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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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tatsächlich Mühe, all die neuen Eindrücke zu verarbeiten, die auf sie einstürzten. Vier Tage und vier Nächte lang waren sie dem Visionen- und Aufgabenbewurf der Höhle des Alten Königs ausgesetzt gewesen, und sie hatten sich daran gewöhnt, daß man dieser ununterbrochenen Überforderung herzlich wenig entgegensetzen konnte. Nun fiel es ihnen schwer, sinnvolle Entscheidungen zu fällen. Sie betrachteten die vier anderen mit dem Staunen von Leuten, die nicht genau wissen, ob sie überhaupt glauben sollen, was das Schicksal ihnen da aufzeigt.
    Die vier waren auch tatsächlich noch eigenartiger als der Blauhaarige und seine ausgefallen frisierten und absurd bewaffneten Spießgesellen.
    Die Berittene trug einen Gesichtshelm, dessen Maske ein schönes und hochmütiges Frauenantlitz zeigte. Ihr Brustpanzer war, wie sich beim Näherkommen zeigte, äußerst provozierend, besaß er doch herausgearbeitete Brüste samt modellierten Spitzen. Auch schien sie eine metallische, an einen Keuschheitsgürtel erinnernde, enganliegende Höschenkonstruktion zu tragen, wohingegen ihre Schenkel nackt waren und erst ihre Schienbeine wieder geschient und verschnürt. Der Hüne neben ihr hatte bunte Tätowierungen auf dem Oberkörper: Vögel, Berge, Täler, Wälder, Bäume und Seen breiteten sich auf seinen erstaunlichen Muskeln aus. Seine Haut war sonnenfelderbraun wie die von Rodraeg, die der Berittenen war heller, aber vom Sommer ebenfalls gebräunt.
    Die Bogenschützin war höchstens fünfzehn Jahre alt und trug ein knappes, kurzes Gewand, das weit oberhalb der Knie endete und ihren knabenhaften Leib sehr betonte. Jeron MeLeil Gabria war elegant und gutaussehend, genau wie ihn das Mammut in Somnicke kennengelernt hatte. Es wirkte ein wenig, als gehörten die vier aufgrund ihres guten oder schmuckvollen Aussehens zusammen.
    Rodraeg fand als erster die Sprache wieder. »Unser vierter Mann ist nicht mehr bei uns. Und dieser Stab hier ist tatsächlich alles, was es an Schätzen in der Höhle gab.«
    Â»Wie bedauerlich«, sagte die Berittene und zügelte ihr prächtiges Pferd dicht vor Rodraeg. Der halbnackte Hüne neben ihr blieb ebenfalls stehen und behielt vor allem Hellas im Auge. »Ein Stab ist so schwer durch vier zu teilen. Händigt ihn uns ohne Gegenwehr aus, und wir werden euch in Ruhe eures Weges ziehen lassen.«
    Â»Was habt ihr … mit den sechs Menschen gemacht, die das Tor bewacht haben?«
    Das fein modellierte Metallgesicht sah höhnisch auf ihn herab. »Wir haben sie … vertrieben.«
    Â»Unter Blutvergießen.«
    Â»Nicht mehr, als unbedingt nötig war. Alle sechs leben noch. Wir sind keine Mörder.«
    Â»Darauf legt ihr Wert?«
    Â»Darauf legen wir Wert. Weniger Wert legen wir auf unnötig in die Länge gezogene Schwafeleien. Den Stab bitte, augenblicklich!«
    Rodraeg nickte Eljazokad zu. »Gib ihn ihr.«
    Â»Was?« begehrte Hellas auf. »Bist du verrückt geworden? Nach allem, was wir durchgemacht haben, werden wir ihn doch nicht einfach so hergeben!«
    Â»Gib ihn ihr«, wiederholte Rodraeg. Da Eljazokad zögerte, fügte er hinzu: »Vertrau mir. Das Sterben hat mich vielleicht meinen Verstand gekostet, aber das Wiedergeborenwerden hat ihn mir wiedergegeben.«
    Eljazokad nickte und drückte den Stab in die ausgestreckte, lederbehandschuhte Hand der berittenen Frau. Sie war kräftig genug, die übermannslange Stange mit nur einem Arm anzuheben und vor die Augenlöcher ihrer Maske zu halten.
    Â»Er besteht nicht aus Gold und ist nicht mit Edelsteinen besetzt«, erläuterte Rodraeg. »Er ist magisch.«
    Â»Was kann er tun?« fragte die Berittene.
    Â»Das wissen wir auch nicht. Uns wurde nur mitgeteilt, daß diejenigen, die ihn bei sich tragen wollen, eine große Verantwortung auf sich laden und mit vielerlei Schwierigkeiten zu rechnen haben werden. Ihr habt vier Tage auf uns gewartet, nachdem Gabria uns hierher gefolgt war? Ihr müßt sehr enttäuscht sein, daß die Beute so seltsam ausfällt.«
    Â»Na ja. Eine Riesenkrone wäre durchaus … beeindruckender gewesen.«
    Â»Dann laßt euch von mir sagen, daß dieser Stab ein gewaltiger Schatz ist. Aber unter den Menschen wird ihn niemand zu schätzen wissen, weil es nichts Vergleichbares auf Erden gibt. Nur an einem einzigen Ort auf diesem Kontinent werdet ihr für

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