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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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entlassen«, sagte Bremer und schielte nach der Kamera. »Und das ist das Ende der Geschichte. Und deins.«
    Hartmann beugte sich zu ihm und flüsterte: »Spürst du schon, wie die Welt unter dir zerbröselt, alter Mann?« Er blickte in seine zusammengekniffenen grauen Augen. »Du bist wie ein seniler Schauspieler, der nicht wahrhaben will, dass es Zeit ist, von der Bühne abzutreten. Der Einzige, der es nicht einsieht. Eine tragische Figur irgendwie.«
    Er legte eine Pause ein.
    »Und wenn es vorbei ist, Poul, werden die Leute dich vergessen. Was du warst. Wofür du gestanden hast. Du wirst nur ein kleines schmuddeliges Detail in der Geschichte dieser Stadt sein. Keine Gedenktafeln. Keine nach dir benannten Straßen. Keine Denkmäler. Keine Blumen auf deinem Grab. Nur ein peinliches Gefühl der Scham.«
    Bremer starrte ihn mit offenem Mund ungläubig an, schockiert, sprachlos.
    »Meinst du, du kannst deine Haut retten, indem du irgendwelche Zeugen aus dem Hut zauberst?«, fragte Hartmann lächelnd. »Wie erbärmlich!«
    Jemand rief »eine Minute«. Die Beleuchtung ging an.
    »Du hast dein Haus auf Lügen gebaut, und jetzt brennt es an allen Ecken. Nicht lange, und du wirst vor lauter Flammen die Welt nicht mehr sehen. Und dann nur noch Schlacke und Asche. Du bist Vergangenheit.«
    Er stand auf und setzte sich an seinen Platz. Bremer sah ihn voller Hass und Erbitterung an.
    »Und du? Bist du vielleicht besser?«
    »Ja«, sagte Hartmann. »Allerdings.«
    »Dann sag mir doch, wie deiner Meinung nach das Überwachungsband verschwunden ist. Wie war es möglich, dass die Parteiwohnung mit dem Mord an dem armen Mädchen in Verbindung gebracht wurde, und keiner hat was gemerkt, keiner von euch?«
    Hartmann schaute auf seinen Notizblock und malte Männchen darauf.
    »Wer hat das Band genommen, Troels, und es nicht herausgegeben, obwohl es dich offenbar entlastet hätte? Und wieso bekommt Skovgaard auf einmal einen Hinweise auf Gert Stokke?«
    Keine Antwort.
    »Du bist kein bisschen besser als ich«, giftete Bremer. »Du willst es nur nicht wahrhaben.«
    Die Moderatorin ging an ihnen vorbei, nahm Platz und sagte: »Wir sind gleich auf Sendung.«
    Noch mehr Licht. Die Kameras wurden ausgerichtet, die Objektive scharfgestellt. Poul Bremer lächelte. Troels Hartmann ebenfalls.
    Zwei Polizeitaucher im kalten, schlammigen Wasser des Kanals auf dem Kalvebod Fælled, dunkel glänzende Gestalten im Licht der Scheinwerfer. Lund und Meyer sahen zu, wie eine Trage an Seilen hinabgelassen wurde. Die Männer oben zogen etwas an die Oberfläche. Es sah aus wie ein menschengroßes verpupptes Insekt. In blauer Plastikplane. Mit Klebeband verschnürt. Vier Beamte der Spurensicherung legten das Bündel ans Ufer. Der diensthabende Pathologe stand in einem weißen Schutzanzug bereit, neben sich den Arztkoffer. Mit einem Skalpell machte er einen Schlitz in die Plastikumhüllung und zog sie halb auf.
    »Alle zartbesaiteten Gemüter sollten jetzt zurücktreten«, sagte er, aber niemand rührte sich.
    Gestank nach verfaultem Fleisch und fauligem Wasser. Im Licht von Taschenlampen tauchten gelbe Knochen auf. Rippen und ein Schädel. Brix stand wartend oben auf der Uferböschung. Lund blieb so nahe dran, wie der Pathologe sie ließ.
    »Da«, sagte sie und zeigte auf eine auffällige Stelle. »Was ist das? Kratz da mal dran.«
    »Das ist nicht die Leiche.«
    »Das sehe ich selbst.«
    Mit dem Rücken des Skalpells wischte er den Schmutz von dem Plastikband. Ein Wort tauchte auf. Blaue Blockbuchstaben. MERKUR, mit einem nach links abstehenden Flügel. Lund ging zum Wagen zurück.
    Auf der Fahrt durch die dunkle Nacht bekam Meyer einen Anruf aus der Zentrale.
    »Ja?«, sagte er.
    »Ich glaube, die haben rausgekriegt, wovon Vagn geredet hat. Vor 21 Jahren hat es in Christiania einen Vorfall gegeben. Wahrscheinlich im Zusammenhang mit Drogen oder so. Vagn wurde übel zugerichtet. Hätte dabei draufgehen können.«
    »Theis ist dazwischengegangen«, sagte Lund.
    »Manchmal überlege ich, warum du überhaupt Fragen stellst.«
    Es war nicht weit nach Vesterbro. Skærbæk wohnte in einem städtischen Wohnblock nicht weit vom Schlachthofviertel.
    »Da musste etwas sein, was sie miteinander verband.«
    »Aber wieso hätte Vagn dann seine Tochter umbringen sollen?«
    »Fragen wir ihn doch selbst«, sagte sie.
    Es war ein hässlicher weißer Wohnblock, drei Stockwerke mit einem Supermarkt im Untergeschoss. Am Ende der Straße warteten Prostituierte auf Kundschaft.

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