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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Sterne, die durch das Blätterdach noch zu sehen waren, wurden von Hunderten von Leibern ununterbrochen verdeckt und wieder enthüllt.
    Dann griff der Schwarm an, tosend und brausend wie ein auf engsten Raum verdichteter Orkan. Seraikella, Jeron und die Ritterin – die außer ihrer Lanze noch ein Schwert besaß, das meist seitlich am Sattel baumelte – kämpften mit rudernden Armen und Klingen – ein Unterfangen der Unmöglichkeit eigentlich, denn ihre Hiebe trafen mehr die Luft als etwas anderes. Eljazokad jedoch stellte sich breitbeinig hin, hob das Zepter des Riesenkönigs mit beiden Armen über den Kopf und schrie: »Rulkineskar!« Immer wieder: »Rulkineskar!« Die Fliegen hefteten sich zu Hunderten an ihn und bedeckten seinen Leib wie eine ölig wimmelnde Masse. Sogar in seinen »Rulkineskar« schreienden Mund krochen einige der Raubinsekten – aber kein einziges biß zu. Sie zerrten eher an seiner Kleidung, aber da Eljazokad nicht mehr das eigens für die Fliegen gefertigte Höhlengewand trug, führte das zu nichts. Dennoch hatte er das Gefühl, daß ihn der Schwarm in eine bestimmte Richtung zog und drängte, tiefer in den Wald hinein. Er ließ sich treiben, zehn, fünfzehn Schritte fort von den anderen, dann verschwand der Spuk. Die Fliegen zerstreuten sich wie auf ein unsichtbares Signal hin. Ein paar Augenblicke summten sie noch als Hunderte von Individuen dickleibig hierhin und dorthin, dann flogen sie alle ins Dunkel davon.
    Rodraeg, Hellas und Bhanu, die unter ihrer Mulch- und Moosschicht tatsächlich unbehelligt geblieben waren, gruben sich nach Luft ringend wieder ins Freie.
    Sofort baute sich die Ritterin wutentbrannt vor Rodraeg auf: »Wenn diese verfluchte Sache mich meine Stute kostet, ist es das nicht wert! Ich werde mit jeder Art von Angreifer fertig, aber ich kann das Tier nicht gegen Tausende von fliegenden Ungeheuern gleichzeitig verteidigen!«
    Â»Ich wußte nicht, daß Fleischfliegen angreifen würden«, entschuldigte sich Rodraeg. »Ich dachte, die verlassen die Höhle des Alten Königs nicht.«
    Â»Du hast es geschafft!« rief Jeron erleichtert zu Eljazokad hinüber. »Du hast sie vertrieben mit dem Stab und dem magischen Wort.«
    Eljazokad kam langsam, leicht strauchelnd, wieder zu den anderen zurück. Dort ließ er sich erschöpft ins Moos fallen. »Ich habe gar nichts getan.«
    Rodraeg, der sich immer noch Erde aus den Haaren klaubte, setzte sich neben ihn. »Was ist passiert?«
    Der junge Lichtmagier zögerte erst, sprach dann aber doch. »Ich … bin mir nicht sicher, ob wir das Ganze richtig verstehen. Die Fliegen … sind durchaus bereit, uns aufzufressen, aber sie wollen dem Zepter nicht schaden. Sie wollten mir irgend etwas zeigen, etwas, was in dieser Richtung dort liegt, im Larnwald. Aber ich weiß nicht, wo, wie weit entfernt. Sie zerstreuten sich, weil sie – glaube ich – nur eine kurze Zeit gemeinsam handeln konnten. Oder nur eine kurze Zeit dem Zepter widerstehen. Ich weiß es nicht. Jedenfalls … habe ich verzweifelt versucht, meine Magie anzuwenden. Als das nicht klappte, habe ich versucht, das Zepter anzuzapfen, die Lichtmagie des Zepters durch mich hindurch nach außen fließen zu lassen. Das hat auch nichts gebracht. Ich habe wirklich meine Magie verloren.«
    Â»Aber sie haben dich nicht gebissen. Zu Beginn des Angriffs haben sie dich gebissen.«
    Â»Ja. Aber ohne richtig zuzubeißen oder gar abzubeißen. Vielleicht wollten sie mich auch da nur in eine bestimmte Richtung treiben.«
    Rodraeg seufzte. »Ich fürchte, daß wir mit den Fliegen sehr, sehr vorsichtig sein müssen. Sie schützen womöglich das Zepter, aber sie machen sich nichts aus uns. Sobald sie das Gefühl haben, wir taugen nichts als Überbringer, werden sie uns vertilgen, um würdigeren Überbringern Platz zu machen. Eingraben war gar keine so schlechte Idee.«
    Â»Möglicherweise«, raunte Eljazokad, »sind die Fliegen auch nicht einverstanden damit, daß wir uns von der Ritterin und ihren Leuten begleiten lassen.«
    Â»Möglicherweise. Aber solange wir auch andere Angreifer zu fürchten haben als Fleischfliegen, bin ich froh über jede Verstärkung, die wir bekommen können.«
    Obwohl sie höchstens hundert Schritte in den Larnwald hineingeflüchtet waren, war nur noch Seraikella in der Lage, die

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