Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
ganzen Lebens, alle Träume und Hoffnungen waren in einem einzigen, kurzen Moment auf Null zurückgesprungen, und er mußte sich noch glücklich schätzen, wenn der Zeiger nicht bis in die negativen Werte ausschlug, was sich bereits andeutete.
    Stets hatte er sich bisher geweigert, vor sich selbst zuzugeben, daß er einem Denkfehler aufgesessen war. Wenn er auch nicht hatte verhindern können, daß sich die anfängliche Gewißheit, die einzige Möglichkeit zur Rettung des Lebewesens Mensch gefunden zu haben, im Lauf der letzten Jahre zu einer vagen Hoffnung verflüchtigt hatte. Nun hatte sich selbst diese nebelhafte Wolke als Trugbild erwiesen. Und wenn er jetzt endlich ehrlich gegen sich selbst war, dann blieb ihm nichts, als sich zu sagen, daß die Hastoniden keine Chance für die Menschheit bildeten, sondern im Gegenteil eine Gefahr, und zwar eine unberechenbare, eine, von der niemand zu sagen vermochte, in welcher Weise sie sich äußern würde.
    Und er, Professor Brian Haston, hatte nicht die mindeste Ahnung, weshalb das so war, wo sein Fehler genau zu suchen wäre. Erklärungen gab es wohl, mehrere sogar, aber sie alle waren ihm einfach zu simpel, als daß er an eine von ihnen glauben konnte.
    Vielleicht würde er eines Tages tatsächlich zugeben müssen, daß die Prämissen seiner Theorie falsch gewesen waren, daß seine Lehre über die Antriebe menschlichen Verhaltens und über das vorgeprägte Reaktionsmuster der Menschen nicht stimmten. Daß die Menschen nicht nach vorprogrammierten Verhaltensnormen handelten, sondern aufgrund gesellschaftlich relevanter Konstellationen, daß Kriege nicht entstanden, weil die einen die anderen beherrschen mußten, sondern weil sie es wollten, aus Gründen der Macht und des persönlichen Vorteils. Und daß die Moral wandelbar war, daß sie von den gesellschaftlichen Strukturen abhing.
    Träfe das alles ein, er hätte wirklich umsonst gelebt. Träfe es ein, würden sich allerdings auch ganz neue Aspekte zur Rettung der Menschheit ergeben, dann läge diese Rettung auf einem ganz anderen, nämlich wirklich auf gesellschaftlichem Gebiet.
    Möglicherweise war es aber doch anders, und seine damaligen Prämissen stimmten, dann lag der Fehler an anderer Stelle. Nämlich dort, wo ihn Maara gesucht hatte, als sie behauptet hatte, er könne wohl die Körper der Versuchspersonen umgestalten, nicht aber ihren Charakter. Es sei schlicht falsch, alle Abweichungen in Charakter und Verhalten auf körperliche Ursachen und Notwendigkeiten zurückzuführen. Denn ebenso spielten die geistige Veranlagung, Erziehung und gesellschaftliche Einflüsse eine Rolle. Das Verhalten des Menschen resultiere letztlich aus der Summe des Erfahrenen, und insofern sei es durchaus nicht sicher, daß sich ein modifizierter oder optimierter Körper unbedingt positiv auswirken müsse. Und überhaupt möge er sich doch bitte ganz ernsthaft Gedanken darüber machen, was er da geschaffen habe. Zwar spreche er im Zusammenhang mit seinen Hastoniden immer von Männern, aber das seien sie ja nun nicht mehr, sie seien doch Neutren, geschlechtslose Wesen, nicht Fisch und nicht Fleisch, und auch das wirke sich bewiesenermaßen nicht eben positiv aus.
    Die Wahrheit mochte sich aus vielen Komponenten zusammensetzen. Die Wahrheit war dennoch nicht teilbar, soviel war sicher. Ihm schien aber, auch sicher, daß sie nicht auf seiner Seite war, aus wie vielen oder wie wenigen Komponenten sie auch bestehen mochte.
    Er erinnerte sich des Anstoßes, der die schweigsame Maara zu diesen Äußerungen provoziert hatte. Es war ein sehr schlimmes Ereignis gewesen, und vielleicht hatte diese Begebenheit die Talfahrt eingeläutet.
     
    Der Mann sitzt ihm im Sessel gegenüber, ruhig und gesammelt, mit schmalen Augen, in denen keine Regung ist. Nur die Fingerspitzen der gespreizten Hände vibrieren, wenn sie einander begegnen. Es sieht aus, als zelebriere er ein geheimes Ritual.
    Der Mann kommt mindestens einmal im Monat. Läßt sich in einem großen schwarzen Wagen vorfahren und schlendert über die kiesbestreuten Wege des Parks herüber zum Labor, das längst nicht mehr im siebzehnten Stock irgendeines Apartmenthauses untergebracht ist, sondern in einem modernen Flachbau inmitten eines gutgepflegten Gartens, den man Haston Base getauft hat. Setzt sich in einen der Sessel, immer in denselben, blickt hin und wieder mit trägem Interesse auf die jungen Schwestern und stellt Fragen, von denen man nicht weiß, ob sie ihren Ursprung in seinem Gehirn

Weitere Kostenlose Bücher