Das verhängnisvolle Experiment
der die Waffe hatte fallen lassen, die leeren Hände weit von sich hielt und mit anscheinend gemächlichen Schritten auf Lannert zuging.
Einen Augenblick lang glaubte er, Yahiro hätte die Absicht, sich auf die Seite seines Gefährten zu schlagen, aber er bemühte sich, diesem Gedanken keinen Raum zu geben. Zu Verrat war Yahiro nie fähig gewesen, und er würde es auch jetzt nicht sein. Vielleicht hoffte er, Lannert lasse ihn, der waffenlos war, so nahe an sich herankommen, daß er überraschend angreifen konnte. Vielleicht aber gingen Yahiros Überlegungen längst Wege, denen ein Mensch nicht zu folgen vermochte.
»Bleib stehen, Vamos!« rief Lannert. »Du weißt, daß ich nichts gegen dich habe.«
Doch Yahiro setzte seinen Weg fort, langsam und mit wiegenden Schritten. Dabei waren seine Arme nach wie vor weit vom Körper abgespreizt. Er hatte jetzt den Fuß des Hügels fast erreicht.
»Halt, Vamos!« schrie Lannert und hob die Waffe. »Du verdeckst mir das Schußfeld. Denk doch an die Blauen, Vamos, bitte! Sie sind unseresgleichen. Sie, und nicht die Menschen oder diese verfluchten Gelben. Denk an die blauen Neutren, Vamos! Zwing mich nicht, auf dich zu schießen. Ich bitte dich!«
Als Yahiro den Aufstieg begann, traf ihn ein Schuß in den Leib. Lannert blickte einen Moment lang auf das Auge seiner Waffe, das sich langsam wieder schloß. Man sah ihm nicht an, was er dabei empfand. Yahiro blieb ruckartig stehen, preßte beide Hände auf die Magengegend und schwankte wie ein Baum unter dem Anprall einer Sturmbö. Doch er fiel nicht. Er neigte sich ein wenig nach vorn, als müsse er neuen Schwung holen, und stieg weiter den Hang hinan. Auf seinem Rücken, der dunkel war wie grauer Schiefer, bildete sich ein feuchter Fleck. »Ach, Vamos«, Lannert stöhnte und schoß abermals.
Der Strahl traf Yahiro in die rechte Schulter und wirbelte ihn halb herum. Aber auch jetzt fiel er nicht. Lannerts Schüsse lagen ungenau, ein Zeichen seiner heftigen Erregung.
Yahiro entging dem dritten Schuß, indem er sich nach vorn warf, wobei er Lannerts Beine zu fassen bekam. Lannert strauchelte, und die Nadel seines Lasers zerfetzte die Krone eines Baumes im Rücken der Gruppe. Eine knisternde Flamme stob auf und erlosch im nächsten Moment wieder.
Über die Flanke des Hügels wälzte sich, in einer Wolke aufgewirbelter Spreu zu Tal rollend, ein schwärzliches Knäuel. Es war ein ungleicher Kampf. Die Bewegungen Yahiros wurden zunehmend langsamer und zweifellos auch schwächer. Zwar war es ihm im ersten Ansturm gelungen, Lannert zu Fall zu bringen, doch ließen die schwindenden Kräfte nicht zu, daß er seiner Herr wurde. Immerhin vermochte er Lannert jedesmal wieder zu Boden zu reißen, wenn der sich halb erhoben hatte. Schließlich lagen sie am Fuß des Hügels und atmeten heftig. Es schien, als wären sie außerstande, erneut aufeinander loszugehen. Lannerts Waffe beschrieb sinnlos Bögen durch die Luft.
»Schieß endlich, Peter!« Das war Maaras Stimme. Sie lag halb hinter einer Stütze der Spinne verborgen und beobachtete die Ereignisse aus entsetzt aufgerissenen Augen. »So schieß doch endlich«, beschwor sie ihn.
Er aber konnte sich noch immer nicht entschließen. Er hoffte, daß dort drüben alles vorüber wäre, hoffte es, obgleich er sah, daß Lannerts Waffe langsam zur Ruhe kam. Der Schuß sengte unmittelbar an seiner Hüfte vorbei und fraß eine glühende Wunde in die Laufstütze neben ihm. Maara schrie auf.
Einen entsetzlichen Moment lang fürchtete er, sie wäre getroffen worden, aber als er herumfuhr, sah er sie unverletzt am Boden liegen, mitten in einem Regen goldener Funken, der wie ein Wasserfall aus dem verflüssigten Material der Stütze sprang. Da warf er sich über Maara, schirmte sie mit seinem Körper ab und schoß noch im Fallen.
Als er die Hitze der Emission spürte, schloß er die Augen. Die Lautsprecher seines Helmes übertrugen Aufatmen. Er wußte, daß er getroffen hatte. Als er die Augen wieder öffnete, sah er eine Bewegung am Fuß des Hügels. Yahiro erhob sich mit zeitlupenhafter Langsamkeit auf die Knie, schwenkte hilflos einen Arm und brach zusammen.
Die leblosen Körper waren nicht mehr als dunkle Erhebungen im fahlen Gelb des Häcksels. Sie sahen aus wie frisch aufgeschüttete Grabhügel.
Peter Mankov zwang sich hoch, und als er schwankend stand, reichte er Maara die Hand und half ihr auf. Die Welt um sie her schien in einem ungeheuren Schweigen erstarrt.
Sie standen lange und
Weitere Kostenlose Bücher