Das verdrehte Leben der Amélie, 3: Sommerliebe (German Edition)
nicht mit einer Grimasse begrüßen werde).
16:45
Langweilig.
16:47
So langsam wird mir schlecht von der ewigen Schaukelei (und der Hintern tut mir weh).
16:52
Immer noch keiner da.
16:53
Oh! Yes! Da kommt eine ganze Clique. Sie setzen sich auf die Schaukeln gegenüber. Ich lächele ihnen zu, da mir plötzlich ein Artikel aus der Miss zum Thema »Freunde finden« einfällt, in dem stand, man solle lächeln.
16:59
Da wir uns jetzt schon ein paar Minuten anschauen und lächeln, beschließe ich, zu ihnen rüberzugehen und mich vorzustellen. Eins, zwei, drei, los …
»Hallo, ich bin Amélie …«
»AMÉLIIIIEEEE, ESSEN IST FERTIG!!!!!!!!!!!!«
Das ist meine Großmutter, die aus dem Fenster ruft.
Alle sehen mich an. Mein Mund öffnet sich wie von selbst und sagt: »Tja, also … tschüss.«
Und dann renne ich schnell weg, bevor sie etwas darauf erwidern können, während meine Großmutter weiter aus vollem Halse brüllt, dass ich essen kommen soll.
Vermerk an mich selbst: Im Archiv meines Lebens darf dieser Moment bei den schlimmsten einsortiert werden.
PS: Nach diesem peinlichen Auftritt werde ich das Haus meiner Großmutter für den Rest des Sommers nicht mehr verlassen. Das steht fest.
Donnerstag, 6. Juli
I ch bin eine Massenmörderin.
Und ich fühle mich megaschuldig.
Gestern habe ich eine Ameise getötet. Ich teile mir mein Zimmer hier mit allen möglichen Insekten. Es sind sogar welche darunter, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Es tut mir jedes Mal leid – sogar bei den Spinnen, wenn ich eins zerquetschen muss. Man muss dazu sagen, die Spinnen sind so groß, dass sie einen eigenen Pass brauchen! (Die Spinnen bringe ich nicht selber um, ich schreie wie am Spieß und meine Großmutter kümmert sich drum.) Tja. Und gestern habe ich neben dem Sofa im Wohnzimmer eine kleine Ameise gesehen und sie ohne groß nachzudenken zerdrückt. Eine halbe Stunde später bin ich an den »Tatort« zurückgekehrt und da waren plötzlich … eine Million Ameisen!!! (Ca. dreihundert, um genauer zu sein.) Ich habe panisch eine Flasche Putzmittel geholt und es auf die Ameisen gesprüht. Sie sind an Vergiftung gestorben (nehme ich an … ich bin ja keine Mordexpertin!). Dann habe ich die Leichen mit Küchentüchern aufgewischt (schrecklich).
Heute Morgen waren schon wieder Ameisen neben dem Sofa. Sie haben … die ganzen Leichen ihrer Freunde weggetragen, die ich nach dem Genozid nicht mit dem Küchentuch weggewischt hatte!!! Sie haben sie alle in eine Ecke getragen! Wie auf einen Friedhof! ABSOLUT HERZZERREISSEND!!!!!!!!!!!!!!!!!! Wie soll ich jetzt die anderen umbringen???
Deshalb bin ich eine schreckliche Massenmörderin!!!!!!!!!!! Ich habe kaltblütig Ameisen hingerichtet, die mir nichts getan haben und nur ein paar Schokoladenkrümel essen wollten, die ich habe fallen lassen. Sie haben doch auch ein Recht darauf, Schokolade zu mögen!
20:00
Meine Großmutter hat eine Ameisenfalle aufgestellt. Damit wird angeblich die Ameisenkönigin getötet. Barbarisch.
PS: Ich frage mich, wie groß ein Tier sein muss, damit man nach dessen Tötung als Mörder gilt. Wenn es wirklich einen Himmel gibt, wie meine Großmutter glaubt, werde ich dann für die Ermordung von dreihundert Ameisen genauso bestraft, wie wenn ich zum Beispiel dreihundert Hunde getötet hätte? Verhält sich die Schwere der Schuld proportional zum Gewicht der Opfer?
PPS: Wenn es eine Organisation zur Verteidigung der Insektenrechte gäbe, würden die Viecher nicht irgendwann die Weltherrschaft an sich reißen? Habe ich nicht vielleicht sogar zum Ökosystem beigetragen?
PPPS: Oder zu einer Art Gleichgewicht der Natur? Vielleicht bringe ich die Verhältnisse wieder ins Lot: Ich züchte Ungeziefer in meinem Kleiderschrank und töte es dafür im Wohnzimmer meiner Großmutter (???).
Vermerk an mich selbst: AM ÖKOSYSTEM UND/ODER AM NATÜRLICHEN GLEICHGEWICHT MITZUARBEITEN KANN ECHT TRAUMATISIEREN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Freitag, 7. Juli
J eden Morgen stellt mir meine Großmutter eine neue Frage nach der vergangenen Nacht, aber nie die Frage »Hast du gut geschlafen?«
Heute Morgen hat sie gefragt: »Hast du gemerkt, dass ich dir ein Lavendelsäckchen ins Zimmer gehängt habe, damit es gut riecht? Hast du heute Nacht gut durchgeatmet?«
Zugegeben, das ist echt ganz süß von ihr.
13:15
JUUUUHUUUUUUUUUUUU!!!!!!!! Eine Mail von Kat!!!!!!!!!!!!!
An: Amélie Laflamme
Von: Katryne Demers
Betreff: News
Liebe Am!
Tut mir leid, dass ich noch
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