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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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liebsten gefragt. Las er denn keine Zeitung? Merkte er nicht, dass der Zeitpunkt denkbar ungünstig war? Aber er war nun einmal Banker. Ein Mann im eleganten Anzug. Bestimmt mit einem großen Haus in einem angesagten Vorort. Es war sein Job, kleine, ums Überleben kämpfende Firmen in Vesterbro ins Visier zu nehmen. Die Umstände zählten da nicht. Nur die Kronen auf der Bank.
    »Das geht aber nicht mehr lange so.«
    »Das darf es auch nicht. Die Belastung ist zu hoch für Sie. Also …«
    »Also was?«
    »Wann können Sie das Haus verkaufen?«
    Einer der Männer kam herein und sagte: »Die Ladebühne vom großen Wagen hängt.«
    Was würde Theis tun? Was würde Vagn sagen?
    »Dann macht zwei Fuhren mit dem kleinen. Wir können die Tour nicht ausfallen lassen.«
    »Dann kommen wir mit der nächsten in Verzug.«
    Sie sah ihn schweigend an. Er ging.
    »Wir können den Kredit ruhen lassen«, sagte der Banker. »Dann müssen Sie diesen Monat nichts abzahlen. Aber …«
    Sie dachte an Fahrzeuge, an Fuhren und Termine. Man muss nur hart genug arbeiten, dann kommt das Geld schon rein. Das sagte Theis immer.
    »Pernille? Ihr Konto ist stark überzogen. Die Bestattungskosten … Wir brauchen …«
    »Geld?«, fragte sie. »Eine zusätzliche Sicherheit?« Sie sah sich im Büro um, ließ den Blick über das Lager schweifen, die Männer draußen. »Das alles gehört doch sowieso schon Ihnen. Was kann ich Ihnen denn noch anbieten?«
    »Sie brauchen einen Finanzierungsplan. Sonst …«
    »Theis ist bald wieder da«, sagte sie mit fester Stimme. »Er wird schon eine Lösung finden. Wie immer.«
    »Pernille …«
    »Sie können doch warten, bis Theis zurück ist, oder nicht? Oder wollen Sie mir die Papiere auf dem Friedhof unter die Nase halten, wenn ich Nannas Urne in die Erde senke?«
    Das gefiel ihm nicht. Es war auch grausam, dachte sie.
    »Ich versuche nur zu helfen.«
    Ihr Handy klingelte.
    »Sie kriegen Ihr Geld schon. Entschuldigung, da muss ich ran.«
    Es war Theis. Er rief aus dem Gefängnis an. Sie ging in einen ruhigen Winkel der Garage.
    »Hallo.«
    »Bist du okay, Theis?«
    »Ja.«
    Sie versuchte, sich ihn dort vorzustellen. Hatten sie ihn in Sträflingskleidung gesteckt? Bekam er genug zu essen? Würde es Streit geben? Sein Jähzorn …
    »Wie geht’s den Jungs?«
    Er hörte sich an wie ein gebrochener alter Mann.
    »Gut. Sie warten darauf, dass du nach Hause kommst.«
    Ein langes, mühsames Luftholen, dann sagte er: »Ich komm heute nicht nach Hause.«
    »Wann lassen sie dich raus?«
    »Die wollen mich in U-Haft behalten.«
    Ein paar Arbeiter standen an einem der Transporter. Auch da gab es Probleme.
    »Wie lange?«
    »In einer Woche muss ich noch mal zum Haftrichter. Vielleicht komm ich dann raus.«
    Sie wusste nichts zu sagen.
    »Es tut mir leid wegen …«
    Sie hatte ihn nie weinen sehen. Nicht einmal, als seine Mutter gestorben war. Bei Theis spielte sich alles im Innern ab, verborgen, eingeschlossen in Schweigen. Aber die Emotionen waren da. Pernille hatte gelernt, sie wahrzunehmen, zu spüren. Hätte nie gedacht, dass sie sich einmal offen zeigen würden.
    »Ich muss Schluss machen, Schatz«, sagte er.
    Sie schluckte die Tränen hinunter, für ihn, für sich selbst, für Nanna und die Jungs. Für die ganze traurige, graue Welt. Auch Pernille hatte keine Worte, und das war das Schlimmste, die größte Sünde überhaupt.
    »Mach’s gut«, sagte er und legte auf.
    Lund ging in die braune Backsteinfestung des Rathauses, fand die Stelle, die für den Fuhrpark zuständig war. Stand da in ihrer blauen Jacke, in Jeans und Wollpullover und sprach mit einem gereizten alten Mann in Uniform, der offensichtlich der Meinung war, er habe Besseres zu tun. Die Tiefgarage wurde aus einer Sicherheitszentrale neben der Ausfahrt überwacht. Aus unerfindlichen Gründen war zwischen ihr und dem Mann eine Glasscheibe. Auf den Überwachungsmonitoren sah man die an ein Gefängnis erinnernden Rathausflure, die Büros der Beamten, das Erdgeschoss, die Tiefgarage.
    »Wir haben zu tun«, sagte der Wachmann.
    »Es dauert nicht lange. Ich möchte nur sehen, wie das System hier funktioniert.«
    Er sah aus, als hätte er hier schon gearbeitet, als das Rathaus vor über hundert Jahren erbaut worden war. Ein ernst blickender Mann Mitte sechzig mit einer Halbbrille, an der er ständig herumfingerte, und einem silbernen Haarkranz um die Glatze. Wichtigtuerisch in seinem blauen Dienstpullover, als sei das aufgenähte goldene Stadtwappen – drei

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