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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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hatte sie auch so einen an«, sagte Meyer.
    »Schön.«
    »Das nicht gerade. Sie lag in einem Sarg. Ich hasse Beerdigungen. Sie sind so …« Er hupte einen Radfahrer an. »Endgültig.«
    »Das hast du dir doch ausgedacht«, sagte Lund, und er antwortete nicht.
    Die Färöer-Inseln waren grün und friedlich. Eine ruhige, verschlafene Welt, weit weg von der schmutzigen Stadtlandschaft Kopenhagens.
    »Ein verstohlener Blick auf deine Titten war ja wohl nicht drin. Ich meine …«
    Sie hörte nicht mehr zu, ließ ihn weiterreden. Das Thema aus dem System kriegen.
    In der grünen Welt der Färöer passierte nicht viel. Die Menschen hatten ihr Auskommen. Die Jahreszeiten kamen und gingen. Die Kühe furzten. Wie in Sigtuna.
    »Wo fahren wir hin, Meyer?«
    »Lynge war seit gestern Abend nicht mehr in seiner Wohnung. Er hat eine Schwester. Sie hat einen Friseursalon in Christianshavn. Er war heute Morgen bei ihr. Die Sache ist übel ausgegangen.«
    Meyer grinste sie an.
    »Manche Männer sind so.«
    Lynges Schwester war eine gutaussehende Frau mit langen glatten Haaren und einem traurigen Gesicht.
    »Wo ist er?«, fragte Meyer.
    »Keine Ahnung. Er ist mein Bruder. Ich hab ihn mir nicht ausgesucht.«
    Lynge hatte in einer Seitenstraße auf sie gewartet, als sie am Morgen den Salon aufgeschlossen hatte. Hatte sich hineingedrängt. Schlechtes Timing. In der Kasse waren nur fünftausend Kronen gewesen. Er hatte das Geld eingesteckt und den Laden ein bisschen verwüstet. Jetzt wischte die Schwester Shampoo und Pflegespülung auf. Lund ging herum, überließ die Fragen Meyer.
    »Wohin könnte er gegangen sein?«
    »Ich erkenne ihn gar nicht mehr wieder. Er ist krank.«
    »Das wissen wir.«
    »Nein.« Sie tippte sich an die Schläfe. »Nicht nur da oben. Er ist krank. Richtig krank. Er müsste ins Krankenhaus.« Sie hörte auf zu wischen. »So schlimm hab ich ihn noch nie erlebt. Dabei ging’s nur um Geld. Stecken Sie ihn nicht ins Gefängnis. Nicht nochmal. Sonst dreht er vollends durch.«
    »Hat er denn jemanden, wo er hinkann? Eine Freundin?«
    »Es will doch niemand mehr was mit ihm zu tun haben. Nach dem, was er getan hat.« Sie zögerte. »Höchstens diese Frau.«
    »Welche Frau?«, fragte Lund.
    »Die vom Besuchsdienst im Gefängnis.« Die Schwester runzelte die Stirn. »Sie wissen schon. Fromme Leute. Geben nie auf. Sie hat mich vor ein paar Wochen angerufen. Wollte unbedingt, dass ich wieder Kontakt mit ihm aufnehme. Hat gemeint, das hilft.«
    Sie warteten.
    »Aber das würde nichts nützen. Ich kenne ihn. Außerdem …« Sie sah sich in dem kleinen Salon um. »Ich hab mein eigenes Leben. Und ein Recht darauf, oder nicht?«
    Meyer nahm eine Haarbürste, spielte damit.
    »Wissen Sie noch ihren Namen?«
    »Nein. Sie war von so einer Gefangenenbetreuung, glaub ich.«
    Die Schwester sah Lund an.
    »Er hat das Mädchen aus den Nachrichten ermordet, nicht wahr? Ich wusste, dass irgendwann so was passiert. Die hätten ihn nicht rauslassen dürfen. Er hatte solche Angst.«
    »Die wird er haben, wenn ich ihn erwische«, murmelte Meyer.
    Die Frau schwieg.
    »Was ist?«, fragte Lund.
    »Heute Morgen. Da war er völlig verängstigt. Ich meine … Ich weiß auch nicht.«
    »Wir müssen ihn finden. Wir müssen mit ihm reden.«
    Sie begann wieder zu wischen.
    »Viel Glück«, sagte sie.
    Draußen. Dauerregen.
    »Nimm meinen Wagen. Schick jemanden zu diesem Besuchsdienst«, sagte sie zu Meyer. »Dann ruf mich an.«
    »Wo willst du hin?«
    Sie hielt ein Taxi an und war weg.
    Mathilde Villadsen war sechsundsiebzig, halbblind, lebte mit ihrem Kater Samson und ihrem zweitbesten Freund, dem Radio, in einem alten Wohnblock. Musik aus den Fünfzigern spielte, ihrem Jahrzehnt.
    Die Swingband wurde von den Nachrichten unterbrochen.
    »Die Polizei verhängte eine Nachrichtensperre …«, begann der Sprecher.
    »Samson?«
    Es war Zeit, ihn zu füttern. Die Dose war geöffnet. Das Futter im Napf.
    »… über den Fall Nanna Birk Larsen, die am Montag tot aufgefunden wurde.«
    Sie stellte das Radio ab. Es war kalt in der zugigen Wohnung. Sie hatte die Sachen an, die sie fast den ganzen Winter über trug: eine lange blaue Strickjacke und um den faltigen Hals einen dicken Schal. Heizen war schrecklich teuer. Sie war ein Fünfziger-Jahre-Mädchen. Kleine Entbehrungen waren ein Kreuz, das sie tragen konnte.
    »Samson?«
    Der Kater miaute draußen vor der Katzenklappe. Sie schlurfte in ihren alten Pantoffeln zur Wohnungstür, löste die Kette. Es war

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