Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
aus den Wellen aufragende Türme – ein Rangabzeichen. Interessierte sich mehr für seine Schlüssel, Bildschirme und Verteilerfächer als für die Menschen um ihn herum.
»Das ist eine Garage«, sagte er. »Was gibt’s da groß zu erklären? Die Fahrer geben den Schlüssel hier ab, wenn sie den Wagen abgestellt haben, und holen ihn, wenn sie ihn wieder brauchen.«
Hinter ihm ein Brett voller Schlüssel. Ein Fahrer kam und verlangte einen Wagen. Der Mann stand auf, schob die Brille nach unten, um die Nummern lesen zu können. Ein ganzes Stück. Bis auf die Nasenspitze.
»Sie müssen mal zum Optiker«, riet ihm Lund, um etwas Nettes zu sagen.
Er händigte dem Fahrer den Schlüssel aus, sah sie ungehalten an, setzte sich wieder, schwieg.
»Der Schlüssel des gestohlenen Wagens müsste also hier gehangen haben?«
»Wenn er nicht gestohlen worden wäre.«
»Wer kümmert sich um das Auftanken der Fahrzeuge?«
»Die Fahrer selbst, nehm ich an. Das fällt nicht in meine Zuständigkeit.«
»Und wird das dann immer ins Fahrtenbuch eingetragen?«
Die Frage gefiel ihm nicht.
»Ich kann mich nicht zu Umständen äußern, die die Beamten und Stadträte betreffen. Reden Sie mit denen.«
Lund zögerte, sah ihn an. Blieb stehen.
»Ich rede aber mit Ihnen.«
Sie marschierte in sein Büro und legte das Fahrtenbuch vor ihn hin.
»Das haben wir von hier mitgenommen. Erklären Sie’s mir. Heißt das, dass der Wagen nicht aufgetankt worden ist?«
»Sie dürfen hier nicht rein.«
»Sie sind Angestellter im öffentlichen Dienst. Sie haben die Polizei zu unterstützen. Also, wie ist das mit dem Fahrtenbuch?«
»Das hat nichts zu sagen«, antwortete der Mann. »Die Fahrer tragen ihre Fahrten nicht sofort ein. Oft erst später, wenn sie Zeit dazu haben. Manchmal tragen sie auch gar nichts ein.«
Er sah sich die Einträge an.
»Der Fahrer hier ist nicht wiedergekommen, also hat er logischerweise auch nichts ins Fahrtenbuch eingetragen. Kann ich jetzt bitte wieder meine Arbeit machen?«
Er rückte seine Brille zurecht, sah sie an.
»Oder haben Sie noch Fragen?«
Sie ging zum Ausgang. Blickte in den grauen Wintertag hinaus. Der Polizei half niemand gern. Sie war eine Art Feind. Sogar im Rathaus. Lund kehrte um und stellte sich vor die Glasscheibe, wie es sich gehörte. Der Mann fingerte noch immer an seiner Brille herum, nervös, wie ihr schien.
»Wie bezahlen die Fahrer, wenn sie tanken?«
Er drückte den Knopf an seinem Mikrofon.
»Wie bitte?«
»Wie bezahlen die Fahrer, wenn sie tanken?«
Er überlegte.
»In den Wagen sind Tankkarten. Hören Sie, damit befassen wir uns nicht …«
»Wir haben aber keine Tankkarte in dem Wagen gefunden. Was für Karten sind das?«
»Ich weiß es nicht. Wir sind hier für die Sicherheit zuständig. Mit Geld haben wir nichts zu tun. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen …«
»Ich verstehe. Aber Sie können ja nachsehen. Welche Tankstellen normalerweise angefahren werden.«
»Ich soll nachsehen?«
»Ja.« Sie lächelte. »Dann lass ich Sie auch in Ruhe.«
Er saß da, auf seinem kleinen Hocker, das Gesicht blass und kläglich, die Finger an der Brille.
»Versprochen«, sagte sie.
Die Daten standen in einem Buch auf seinem Schreibtisch. Er kritzelte etwas auf einen Zettel und schob ihn unter der Scheibe durch.
»Noch was?«, fragte er.
»Im Moment nicht. Danke.«
Meyer und seine Leute gingen mit Schutzhelmen auf dem Kopf über das Gelände neben der Schule, auf dem der Anbau entstehen sollte.
»Redet mit allen Arbeitern«, wies er sie an. »Fragt, wann sie gekommen sind. Wann sie gegangen sind. Ob ihnen was aufgefallen ist. Und wenn ihr damit fertig seid, redet mit dem Reinigungspersonal. Danach …«
Sein Handy klingelte.
Lund.
»Kommst du jetzt zur Schule oder nicht? Wir haben hier jede Menge zu tun.«
»Es gab eine Tankkarte für den Wagen. Die Karte hab ich nicht, aber ich hab die Nummer.«
Eine Pause. Verkehrsgeräusche. Er sah sie vor sich, wie sie mit dem Telefon jonglierte, in ihren Zetteln kramte, den Wagen steuerte, alles gleichzeitig.
»Die Karte wurde an dem Freitagabend um neunzehn Uhr einundzwanzig benutzt. An der Tankstelle in der Nyropsgade.«
»Wo?«
»Zwei Minuten vom Rathaus.«
Meyer schwieg.
»Die schicken uns ihre Überwachungsvideos«, sagte sie.
»Du hast doch gehört, was Buchard gesagt hat.«
Sie antwortete nicht.
»Kannst du dich da nicht allein drum kümmern?«, fragte er und bereute es sofort.
»Sicher«, erwiderte sie in dem
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