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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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weg.«
    Tatsächlich waren die drei toten Hüllen nirgendwo mehr zu entdecken oder zu erspüren. Erneut fühlte Rodraeg sich an Wandry erinnert, an die Art, wie sich der Körper des getöteten blauhaarigen Kriegers vor ihren Augen in nichts aufgelöst hatte.
    Als letzte Tat in dieser Höhle überprüfte Rodraeg noch, ob sie die Ausrüstung und das Geld der getöteten Ichs bei sich hatten. Das war der Fall, obwohl Rodraeg sich nicht daran erinnern konnte, ihnen etwas abgenommen zu haben.
    Er beschloß, sich nicht das Gehirn zu zermartern, wie das nur einem Sterbenskranken zustand, und trat mit den anderen beiden und dem von Eljazokad in den Armen getragenen Zepter des Alten Königs hinaus durch das gleißend erhellte Tor ins Freie.

8

Die Ritterin
    Sie erwarteten, sechs zerlumpten Gestalten zu begegnen, die sich aufgeregt kreischend und wild um sich schlagend durch das offene Tor ins Innere zu drängeln versuchten, doch es blieb alles still auf dem unmittelbaren Vorplatz. Das Licht von hinten machte es schwer, überhaupt etwas zu erkennen, doch dann schloß sich das Doppelflügeltor, die beiden übergroßen Fleischfliegenstatuen rutschten knirschend in ihre Ausgangslage zurück, und das Licht wurde gekappt. Eljazokad hatte den Eindruck, kurz vor dem endgültigen Schließen des Tores hätte sich die leuchtende Höhle dahinter mit dem Summen eines Schwarmes gefüllt, doch das mochte Täuschung gewesen sein, hervorgerufen durch das Schabegeräusch der steinernen Riesenfliegen.
    Es herrschte Abendstimmung. Sämtliche Schatten waren in die Länge verzerrt.
    Â»Irgend etwas ist hier vorgefallen«, sagte Hellas, der den Boden betrachtete. »Das könnten Kampfspuren sein. Ich bin mir aber nicht vollkommen sicher, weil der Boden ziemlich felsig ist.«
    Â»Meinst du, die sechs Höhlenanbeter haben miteinander gekämpft?« fragte Rodraeg.
    Â»Warum sollten sie?« Der Bogenschütze untersuchte weiterhin den Boden. »Auch der Stärkste von ihnen kommt nicht durchs geschlossene Tor. Hier sind Flecken. Jetzt bin ich mir sicher. Blut wurde vergossen. Das ist länger her als einen Tag.«
    Â»Hat eigentlich irgendeiner von euch eine Ahnung, wie viele Tage vergangen sind, seit wir hier hineingingen?« fragte Rodraeg. »Eljazokad vielleicht?«
    Der schüttelte den Kopf. »Ich habe den Überblick ebenfalls verloren. Zwei Tage, würde ich schätzen.«
    Â»Es waren vier Tage!« gellte eine klare weibliche Stimme zu ihnen hin. Niemand war zu sehen. Auch die Straße nach Tyrngan war leer. Aber die Stimme war irgendwo aus der Deckung der Felsformationen gekommen, die links und rechts das Blickfeld dominierten. »Wir mußten äußerst geduldig mit euch sein. Bitte unterlaßt das!« Hellas, der ganz instinktiv zu seinem Bogen gegriffen hatte, schrie überrascht auf. Ein kurzer Pfeil fuhr peitschend in seinen Rucksack und durchschlug seine Trinkwasserflasche, deren restlicher Inhalt glucksend auszulaufen begann. »Ihr könnt mir glauben, der nächste Pfeil ist tödlich. Seid also vernünftig, dann wird euch nichts geschehen.« Die Richtung der Stimme wurde deutlicher, und dann bekam die Stimme auch einen Ursprung. Eine junge Frau auf einem beeindruckend großen Grauschimmel ritt hinter einem Felsvorsprung hervor. Die untergehende Sonne loderte rötlich auf ihrem polierten Metallhelm, ihrem Brustpanzer und ihren Beinschienen. In der Armbeuge hielt sie locker eine spitze Turnierlanze, deren Schaft mit unterschiedlichen Vogelfedern und Steinkettchen geschmückt war. Neben ihrem Schimmel lief ein Hüne von einem Mann, noch größer als Bestar, lediglich mit einer kurzen, rockartigen Hose bekleidet und mit einem blanken Breitschwert auf dem Rücken. Dann erschienen oben auf dem Felsvorsprung zwei weitere Gestalten. Ein Mädchen mit einem sehr kindlichen, pausbäckigen Gesicht, einen schußbereiten Kurzbogen in Händen. Und jemand, den das Mammut bereits kannte: Jeron MeLeil Gabria, lächelnd, beide Degen gezückt und leicht vom Körper abgespreizt gehalten. Die Frau auf dem Schimmel kam in langsamem Trab näher geritten. »Wollt ihr mir allen Ernstes erzählen, daß das alles ist, was ihr aus der Höhle herausgeholt habt? Und wo ist euer vierter Mann abgeblieben, der Große, der sich im Bordell hat ausnehmen lassen?«
    Rodraeg, Eljazokad und Hellas hatten

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