Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
tropfte Blut. Birk Larsen trat ihn mit voller Wucht in die Rippen, packte ihn an den Haaren.
»Hoch mit dir, hab ich gesagt!«, brüllte er und sah ihm in das verquollene, blutende Gesicht.
Der Kopf des Hammers strich über Kemals Hals. Ein einziger Hieb. Gegen einen knienden Mann. Gerechtigkeit.
»Hoch mit dir!«, schrie er.
Im Scheinwerferlicht Schatten an den Wänden. Es war die richtige Stelle, die richtige Position. Der Punkt, an dem der Schmerz endete. Eine weitere Gestalt kam von der Tür herangestürmt.
»Theis! Legen Sie die Waffe weg! Er war’s nicht!«
Der großmäulige Polizist mit den Glupschaugen und den großen Ohren. Der Hammer. Ein einziger langer, kräftiger Schwung. Er hörte, wie ein Hahn gespannt wurde, sah aus dem Augenwinkel, dass der Polizist namens Meyer eine Waffe auf ihn richtete, zielte, bereit zu schießen. Ein Schuss. Das Echo in dem leeren Lagerhaus wie ein platzender Luftballon. Birk Larsen blinzelte, zögerte. War verloren.
Dann eine dritte Gestalt. Ein hellbrauner Regenmantel. Lange Haare. Ein Gesicht, das kostbare Gesicht. Pernille stand neben ihnen, starrte ihn offenen Mundes an. Das bin ich, dachte Birk Larsen. Das Ich, von dem du wusstest, dass es existiert, auch wenn du nie zu fragen wagtest.
Das bin ich .
Der Hammer kehrte noch ein letztes Mal zurück.
»Theis!«, rief Meyer und legte auf ihn an. »Hören Sie! Legen Sie die Waffe weg! Ehe Sie ihn berühren, erschieße ich Sie, das schwöre ich bei Gott!«
Pernille ging an ihnen vorbei, direkt auf Birk Larsen und den blutigen Haufen auf dem verschmierten Boden zu.
»Runter mit der Waffe!«, rief der Polizist. »Schluss mit den Dummheiten!«
Birk Larsen zögerte, und das war Zeit genug. Als er von neuem ausholte, waren drei weitere Männer da. Schwarze Pistolen zielten auf sein Gesicht. Als ob das genügen würde …
Aber da war auch Pernille, nur einen Schritt entfernt, ihr bleiches, gequältes Gesicht im grellen Licht der Neonröhren. Pernille, die ihn ansah, als wollte sie sagen: Ich wusste es, aber ich wollte es nicht wahrhaben.
»Theis«, sagte sie. »Leg das weg.«
Und er tat es.
Rie Skovgaard und Morten Weber beendeten ihre Telefonate. Hartmann rief selbst noch ein paar Leute an. Sprach mit dem Polizeipräsidium und ging dann um Punkt acht in das Meeting.
Knud Padde leitete die Sitzung. »Es ist bedauerlich«, sagte er, »aber wir müssen über ein Misstrauensvotum gegen Troels Hartmann abstimmten. Darf ich …«
»Wir verschwenden nur unsere Zeit«, unterbrach Henrik Bigum gelangweilt. Es klang, als stünde das Ergebnis bereits fest. »Wir wissen doch alle, was dabei rauskommt.«
»Keine Sorge, Henrik«, sagte Hartmann. »Eine Abstimmung ist nicht notwendig.«
»Doch«, widersprach Padde. »Tut mir leid, Troels, aber wir haben es so beschlossen.«
»Wenn ihr wollt, trete ich zurück. Ihr braucht nicht abzustimmen. Außer über …« Er lächelte Bigum zu. »… denjenigen, der meinen Platz einnimmt.«
»Nein, Troels!«, protestierte Elisabet Hedegaard. »Warum denn? Was soll das? Henrik spricht nur für sich selbst, wie immer …«
»Rücktritt ist natürlich auch eine Möglichkeit«, sagte Bigum. »Wenn dir das lieber ist …«
Er nahm einen Kugelschreiber aus der Brusttasche. Hielt ihn Hartmann hin.
»Also?«
»Hast du deine Mailbox nicht abgehört, Henrik? Keine privaten Mitteilungen? Keine Tipps aus Bremers Büro? Nicht mal die neuesten Nachrichten?«
Bigum lachte und schüttelte den Kopf.
»Ich dachte, du würdest das mit ein bisschen Würde tun. Zurücktreten und es dann gut sein lassen.«
»Ich habe gerade mit dem Polizeipräsidium gesprochen«, sagte Hartmann. »Es gibt neue Erkenntnisse im Fall Birk Larsen, die zweifelsfrei beweisen, dass der Lehrer unschuldig ist. Der zuständige Abteilungsleiter wird sich in wenigen Minuten im Fernsehen dazu äußern. Wenn ihr mich abservieren wollt, weil ich einen Unschuldigen verteidige – bitte sehr. Was das allerdings für die Chancen meines Nachfolgers bedeutet …«
»Knud, du leitest die Versammlung«, blaffte Bigum.
Padde saß mit offenem Mund da und konnte sich nicht entscheiden, in welche Richtung er sich wenden sollte.
»Vielleicht sollten wir nochmal über die Sache nachdenken«, sagte er schließlich, »und erst einmal nicht abstimmen. Wenn es richtig ist, was Troels sagt, dann müssen wir die Fakten kennen.«
»Die Fakten!«, rief Bigum wütend. »Fakt ist, dass Hartmann die Sache von A bis Z vermasselt hat. Wenn ihr auf so
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