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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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wiedergutzumachen. »Sie sind ein geschickter Mann, Monsieur Lecoq«, sagte er zu dem Detektiv. »Ohne von Ihrem so überraschenden Weitblick zu sprechen, den man ja fast als die Gabe des zweiten Blicks ansehen könnte; auch Ihr Verhör eben ist ein Meisterstück gewesen. Empfangen Sie also meinen Glückwunsch. Selbstredend werde ich mich bei Ihren Vorgesetzten für Sie verwenden.«
    Angesichts dieser Komplimente senkte der Beamte der Sûreté den Blick wie eine Jungfrau. Insgeheim dachte er jedoch: Na endlich würdigt dieser knochentrockene Verwaltungsmensch die Behörde, deren schönster Schmuck unsereiner ist und die er verabscheut.
    Laut sagte er dagegen: »Ich kann nur die Hälfte des Lobs für mich verbuchen, die andere gebührt dem Herrn Friedensrichter.«
    Vater Plantat wollte protestieren.
    Â»Oh«, meinte er, »nur unbedeutende Hinweise. Ohne mich wären Sie auch ans Ziel gekommen.«
    Der Untersuchungsrichter hatte sich erhoben. Nobel, aber doch mit einer gewissen Überwindung, streckte er Monsieur Lecoq die Hand entgegen, die dieser respektvoll schüttelte.
    Â»Sie ersparen mir«, sagte er, »einen ganzen Sack von Vorwürfen. Gewiß wäre Guespins Unschuld früher oder später erkannt worden; aber die Vorstellung, einen Unschuldigen im Gefängnis zurückgehalten und ihn meinen Verhören ausgesetzt zu haben, hätte lange mein Gewissen belastet und meinen Schlaf beeinträchtigt. Ich werde noch heute seinen Haftbefehl aufheben.«
    Â»Das wäre gewiß ein Akt der Barmherzigkeit«, meinte Monsieur Lecoq. »Aber trotzdem soll die Pest über ihn kommen. Er hätte meine Aufgabe erleichtern können! Der Zufall hat mir geholfen, die wesentlichen Fakten zu rekonstruieren, auf den Gedanken mit der Besorgung zu kommen und die Beteiligung einer Frau zu vermuten; aber das ist auch alles. Inwiefern ist Miß Fancy in die Sache verwickelt? Hat sie etwa gar eine Rolle gespielt, deren Absicht ihr verborgen geblieben ist? Wo hat sie sich mit Guespin getroffen? Was hat sie mit ihm beredet? Offenbar hat sie den armen Teufel so betrunken gemacht, daß er nicht mehr zur Hochzeit gehen konnte. Trémorel muß ihr irgendeine Geschichte erzählt haben. Aber welche?«
    Â»Ich glaube«, fiel da der Friedensrichter ein, »daß sich Trémorel nicht die Mühe gemacht haben dürfte, etwas zu erfinden. Er wird Guespin und Jenny mit einer Besorgung beauftragt haben, ohne ihnen dafür eine Erklärung zu geben.«
    Monsieur Lecoq dachte nach. »Vielleicht haben Sie recht«, sagte er schließlich. »Jenny muß besondere Anweisungen erhalten haben, um Guespin daran zu hindern, sich ein Alibi zu verschaffen.«
    Â»Nun«, meinte Monsieur Domini, »diese Jenny wird uns alles erklären.«
    Â»Das hoffe ich, Herr Untersuchungsrichter, wie ich auch hoffe, daß ich sie in den nächsten achtundvierzig Stunden ausfindig gemacht und nach Corbeil gebracht habe.«
    Mit diesen Worten erhob er sich und griff zu Stock und Hut, die er beim Eintreten in einer Ecke abgestellt hatte. »Bevor ich mich empfehle...«, sagte er zu dem Untersuchungsrichter.
    Â»Ja, ich weiß«, kam ihm Monsieur Domini zuvor, »Sie erwarten den Haftbefehl für Monsieur de Trémorel.«
    Â»So ist es«, erwiderte Monsieur Lecoq, »da der Herr Untersuchungsrichter jetzt gewiß wie ich der Meinung ist, daß er noch am Leben ist.«
    Â»Ich bin davon überzeugt, Monsieur Lecoq, ich bin davon überzeugt.«
    Und indem er sich auf seinem Schreibtischsessel nach vorn beugte, nahm der Untersuchungsrichter eines jener schrecklichen Papiere vom Schreibtisch, das sich Haftbefehl nennt.
    Seitens des Gesetzes
    WIR
    Untersuchungsrichter an der Ersten Strafkammer des Arrondissements von usw.... gemäß Artikel 91 und 94 des Strafgesetzbuches, ordnen an und ermächtigen jeden Agenten der öffentlichen Hand, den sogenannten Hector de Trémorel von Rechts wegen zu arretieren...
    Als er den Haftbefehl ausgefüllt hatte, reichte er ihn an Monsieur Lecoq mit den Worten weiter: »Hier, möge es Ihnen bald gelingen, diesen Schwerverbrecher dingfest zu machen.«
    Â»Oh! Es wird ihm gelingen!« rief der Polizist aus Corbeil.
    Â»Nun, ich will es zumindest hoffen. Wie ich allerdings dabei vorgehen werde, weiß ich noch nicht genau. Ich werde mir heute nacht meinen Schlachtplan zurechtlegen.«
    Der Beamte

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