Hartmann bringt nicht die Qualifikation für die Position des Oberbürgermeisters mit. Er ist der Aufgabe nicht gewachsen.«
Weber kam herein, ausnahmsweise einmal breit lächelnd.
»Eine Menge Leute rufen an, Troels. Die Presse möchte unbedingt mit dir reden. Alle freuen sich über diese Wendung.«
Skovgaard war ihm gefolgt.
»Sogar im Parlament«, fügte sie hinzu. »Die Leute mögen Gewinner.«
Kirsten Eller erschien auf dem Bildschirm, vor ihrem Büro, selbstzufrieden lächelnd.
»Das ist ein glücklicher Moment«, sagte sie. »Und es beweist, dass Troels Hartmann eine glaubwürdige Alternative zu Poul Bremer ist. Deswegen haben wir von Anfang an auf ihn gesetzt.«
Hartmann legte den Kopf in den Nacken und lachte zur Decke hinauf. Dann schaltete er den Fernseher aus.
»Die Presse möchte …«, sagte Skovgaard.
»Nein, heute nicht mehr. Gib nur eine kurze Mitteilung raus, die meiner Freude darüber Ausdruck verleiht, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde. Morten?«
Weber zückte seinen Notizblock.
»Wir müssen die Plakatkampagne vorantreiben. Der Schwerpunkt liegt auf unserer Integrationspolitik. Die Vorbilder müssen erwähnt werden und was für ein Erfolg sie sind. Ach ja …«
Er nahm seinen Mantel, zog ihn an.
»… und dann hätte ich morgen gern noch mal ein Fraktionstreffen. Ruf die Teilnehmer aber erst morgen früh an. Sag ihnen, dass alle kommen müssen, die heute dabei waren.«
»Das ist aber sehr kurzfristig«, wandte Weber ein.
»Das war’s für mich auch.«
Weber entfernte sich. Troels Hartmann holte Rie Skovgaards Mantel, brachte ihn ihr. Sie sah so glücklich aus wie seit Tagen nicht mehr. Schön auch, nur erschöpft. Er mutete allen zu viel zu.
»Ich hab Hunger«, sagte er. »Und wir müssen reden.«
Theis Birk Larsen saß in einem Raum mit zwei uniformierten Beamten, die sich um die Formalitäten kümmerten. Lund und Pernille beobachteten ihn durch die Glasscheibe.
»Was passiert jetzt mit ihm?«
»Er wird einem Richter vorgeführt.«
»Wo kommt er hin?«
»In eine Arrestzelle.«
Die Uniformierten nickten dem großen Mann in der schwarzen Jacke zu. Er stand auf, ging mit ihnen hinaus.
»Wann kann er nach Hause?«, fragte Pernille.
Lund antwortete nicht.
»Wir haben zwei Söhne. Wann kann er nach Hause?«
»Das hängt von der Beschuldigung ab.«
»Muss er ins Gefängnis?«
Lund zuckte die Schultern.
»Das ist alles Ihre Schuld. Ohne Sie …«
»Es tut mir leid.«
»Es tut Ihnen leid?«
»Ich lasse Sie nach Hause fahren. Wir geben Ihnen Bescheid, wenn der Termin beim Haftrichter stattgefunden hat.«
»War’s das?«
»Pernille …« Lund fragte sich, ob sie es sagen sollte. Ob es etwas brachte. »Wir sind nichts Besonderes. Wir sind wie Sie. Wenn jemand uns anlügt, gefällt uns das nicht. Wir wissen nicht, ob er gute oder schlechte Gründe dafür hat. Wir wissen nur … dass er lügt.«
Pernille Birk Larsen stand in dem Büro des Polizeipräsidiums, starr vor Zorn.
»Sie denken, ich lüge?«
»Ich denke, dass wir vieles noch nicht wissen.«
Sie wartete.
»Gut«, sagte Pernille und ging davon.
Meyer saß an seinem Schreibtisch und ging die neuesten Unterlagen durch.
»Das muslimische Mädchen hat eine Aussage gemacht.« In seiner Reißverschlussweste und dem gestreiften T-Shirt sah er aus wie ein müder Schuljunge. »Sie hat Kemals Alibi bestätigt. Und die Jacke, die
Weitere Kostenlose Bücher