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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Quelle aussah wie die Palette eines Malers.
    Rodraeg dachte nach über Quellen. Die dunkle und giftige von Terrek. Die klare von Kuellen. Die des Feuers im Land der Affenmenschen. Die reinigende heiße in dieser Höhle. Er dachte auch an Naenn und die mit ihr geteilte Nähe im Badehaus. Wenn sie mitgekommen wäre – hätte sie sich zu ihnen ins Becken gesellt? Oder würde sie sich zieren wie damals am Ufer des Larnus, als er testen wollte, wie gut seine neu angeworbene Gruppe schwimmen konnte und Bestar und Migal als gutes Beispiel vorangingen, während Cajin sich als Nichtschwimmer bekannte und Naenn als zu schamhaft?
    Vieles hatte sich seitdem geändert. Wahrscheinlich war dermaßen heißes Wasser ohnehin nicht gut für Schwangere. Das wäre diesmal ihre Ausrede gewesen.
    Â»Wenn du sie so sehr liebst, daß jeder Raum mit ihrem Gesicht endet, solltest du endlich um ihre Hand anhalten, Rodraeg.« Es war nicht die Stimme der Höhle, die da zu ihm sprach, sondern die Erinnerung an etwas, das Bestar vor weniger als einer Stunde gesagt hatte. Aber der Unterschied zwischen Stimmen verklärte sich in der Rückschau.
    Sie wuschen ihre Kleidung, wrangen sie so gut wie möglich aus, verstauten sie in den Rucksäcken und zogen sich die Gewänder über. Wie Mönche sahen sie aus oder wie Büßer. Büßer allerdings, die sich Rucksäcke und Waffengehänge über ihre Gewänder schnallten, und einer von ihnen, der größte, sogar einen hartledernen Brustpanzer.
    fliegen
    Es gab nur einen Ausgang aus dem Baderaum. Wie vorher auch war der Eingang verschwunden, und eine zuerst nicht vorhandene Öffnung hatte sich statt dessen am gegenüberliegenden Ende des Raumes aufgetan.
    Die nun eigentümlich gewandeten Mammutmänner drangen durch einen Gang, der heiß war, als würden die Wände glühen, weiter ins Innere des Höhlensystems vor. Hinter den Wänden rauschte Wasser. Ab und zu schienen unsichtbare Wasserstürze zu brausen. Der Gang – viel zu niedrig für Riesen – wand sich wie ein Korkenzieher durch dunkles Gestein, das dennoch eine kaum zu fassende, bräunliche Leuchtkraft absonderte.
    Â»Schön, daß wir uns gewaschen haben, bevor wir uns in dieser Hitze wieder vollschwitzen.« Hellas war die ganze Zeit am Hadern. Keiner nahm ihm das übel, denn allen war klar, daß dies seine Art war, mit der Raumangst umzugehen, die in der brodelnden Enge an ihm hing wie tausend peinigende Eisenkletten. Selbst die anderen fühlten sich beklommen in diesem merkwürdigen Rohr, das eher unbehauen wirkte als planvoll angelegt.
    Nach zehn bis fünfzehn Sandstrichen Enge kam ihnen frisch riechende Zugluft entgegen. Rodraeg befürchtete schon, daß sie jetzt nach draußen gelangen würden, weil sie die Aufgaben, die die Höhle ihnen gestellt hatte, wohl nicht erfüllt hatten, aber die Gangröhre öffnete sich nur, und sie traten auf eine Art Plateau hinaus, das sich in einem gigantischen Hohlraum befand. Hunderte von kleinen Talglichtern brannten in Hunderten von Nischen und überzogen die riesige Höhle mit samtenem Schein. Vor den vier Mammutstreitern senkte sich ein Abgrund jäh in eine unausgeleuchtete Tiefe. Auf der anderen Seite des mehr als zehn Schritte breiten Abgrunds war undeutlich ein Plateau auszumachen wie das, auf dem sie standen, komplett mit einer weiterführenden Gangöffnung.
    Rodraeg mußte sofort an seinen Mammuttraum denken, der ebenfalls an einen Abgrund geführt hatte, nur daß dieser aus Schnee und Eis bestanden hatte und nicht aus schwarzem, flächig glänzenden Fels.
    Â»Verborgen in einem Irrgarten, verdunkelt durch ein Rätsel, entfernt durch einen Abgrund«, zitierte Eljazokad den Traum, der ihn zum Mammut nach Warchaim geführt hatte.
    Â»Was machen wir jetzt?« keuchte Hellas, der hörbar durchatmete, weil alle Wände nun in erträgliche Ferne zurückgewichen waren. »Zehn Schritte kann niemand springen, und es sieht nicht so aus, als könnte man dort drüben irgendwo Bestars Enterhaken festmachen.«
    Â»Wie tief es da wohl runtergeht?« fragte sich Bestar, der sich vorgewagt hatte an den Abgrund. Er suchte etwas zum Hinunterwerfen, fand einen kleinen Stein, der sich von den Wänden gelöst hatte, und ließ ihn – von den anderen besorgt beobachtet – in die Tiefe fallen. Der Stein verschwand im Dunkel, fiel weiter,

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