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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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haben oder in einem anderen.
    »Ich beschaffe Ihnen das Geld, Professor, und Sie antworten mir dafür ohne Umschweife. Haben wir uns verstanden?«
    Nicht auf jede Frage kann man mit einem eindeutigen Ja oder Nein antworten. Es gibt immer Nuancen, Übergänge, aber die will der Mann nicht akzeptieren. Wie sollte er auch? Ein Ministeriumsbeamter kennt keine Nuancen zwischen dem, was er erreichen will, und dem, was zu erreichen ist.
    »Was ist das für ein Mensch, dieser erste, Professor?«
    »Ich weiß es nicht ganz genau, Bird. Auf alle Fälle ist es einer, der mit seinem Leben nicht immer ganz zurecht gekommen ist. Es gibt da Dinge…«
    »Nennen Sie mir diese Dinge, Haston!«
    »Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, Bird, als daß da etwas mit einem Mädchen war.«
    »Was war mit dem Mädchen?«
    Er weiß es wirklich nicht. Sie liefern ihm die Leute nicht mit angehefteter Personalakte. Er kann nur vermuten, daß Moreaux unter einem Komplex gelitten hat, daß er etwas nicht zu verkraften vermochte, was mit seiner geringen Körpergröße zusammenhing. Und auch das weiß er nur, weil es Moreaux auf dem Operationstisch ausgeplaudert hat, als er in Narkose lag. So zuckt er nur mit den Schultern.
    »Kann man ihn sehen, Haston? Er ist doch fertig, oder… Dann lassen Sie ihn bitte kommen!«
    Die Schwester bringt ihn. Wie ein monströses Standbild füllt er den Türrahmen mit seinem mächtigen, golemhaften Körper, über den sich dunkelgraue, grobporige Haut spannt, auf Beinen, die wie Säulen sind. Man meint, der Fußboden müsse aufstöhnen unter ihrem Druck.
    Als sich die Schwester an Moreaux vorbei hinaus auf den Korridor drängt, hastig und mit abgewandtem Gesicht, da dreht der Hastonide den massigen Schädel und blickt ihr nach mit seinen Teleskopaugen, bis sie jenseits des Lagers um die Gangbiegung verschwunden ist.
    »Wie heißen Sie?« fragt der Mann atemlos.
    »Moreaux ist mein Name. Und wie ist Ihrer?«
    Bird zuckt zusammen. Man sieht ihm an, daß er sich um Fassung bemüht.
    »Das ist ein ungewöhnlicher Name, nicht wahr? Selten hierzulande, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ich komme aus dem Norden. Da ist dieser Name häufiger. In Kanada soll er so oft vorkommen wie hier die Namen Miller oder Amper. Wollen Sie sich mit mir über Namen unterhalten?«
    »Was sind Sie von Beruf, Moreaux?«
    Der Golem antwortet nicht. Steht bewegungslos in der Tür und schweigt. Schade, daß man ihm keinerlei Gemütserregung anzusehen vermag. Man weiß nicht, was in ihm vorgeht. Ob er Mühe hat, sich zu erinnern, oder ob er einfach keinen Beruf gehabt hat.
    »Mister Bird meint«, versucht er ihm zu helfen, »auf welchem Gebiet Sie tätig waren, bevor Sie hierher…«
    Moreaux hebt die Hand und läßt sie mit einer gleitenden Bewegung wieder fallen. »Das ist nicht leicht zu beantworten, Professor. Wenn Sie wissen wollen, was ich gelernt habe, dann lautet die Antwort: Nichts! Wenn Sie aber erfahren möchten, womit ich meinen Lebensunterhalt bestritten habe, dann müßte ich Ihnen eine ziemlich lange Liste zusammenstellen. Ich war alles, was unsereins sein kann, Professor.«
    »Wäre es nicht besser gewesen, eins richtig zu lernen als vieles halb, Moreaux?« schaltet sich Bird wieder ein.
    Der Hastonide geht einen dröhnenden Schritt auf ihn zu. Es sieht aus wie eine Drohung, und Bird rutscht in seinem Sessel hin und her. »Das kann nur jemand fragen, der das Leben nicht kennt, zumindest unser Leben nicht, das meinesgleichen.«
    »Oh, ich kenne das Leben, Moreaux!« Bird lacht, doch sein Lachen klingt nicht sehr fröhlich. »Allerdings mag das meine etwas anders verlaufen sein als Ihres. Aber im Grunde, Moreaux, was ist schon das Leben eines Mannes? Geld verdienen und Frauen, stimmt es nicht?« In Birds Gesicht hat sich ein lauernder Zug geschlichen. Es scheint, als habe er die ganze Zeit über auf diesen einen Punkt hingearbeitet.
    Moreaux steht steil aufgerichtet. »Geld und Frauen, Sir?« sagt er dumpf. »Dann müßte ich mich damit abfinden, daß mein Leben zu Ende ist, nicht wahr? Was soll ich mit Geld anfangen und was mit Frauen? Können Sie mir das sagen? Mußten Sie wirklich damit anfangen? Ausgerechnet mir gegenüber?«
    »Mögen Sie Frauen nicht, Moreaux?« Auch in Birds Stimme ist jetzt das Lauern. Unverkennbar ist er dabei, sein Opfer einzukreisen. »Oder hassen Sie sie gar? Welche Rolle spielen sie in Ihrem Leben, Moreaux?«
    Der Hastonide stößt ein Knurren aus. »Sie müssen fragen, ob ich Frauen mochte, Sir. Und ob sie eine

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