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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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keinen Fall werden wir Schuld auf uns laden, um das Zepter überbringen zu können. Dazu ist der Anlaß zu bedeutsam. Wenn die Menschen, die die Botschafter des Zepters sind, während der Erfüllung dieser Aufgabe niedrig und gemein sind, werden sowohl das Zepter als auch das Bündnis zwischen Menschen und Riesen von dieser Niedrigkeit befleckt.«
    Die Ritterin grinste schief. »Ihr könnt den Wagen ja hinterher wieder zurückbringen, wenn euer Gewissen ein kleines bißchen Pragmatik nicht verkraftet.«
    Â»Im Winter, wo ein Wagen nur im Schuppen steht und nicht gebraucht wird, könnte man vielleicht einen ausleihen. Aber im Sommer, zur Erntezeit, bedeutet das Stehlen eines Wagens den Ruin einer Existenz. Wir brauchen nicht weiter zu diskutieren. Ohne euch vier hätte ich vielleicht Sorgen angesichts von mehr als dreißig Reisetagen, aber mit euch werden wir es schaffen. Wir sind zu siebt, haben zwei gute Bogenschützen dabei, einen Magier, einen Krieger, einen Degenfechter und eine berittene Kämpferin. Es müßten schon zwanzig Gegner gleichzeitig auftauchen, um uns gefährlich zu werden.«
    Â»Darf ich noch einen Vorschlag machen?« fragte Eljazokad und unterband damit das langwierige Streitgespräch. »Wenn du ohnehin bereit bist, eine längere Reisedauer gutzuheißen, dann laß uns den Larnwald meiden und lieber den längeren Südweg wählen. Im Larnwald können mehr als zwanzig Gegner gleichzeitig über uns herfallen. Es könnten Hunderte sein: Tiere, die sich von der Magie des Zepters bedroht fühlen oder angezogen oder was auch immer.«
    Rodraeg überlegte kurz. Nur zu gut konnte er sich noch daran erinnern, wie er in Wandry, sterbenskrank, Eljazokad zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. »Du hast recht«, nickte er. »Niemand hetzt uns. Wir müssen Sicherheit höher bewerten als Schnelligkeit. Also treffen wir uns, nachdem wir uns getrennt haben, morgen nachmittag südlich von Tyrngan auf der Straße nach Somnicke wieder.«
    Â»So sei es«, sagte die Ritterin schulterzuckend. »Hier hast du das Zepter wieder.«
    Â»Wird es dir jetzt doch langsam etwas unheimlich?«
    Â»Ich habe einfach keine Lust, es die ganze Zeit mit mir herumzuschleppen. Wir lassen euch ja sowieso nicht aus den Augen.«
    Rodraeg nahm den erzenen Stab nur kurz an sich und reichte ihn dann an Eljazokad weiter.
    Mittlerweile dunkelte es. Der 18. Tag des Feuermondes ging zur Neige.
    Eine Stunde Wegstrecke brachte die neugeschmiedete Siebenergruppe noch zwischen sich und die Höhle des Alten Königs, dann schlug sie ein Lager auf. Hellas, Bhanu und Seraikella wollten Wache halten. Die anderen betteten sich auf sorgfältig angeordneten Lagern, nachdem das Mammut sich, diskret hinter ein paar Büschen verborgen, seiner Büßergewänder entledigt und wieder die althergebrachte Kleidung übergestreift hatte.
    Mitten in der Nacht gellte plötzlich ein irrsinniger Lärm auf. Mehrere Gestalten sprangen kreischend wie Affenmenschen aus der Dunkelheit und warfen sich gegen die Wachenden und auf die Schlafenden. Hellas hatte schon einen von ihnen erschossen und Seraikella einer schmutzstarrenden Frau das Breitschwert durch die Brust gestoßen, bevor die Wächter und die aufgeschreckten Schlafenden überhaupt erkannten, daß es sich bei den Angreifern um die sechs zerlumpten Gestalten handelte, die am Tor der Riesenhöhle gesungen und gebetet hatten. Die vier, die noch übrig waren, gebärdeten sich wie wahnsinnig. Eine der Frauen riß sich sogar das dreckverkrustete, stinkende Gewand vom Leib und kämpfte nackt mit nichts als ihren Fingernägeln als Waffen.
    Â»Tötet sie nicht, sie sind harmlos!« rief Rodraeg, aber er war sich seiner Einschätzung gar nicht sicher. Eine der Frauen hatte sich in den liegenden Eljazokad verkrallt und riß ihn mit schier übermenschlicher Kraft hin und her, während der Magier sich einfach nur zu krümmen und zu schützen versuchte. Einer der Männer – seine Augen funkelten im Mondlicht wie explodierte Sterne – bekam sogar das Zepter zu fassen, das neben Eljazokad gelegen hatte, und rieb sich daran wie ein von seiner Leidenschaft überwältigter Liebhaber. Ein anderer Mann sprang umher und keifte und bellte in einer absurden Sprache, aber mit erstaunlicher Lautstärke. Die andere Frau hatte die zierliche Bhanu zu Boden geschlagen und sprang nun

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