Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
Vom Netzwerk:
tat das schon, denn sie fühlte, wie ihre Abneigung ihm gegenüber zum Abscheu wurde. Sie entschuldigte ihren Geliebten, sie verzieh ihm und machte ihren Mann verantwortlich. Wer hatte denn diese Idee mit der Hochzeit gehabt? Er. Wer hatte Hector Hoffnung gemacht, ihn sogar noch ermutigt? Er und immer wieder er. Wenn er wenigstens untätig geblieben wäre, denn hätte sie ihm noch verzeihen können, sie geheiratet zu haben; sie gab sich ja damit zufrieden, ihn zu ertragen und von der Liebe nur zu träumen. Aber das war des Guten zuviel. Würde sie es ertragen, daß er aus einer Laune heraus eine Verbindung zerstörte, an der ihr Leben hing?
    In der Nacht schloß sie kein Auge. Sie hatte eine dieser schrecklichen Nächte, in der Verbrechen ausgeheckt werden. Am nächsten Tag war sie nach dem Frühstück mit Trémorel allein im Billardzimmer.
    Â»Ist es wahr?« fragte sie.
    Der Ausdruck ihres Gesichtes war so verzerrt, daß er es mit der Angst bekam. Er stammelte: »Wahr..., was...?«
    Â»Ihre Heirat.«
    Er schwieg und fragte sich, ob er nach einer Erklärung oder Ausflüchten suchen sollte. Doch durch den herrschenden Ton Berthes gereizt, antwortete er: »Ja.«
    Diese Antwort warf sie zu Boden. Bis jetzt hatte sie noch einen Funken Hoffnung gehabt. Sie nahm an, er würde sie zu beruhigen, ja ihretwegen auch zu hintergehen versuchen, denn es gibt Umstände, wo die Lüge leichter zu ertragen war. Aber nein, er gestand.
    Trémorel beeilte sich, ihr die Motive seines Schrittes auseinanderzusetzen. Konnte er denn ewig auf Valfeuillu wohnen? Was sollte er mit fünfzehnhundert Pfund Einkommen anfangen. Mit Dreißig mußte man an die Zukunft denken, oder man dachte nie mehr daran. Monsieur Courtois gab seiner Tochter eine Million mit, und nach dem Tod des Monsieurs wäre die Erbschaft beträchtlich. Sollte er sich diese einzigartige Gelegenheit entgehen lassen? Er machte sich doch gar nichts aus Laurence, allein die Mitgift zählte. Er schwor, daß diese Hochzeit nichts anderes als ein Handel sei, ein Geschäft, daß er seinen Grafentitel schlichtweg gegen klingende Münze eintauschte.
    Â»Ersparen Sie sich das Geschwätz«, schnitt sie ihm das Wort ab, »Sie lieben Laurence.«
    Er wollte protestieren.
    Â»Genug!« schrie Berthe. »Eine andere Frau würde Ihnen eine Szene machen, ich erkläre Ihnen einfach, daß diese Hochzeit nicht stattfinden wird, ich will es nicht. Zwingen Sie mich nicht, zu handeln.«
    Sie eilte hinaus, schlug die Tür krachend hinter sich zu und ließ Hector wütend zurück.
    Wie sie mich behandelt, dachte er. Eine Königin redet mit ihrem Sklaven, den sie in ihr Bett geholt hat, nicht anders... Aber ruhiger geworden, überlegte er genau. Würde Berthe ihre Drohung wahrmachen, wenn er heiratete? Doch, sicher, er fühlte es; sie gehörte zu den Frauen, die nicht zurückweichen oder von einem einmal gefaßten Entschluß ablassen. Er wußte, was sie tun würde, denn sie hatte ihm einmal anläßlich eines Streites wegen Jenny gedroht: »Ich werde alles Sauvresy erzählen. Durch die Schande werden wir stärker aneinandergekettet sein als durch das Sakrament der Ehe.« Bei der Vorstellung, daß sein Freund über alles Bescheid wisse, schauderte er zusammen. Was würde Sauvresy tun? dachte Hector. Ich an seiner Stelle würde mich zum Duell fordern. Was, wenn er mich verfehlt und ich ihn erschieße oder ersteche? Ich müßte außer Landes fliehen. Wie auch immer, mit meiner Heirat wäre es aus, und mein Wohl und Wehe hinge von Berthe ab. Also abwarten, sagte er sich. Und er wartete ab und fand tausend Ausflüchte, um nicht bei Monsieur Courtois vorbeischauen zu müssen, denn er liebte Laurence wirklich. Er wartete und verging vor Unbehagen zwischen dem Drängen Sauvresys und den Drohungen Berthes. Wie er diese Frau verabscheute, die ihn in der Hand hielt und nach Belieben tanzen lassen konnte. Sie war von ihrer fixen Idee besessen. In diese Zeit fiel der Bruch mit Jenny. Er hatte gehofft, die Nachricht würde sie gnädiger stimmen. Irrtum.
    Â»Berthe, ich werde Jenny nicht mehr wiedersehen«, hatte er an dem betreffenden Abend gesagt.
    Â»Mademoiselle Courtois wird Ihnen deswegen sehr dankbar sein«, war ihre ironische Antwort gewesen.
    * * *
    E inige Tage später brachte ein Bote für Sauvresy ein Briefchen aus Corbeil. Er hatte den

Weitere Kostenlose Bücher