Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
fahren nachher mit den Jungs rüber«, sagte Pernille. »Anton ist nicht erbaut davon, dass wir hier wegziehen. Deshalb wollen wir’s ihm so leicht wie möglich machen.«
Das Telefon klingelte. Sie ging ran. Die Tasche mit Skærbæks roter Latzhose stand mitten auf dem Tisch. Er legte die Hand darauf.
»Haben wir nicht in einer Viertelstunde einen Auftrag?«, fragte Vagn Skærbæk.
»Stimmt«, sagte Birk Larsen mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln.
Pernille kam zurück.
»Das war die Anwältin. Die Polizei will herkommen und die Wohnung durchsuchen. Sie wollen sehen, ob Leon hier gewesen ist.«
»Himmelherrgott.« Birk Larsen schlug mit der Faust auf den Tisch, die Fotos, die Gesichter. »Es steht mir bis hier, dass diese Typen ständig hier rumschleichen. Lass sie nicht rein. Vagn!«
Skærbæk trank seinen Kaffee aus und nahm die Tasche vom Tisch. Ging hinter ihm die Treppe hinunter.
Frevert war unterwegs, zurück in die Innenstadt. Sie hatten einen Bericht bekommen, dass er an einem Geldautomaten am Toftegårds Plads in Valby etwas abzuheben versuchte.
»Wir waren zwei Minuten später dort«, erzählte Svendsen dem Team im Besprechungszimmer. »Weg …«
»Behaltet die Parks im Auge«, ordnete Lund an. »Seht euch die Unterkünfte an. Achtet auf …«
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Sie nahm ab. Die Vermittlung: Jemand wollte sie persönlich sprechen.
»Spreche ich mit Lund?«
»Ja.«
»Hier ist Leon Frevert.«
Lund hielt inne und formte mit dem Mund ein Wort: »Orten.«
»Wo sind Sie?«
»Egal. Ich hab gerade diesen ganzen Mist im Radio gehört.«
Svendsen lief an den nächsten Laptop, tippte etwas ein, griff nach dem Headset.
»Ich hab das Mädchen nicht umgebracht. Was soll der Quatsch?«
»Wir müssen mit Ihnen reden, Leon.«
»Sie reden ja mit mir. Ich hab sie nicht umgebracht. Verstanden?«
»Okay. Wir sollten uns irgendwo treffen.«
»Und ich hab auch noch nie wen erschossen.«
»Aha. Es gibt für alles ein erstes Mal, heißt es.«
Er war außer sich.
»Ich hab Ihnen gesagt, dass ich sie an dem Abend mit dem Taxi abgesetzt hab. Und ich hab Ihnen das mit dem Bahnhof gesagt.«
»Und uns verschwiegen, dass Sie sie kannten, Leon.«
Svendsen schien etwas zu haben. Er signalisierte mit der Hand.
»Sie wissen überhaupt nichts, stimmt’s?«
»Nein. Aber sagen Sie’s mir doch. Wo sind Sie? Ich komme hin. Ich allein. Dann können wir reden. Uns geht’s nur um die Wahrheit.«
Stille. Dann ein Klicken.
»Leon? Hallo?«
Svendsen tippte wieder etwas ein, riss sich das Headset vom Kopf.
»Er ist auf dem Roskildevej. Zwei, drei Kilometer außerhalb. Genauer geht’s nicht. Er hat gerade sein Handy ausgeschaltet.«
»Warum hat er so lange gesprochen?«, fragte Lund.
»Er weiß ja nicht, dass wir ihn zu orten versuchen«, sagte Svendsen.
»Warum hat er dann das Handy ausgeschaltet?«
Svendsen sah sie finster an.
»Also, was ist jetzt?«
»Der Roskildevej …«, begann Svendsen.
»Der Roskildevej ist drei Kilometer lang, wir haben keinen Hinweis, wo genau er ist oder was für ein Auto er fährt. Bringt mir den Bruder.«
»Okay! Okay!«
Svendsen stürmte kopfschüttelnd hinaus. Lund blieb am Tisch sitzen. Sah sich die Fotos an den Wänden an. Nanna und Mette Hauge.
Leon Frevert. Ein magerer, grauer Einzelgänger.
Der rote Transporter war voll mit den Sachen der Jungs. Modellflugzeuge, Plastik-Dinosaurier, Bälle, Spielzeugkisten und Poster für die Wände. Der Auftrag davor hatte doch um einiges länger gedauert. Die Straße nach Humleby war durch ein liegengebliebenes Auto blockiert. Vagn Skærbæk schrie den Fahrer an, er solle Platz machen, als Birk Larsens Handy klingelte.
Pernille.
»Wo ist dieser Dinosaurier-Laden?«, fragte er sofort. »Wir haben nicht genug Sachen für Antons Zimmer. Wir wollten noch ein paar Überraschungen dazutun.«
»Du kannst mit den Jungen nicht in das Haus, Theis.«
»Warum nicht?«
»Die Polizei durchsucht es gerade.«
»Was?«
»Sie suchen überall, wo Leon einmal gearbeitet hat.«
»Ich hab die Schnauze voll von diesem Scheiß«, sagte Birk Larsen. »Das ist unser Haus.«
»Theis …«
Er legte auf.
»Probleme?«, fragte Skærbæk.
»Das krieg ich schon in den Griff.«
Sie brauchten noch zehn Minuten. Drei Zivilbeamte, die er noch nie gesehen hatte, waren im Wohnzimmer unten, durchsuchten Taschen mit Habseligkeiten und leerten schwarze Plastiksäcke mit Baumaterial auf den Boden aus. Birk Larsen stapfte hinein und
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