Das Verbrechen von Orcival
etwas bringt er ja auch nicht fertig...
Monsieur de Trémorel kehrte allein und frohgemut wie ein Genesener nach seinem ersten Ausflug von der Bahnstation zurück.
Als Berthe ihn sah, trat sie rasch vom Fenster zurück. Sie wollte allein bleiben, über dieses Ereignis nachdenken, das plötzlich über sie hereingebrochen war, ihre Empfindungen analysieren, auf ihr UnterbewuÃtsein lauschen, ihre Eindrücke prüfen, um sich unter Kontrolle zu bringen und, wenn sie es konnte, zu planen, wie sie sich verhalten sollte.
Sie erschien erst wieder, als ihr Mann gegen elf Uhr abends aus Paris zurückkam und man sich zu Tisch begab. Sauvresy starb vor Hunger und Durst, er schien von der Müdigkeit überwältigt, aber sein offenes Gesicht strahlte. »Sieg, Freund Hector!« sagte er und schlang dabei seine zu heiÃe Suppe hinunter. »Wir werden dich aus den Fängen der Philister befreien. Zum Teufel! Zwar reiÃt man dir die hübschesten Federn aus deinen Schwingen, aber es werden noch genug Daunen übrigbleiben, damit du ein warmes Nest hast.«
Berthe schenkte ihrem Gatten einen dankbaren Blick. »Und wie machst du das?« fragte sie.
»Ganz einfach. Ich habe gleich geahnt, was für ein Spielchen die Gläubiger mit unserem Freund spielen wollten. Sie rechneten damit, sein Eigentum zugeschrieben zu bekommen, um ihre Schulden zu begleichen. Sie würden es insgesamt zum Schleuderpreis erwerben und dann einzeln um so teurer weiterverkaufen.«
»Und du hast das verhindert?« fragte Trémorel ungläubig.
»Habe ich. Zum Glück waren sie alle zugegen. Sie werden das Eigentum des Comte hübsch einzeln verkaufen, sagte ich zu ihnen, sonst übernehme ich alles. Sie schauten mich spöttisch an. Doch ich hatte meinen Notar mitgenommen, und der sagte: âºDer Herr hier ist Monsieur Sauvresy, und wenn er zwei Millionen haben will, dann wird sie ihm die Bank auch geben.â¹ Die Leute haben dumm geguckt, waren aber dann mit allem einverstanden.«
Hector war mit seinen geschäftlichen Angelegenheiten immerhin so weit vertraut, um zu wissen, daà ihn diese Transaktion ein Vermögen einbrachte; gemessen an dem, was er besessen hatte, sicher ein kleines, aber immerhin ein Vermögen. Das freute ihn, und in einer Aufwallung echter Dankbarkeit drückte er Sauvresy die Hand.
»Ach, mein Freund, wie kann ich dir das je vergelten...!« rief er aus.
»Indem du nur noch vernünftige Narrheiten begehst. So wie ich«, sagte Sauvresy, beugte sich über seine Frau und küÃte sie.
»Und nichts mehr zu befürchten?«
»Nichts! Ich hätte ja zwei Millionen vorstrecken können, das haben sie gemerkt. Aber das ist noch nicht alles. Ich bin dann zu deinem Haus gegangen und habe es übernommen, alle Dienstboten wegzuschicken, ausgenommen deinen Kammerdiener und einen Stallknecht. Morgen bringen sie deine Pferde zur Versteigerung, wo sie sicher einen guten Preis erzielen werden. Was dein Lieblingspferd betrifft, so wird es morgen hier sein.«
Diese Einzelheiten schockierten Berthe. Sie fand, ihr Mann übertrieb den Freundschaftsdienst bis zur Unterwürfigkeit. Er ist wirklich nur zum Verwalter geboren, dachte sie.
»Und weiÃt du, was ich noch veranlaÃt habe? Daà man dir drei bis vier Koffer mit deinen Sachen packt und herschickt.«
Auch Hector kam der Eifer Sauvresys etwas übertrieben vor. Ihn verletzte, daà man dies alles vor einer Frau erzählte. Dabei vergaà er, daà er es noch am Morgen ganz selbstverständlich gefunden hatte, seinen Freund um Wäsche zu bitten. Er suchte nach einer witzigen Bemerkung, die die Situation überspielen sollte, als man im Vestibül Lärm hörte. Zweifellos waren die Koffer angekommen. Berthe eilte hinaus, um nach dem Rechten zu sehen.
»Ich habe auch Jenny aufgesucht«, sagte Sauvresy, als sie allein waren. »Sie hat das Bett seit dem betreffenden Abend nicht mehr verlassen und nach Aussagen der Kammerfrau unentwegt geweint. Sie hielt dich für tot, und als ich ihr versicherte, daà du bei mir wärst, ist sie vor Freude fast toll geworden. Sie ist wirklich ein hübsches Mädchen.«
»Ja, sie ist nicht schlecht.«
»Ich glaube, sie hat ein gutes Herz. Sie hat mir wirklich rührende Details erzählt. Ich wette, ihr liegt nichts an deinem Geld, sie empfindet echte Zuneigung für dich.«
Hector lächelte. Zuneigung. Was
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