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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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berüchtigt war. Jedenfalls ignorierten sie den Waldweg nach Kuellen und umfuhren die Südspitze des Larnwaldes, um dann die östliche Richtung einzuschlagen und sich dem Larnus anzunähern. Jeden Abend wetteiferten Hellas und Bhanu im Jagen. Jeden Abend ging der Wettkampf unentschieden aus, war aber ertragreich für die Gruppe.
    Am ersten Tag des Rauchmondes hatten sie bereits die Hälfte der Distanz zwischen Kuellen und Warchaim zurückgelegt. Im Verlauf des Tages wurde der Himmel ganz schwarz, und am Abend fegte ein verheerender Hagelsturm über das Land und überschüttete die größtenteils bereits abgeernteten Felder mit Wasser und zwetschgengroßen Eisstücken. Seraikella brachte die beiden Maultiere und das Pferd der Ritterin in einem verfallenen Futtermittelverschlag in Sicherheit, so daß dort kein Platz mehr war für Menschen. Die siebenköpfige Zeptergruppe drängte sich unter den Karren, hockte aber schon bald im gurgelnden Schlamm. Bhanu drängte sich, bei jedem Blitz übertrieben zusammenzuckend, an Eljazokad. Die Ritterin schimpfte über den Rost, den ihre Rüstung zwischen den Beinen ansetzte. Hellas knurrte und litt in der Enge. Schließlich zog er es vor, die Deckung zu verlassen und neben dem Verschlag gezaust und durchnäßt zu werden. Eljazokad hörte als erster das Summen.
    Zuerst schien es nur der durch Bretter heulende Wind zu sein, doch dann konnten alle es hören: Fleischfliegen. In größerer Anzahl noch als beim letzten Mal.
    Â»Das Zepter darf wohl nicht mit Wasser in Berührung kommen«, mutmaßte Eljazokad. »Die Fliegen sind alarmiert und sehen in uns erneut nur unzulängliche Überbringer.«
    Â»Was können wir dagegen tun?« fragte Rodraeg bang.
    Der Lichtmagier, der seine Magie eingebüßt hatte, seufzte. »Ich werde das Zepter in den Verschlag zu den Tieren packen Vielleicht lenkt das die Fliegen von uns ab.«
    Â»Das wirst du schön bleiben lassen«, zischte die Ritterin. »Die Tiere können sich nicht wehren. Wir schon.«
    Â»Richtig«, pflichtete Jeron ihr bei. »Hagel und Regen sollten uns im Kampf gegen die geflügelte Höllenbrut einen Vorteil verschaffen. Wir sollten unsere Schlafdecken und jeden Fetzen zusätzlichen Stoff, den wir auftreiben können, nutzen, um unsere Haut zu umwickeln und zu schützen, und dann kämpfen!«
    Â»Ich werde nicht kämpfen«, sagte Eljazokad trotzig. »Ich halte das Zepter.« Er schloß die Augen und begann wieder mit seinem Rulkineskar, Rulkineskar- Anrufungsgesang, während die Ritterin und ihre Leute Löcher in ihre Decken schnitten, um diese als zusätzliche Überwürfe tragen zu können. Rodraeg und Hellas klaubten die ärmellosen Büßergewänder hervor, die sie in der Höhle des Alten Königs getragen hatten, und streiften sich diese über ihre gewöhnliche Kleidung. Kurz darauf begann im zerfransten, violetten Licht des Sturms der Kampf.
    Die Fleischfliegen waren selbst ein Hagel, eine schwarze, fettleibige Sturmbö, die sich in Schwaden und Wirbeln immer wieder auf die verzweifelt fechtenden Menschen warf. Rodraeg sehnte sich nach einem neuerlichen Eingraben, aber der Boden bestand nur noch aus Matsch und würde jeden ersäufen, der darin Rettung suchte. Hellas, die Ritterin und Bhanu kämpften ruhig und gezielt, sammelten Fliegenleiber auf ihren Klingen wie auf Fleischspießen. Seraikella kämpfte tanzend, wurde selbst zu einem Wirbelwind. Sein Breitschwert irrlichterte im Widerschein von Blitzen, und er schlug Fliegen ebenso zur Seite wie Hagelkörner. Rodraeg hatte sich zum Verschlag zurückgezogen, bis er zumindest eine Bretterwand im Rücken spürte, und wischte mit seinem abermals unpraktisch langen Schwert im Unwetter herum, um sich den Fliegenschwarm vom Leib zu halten. Dabei fragte er sich, ob Ryot Melrons verstohlenes Vermählungsgeschenk – der Anderthalbhänder – jemals genau die richtige Waffe sein würde, um einem genau dazu passenden Gegner zu begegnen.
    Am eindrucksvollsten kämpfte Jeron MeLeil Gabria. Von Hagelkörnern, Regentropfen, aufgischtenden Pfützen und Fleischfliegen umgeben wie von einem kleingehackten Rahmen aus einander feindlich gesinnten Widrigkeiten ließ er seine beiden Degen rotieren wie zwei silbern glimmende, scharfkantige Teller. Gleich einem Jongleur, der in der Mitte wirbelnder Objekte die Balance und

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