Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
ist mir auch egal. Wir müssen uns um wichtigere Dinge kümmern.« Webers Miene hellte sich auf. »Ich hab auch eine gute Nachricht.«
»Ja?«
»Bremer hat gerade Philipp Bressau gefeuert.« Er zuckte die Schultern. »Ich hab keine Ahnung, warum. Er ist einer der Besten in seinem Team. Ich würde so jemanden nicht sechs Tage vor einer Wahl verlieren wollen.«
Hartmann wusste nicht, was er davon halten sollte.
»Du siehst gut aus, Troels«, sagte Weber. »Lächle in die Kamera und bleib ruhig. Heiz dem alten Mistkerl richtig ein.«
Draußen in dem langen Flur, neben der braun gefliesten Treppe. Das Handy klingelte.
»Troels! Ich sollte dich anrufen.«
Es war Salin.
»Ich hab mit den Anwälten geredet, Erik. Wir verklagen dich persönlich, wenn du irgendeine dieser Lügen druckst. Und die Zeitung auch.«
Salin lachte.
»Ich will dir doch bloß helfen. Wann verstehst du das endlich?«
»Scheint mir irgendwie entgangen zu sein.«
»Du bist ein Idiot. Du weißt, dass jemand fleißig Sachen vertuscht hat. Vielleicht ohne dein Wissen, schon möglich. Aber er hat’s getan.«
»Es reicht. Keine Anrufe mehr. Keine Fragen. Keine Kommunikation. Kapiert?«
Er blieb oben an der breiten Treppe stehen, unter den eisernen Lampen, an dem Gemälde einer Seeschlacht, das fast die ganze lange, hohe Wand einnahm.
Rie Skovgaard stand am Fuß der Treppe, im Mantel, auf dem Weg nach draußen. Ebenso Philipp Bressau. Auf dem blauen Teppich mit dem Wappen von Kopenhagen – drei Türme mit Wellen darunter. Sie stritten. Heftig. Bressau streckte die Hand aus und packte Rie am Kragen, dann an ihrem roten Halstuch. Sie wich zurück, beschimpfte ihn. So fuchsteufelswild hatte Hartmann sie noch nie erlebt.
»Hartmann?« Salins Stimme im Telefon. »Bist du noch dran?«
Skovgaard stürmte davon. Bressau blieb stehen und schrie ihr Beleidigungen nach, während sie dem Ausgang zustrebte. Dann nahm er seinen Aktenkoffer. Sah sich um. Schaute die hohe Treppe hinauf, sah Hartmann. Runzelte die Stirn, entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung, auf den Haupteingang zu.
»Du hast ja gehört, was ich gesagt hab«, sagte Hartmann und beendete das Gespräch.
Martin Frevert saß in Lunds Büro und wurde unter ihren Fragen immer kleinlauter.
»Wir haben sämtliche Details. Sie haben im Internet einen Leihwagen gebucht. Er wurde an einer Tankstelle bei Valby abgeholt.«
»Na und? Der war für meine Firma.«
»Wo ist Ihr Bruder?«
»Hab ich doch schon gesagt. Ich weiß es nicht.«
Auf dem Schreibtisch Papiere. Lund schob sie ihm hin.
»Sie haben auf der Bank 32.000 Kronen abgehoben. War das auch für Ihre Firma? Ich hab keine Zeit für solche Mätzchen. Ich kann Sie auf der Stelle wegen Mittäterschaft in einem Mordfall einsperren lassen, wenn Sie das wollen. Sie können aber auch uns allen Zeit sparen.«
Schweigen.
»Na gut«, sagte sie. »Es reicht. Wir behalten Sie hier.«
»Ich hab ihm das Geld nicht gegeben!«
Er zog einen Umschlag aus seinem Jackett. Warf ihn ihr hin.
»Gut. Wo treffen Sie sich mit ihm?«
»Hören Sie zu. Leon ist ein bisschen eigen, aber er hat das Mädchen nicht umgebracht. Er könnte niemandem was tun.«
»Was glauben Sie, wie oft ich das höre? Wo treffen Sie sich mit ihm?«
Schweigen.
»Gestern Abend ist mein Partner niedergeschossen worden«, sagte Lund. »Wenn Sie Ihrem Bruder helfen möchten, sollten Sie dafür sorgen, dass wir ihn eher finden als …« Sie zeigte aufs Fenster. »… irgendjemand da draußen.«
»Vor Ihnen hat er keine Angst.«
»Vor wem dann?«
»Ich weiß es nicht. Leon hat sich in irgendwas reinziehen lassen. Er ist nicht der Hellste. Wenn er eine Gelegenheit sieht …«
»In was hat er sich reinziehen lassen?«
»Ich glaube, da ist irgendein Schmuggel gelaufen. Als ich mit ihm gesprochen habe, hatte er Befürchtungen deswegen.«
»Nicht wegen uns?«
»Nein.« Das sagte er mit Nachdruck. »Leon hat gesagt, er hätte versucht, Ihnen zu helfen. Nur hätten Sie immer wieder alles vermasselt.«
»Wo treffen Sie sich mit ihm? Und wann?«
»Er ist mein Bruder. Ich will nicht, dass ihm was passiert.«
»Ich auch nicht. Wo ist er?«
Martin Frevert ließ den Umschlag nicht aus den Augen. Lund sah auf ihre Uhr.
Das Haus in Humleby lag im Dunkeln. Es sah zu groß und zu kalt aus, zu staubig und zu kahl für einen Siebenjährigen mit einer regen Phantasie. Anton trat durch die Tür und ging vorsichtig über die ausgebreiteten Folien. Er horchte. Sie sprachen davon, was alles
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