Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Öffentlichkeit gehen sollen«, sagte sie. »Jetzt müssen wir mühsam aus der Welt schaffen, was wir schon im Keim hätten ersticken können.«
»Da steckt Bremer dahinter.«
»Eher jemand bei der Polizei. Woher sollte Bremer davon wissen?«
»Zwölf Jahre auf diesem glattgewetzten Thron. Vielleicht arbeitet das Polizeipräsidium ja auch für ihn.«
Eine Stretchlimousine fuhr vorbei. Bremer ließ das Fenster herunter, grinste, winkte ihnen huldvoll zu wie ein König seinen Untertanen.
»Der hat jemanden dort«, murmelte Hartmann. »Wir müssen rauskriegen, wer es ist.«
Zehn Minuten später fuhr der Wagen vor dem Rathaus vor. Sofort waren sie von Reportern und Kameraleuten umringt.
»Du sagst, was wir ausgemacht haben«, sagte Skovgaard. »Bleib ruhig und souverän. Lass dich nicht provozieren. Weich nicht vom Konzept ab.«
»Wessen Konzept?«, fragte er, und dann versuchten schon viele Hände, die Türen aufzureißen.
Es goss unaufhörlich. Hartmann drängte sich durch das Gewühl zur Eingangstreppe durch. Er hörte sich die Fragen an, dachte darüber nach.
»Herr Hartmann? Welche Verbindung besteht zwischen Ihnen und Nanna Birk Larsen?«
»Wo waren Sie am Freitag?«
»Was haben Sie zu verbergen?«
Ein Durcheinander feindseliger Stimmen. An der Tür angelangt, blieb er stehen. Mikrofone und Rekorder wurden ihm hingehalten. Was er jetzt sagte, würde Minuten später im Radio kommen. Für immer eingefangen, in Zeitungen wiederholt, im Internet jederzeit abrufbar. Er wartete, bis sie zuhörten, und sagte dann so ruhig und staatsmännisch wie möglich: »Eine junge Frau wurde unter tragischen Umständen in einem Wagen aufgefunden, den mein Wahlkampfbüro gemietet hat. Mehr ist an der Geschichte nicht dran. Die Polizei hat uns ausdrücklich gebeten, mit Rücksicht auf die Ermittlungen noch nichts zu sagen. Ich würde aber trotzdem gerne …«
»Seit wann wissen Sie davon?«, rief eine Frau.
»Ich kann nur betonen, dass keiner aus unserer Partei und auch niemand aus unserem Umfeld in diesen Fall verwickelt ist. Mehr kann ich dazu im Moment …«
»Können Sie ausschließen, dass Sie aus Rücksicht auf den Wahlkampf Informationen zurückgehalten haben?«
Hartmann musterte den Fragesteller: ein untersetzter kahlköpfiger Mann um die fünfunddreißig, eine Zigarette im grinsenden Mund.
»Wie bitte?«
Der Mann schob sich näher an ihn heran.
»Kommen Sie, Hartmann, das ist doch keine so schwere Frage«, plärrte er durch den Wald der Aufnahmegeräte. »Schließen Sie aus, dass Sie bewusst die Öffentlichkeit getäuscht haben, um Stimmen zu gewinnen? Müssen wir uns auf solche Taktiken der Liberalen Partei einstellen?«
Hartmann überlegte nicht lange. Bevor Skovgaard ihn zurückhalten konnte, war er schon bei dem Mann und packte ihn am Kragen. Dem Kerl verging das Grinsen trotzdem nicht.
»Ja«, sagte Hartmann, das Gesicht dicht vor dem des Mannes. »Das schließe ich allerdings aus.« Pause. Er ließ den Mann los und strich ihm über den Kragen, als sei das Ganze ein Scherz gewesen. »Das hat nichts mit Politik zu tun. Dieses Mädchen …«
Er wich vom Konzept ab. Er drohte unterzugehen.
»Troels?«, sagte Skovgaard.
»Das Mädchen …«
Kameras blitzten. Ein Kranz von Aufnahmegeräten schloss sich um ihn. Der Journalist, den er beinahe geschlagen hatte, zückte seine Karte und schob sie ihm zwischen die Finger.
»Troels?«
Er ging unter.
Sie packte ihn am Arm und zog ihn wortlos weg, durch die Tür, in den Vorraum, durch den Innenhof und ins Rathaus, bis sie hinter den Festungsmauern in Sicherheit waren. Hartmann spürte das Papier in seiner Hand. Schaute darauf. Es war eine Visitenkarte. Nur eine Handynummer. Und ein Name.
Erik Salin.
Den ganzen Abend hatte sie im dunklen Wohnzimmer gesessen und ferngesehen, von einer Nachrichtensendung zur nächsten gezappt. Jetzt liefen die Spätnachrichten.
»Troels Hartmann arbeitet mit der Polizei zusammen, um sie bei der Aufklärung des Mordes zu unterstützen«, hieß es in dem Bericht. »Er bestreitet jede Verbindung zu dem Mädchen und dem Verbrechen.«
Seine Plakate hingen überall. Auffallend, gutaussehend, eher ein Schauspieler als ein Politiker. Und auf allen sah er traurig aus, fand sie. Hinter ihr ein Geräusch. Sie drehte sich nicht um. Er ließ sich neben ihr schwer auf den Teppich fallen.
»Das Auto hat diesem Politiker gehört«, sagte Pernille. »Sie suchen nach einem Fahrer.«
Er hatte den Kopf in die Hände gestützt. Sagte
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