Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
ein!« flüsterte Yahiro. Jetzt erst begann er sich wirklich Sorgen zu machen. Nicht so sehr wegen der gefährlichen Lage der Fähre, sondern vielmehr wegen Lannerts unbeherrschter Reaktion.
    Lannerts Schultern zuckten. Er wollte anscheinend alle in seiner Reichweite befindlichen Geräte und Instrumente mit einer Handbewegung hinwegfegen, aber diesmal bezwang er sich. Ohne die Augen von den Skalen zu lassen, tastete er nach dem Knopf der Warnanzeige. Doch jetzt hüllte sich der Servator in Schweigen, als fühlte er sich durch Keekes Hieb beleidigt. Lannert schüttelte den Kopf. Es war wohl mehr eine Geste des Zornes als der Resignation.
    Aus den Augenwinkeln sah Yahiro, daß sich draußen, vor den rechten Bullaugen, etwas verändert hatte. Die Tragflügelnase, hinter der hektisch eine graugrüne Landschaft vorbeiglitt, begann in dunklem Rot zu glühen. Es wirkte beeindruckend, so als tauchte die aufgehende irdische Sonne das Metall der Fähre in den rötlichen Schimmer des erwachenden Morgens. Ein im Grunde freundlicher Anblick, aber dort draußen war weder die irdische Sonne, noch graute ein kühler Erdenmorgen.
    Yahiro vermochte den Blick nicht abzuwenden, er starrte auf diesen Schimmer, der sich langsam verstärkte, der über die allmählich deutlicher hervortretenden Konturen des Bodens dahinglitt, der sich wie ein flammender Pfeil in den hellvioletten Himmel des Planeten bohrte, wenn Lannert die Fähre in eine Linkskurve zwang, und der Berge, Hügel und Wälder zu streifen schien, wenn sich die rechte Fläche dem Boden entgegenneigte. Und das Glühen wuchs, kroch von der Nase der Tragfläche zum Profilknick hin und leuchtete von Sekunde zu Sekunde heller. Yahiro fühlte, daß sein Blut schneller zu pulsieren begann. Er kannte eine solche Situation, kannte sie nur zu gut, das gleiche Schauspiel hatte er schon einmal mit ansehen müssen, damals, als sie im Anflug auf Orechowka waren.
    Er wußte genau, was geschehen würde. Die Glut würde sich langsam über die gesamte vordere Fläche hinwegfressen, gierig wie ein Brand in der Steppe, lange Zungen würden, vom Fahrtwind getrieben, über das Metall lecken, sich aufblähen unter dem Sog der tragenden Atmosphäre, und schließlich würde sich die Nase des Flügels einzudellen beginnen, schneller und immer schneller, eine teigige, deformierte Masse, die dem Druck der strömenden Gase nichts mehr entgegenzusetzen hat. Und endlich würde es einen schmetternden Schlag geben, und die Fähre würde nur noch ein Pfeil sein, ein ungefiederter Pfeil, der schneller als ein Stein stürzen würde.
    Er schloß die Augen, als draußen die ersten Fetzen flüssiger Materie aus der Beplankung der Tragflächen gerissen wurden. Die Erinnerung war wieder da.
     
    Sie stürzen in einen tiefen, meergrün leuchtenden Schacht, ein überschweres Metallinsekt mit verbrannten Flügeln, mit blasig aufgetriebenen Stummeln, von denen die heiße Luft glühende Tropfen reißt. Und sie sind ruhig, ganz ruhig. Sie spüren nichts als den Schmerz in den zusammengepreßten Kiefern. Sie wissen, daß sie nicht schreien werden, er nicht, Vamos Yahiro, und auch nicht der andere, Peter Mankov.
    Der Tod sieht bräunlichgrau aus. Eine kreisrunde, ebene Fläche inmitten grüner Wälder. Mit winzigen Hütten, die aus dieser Höhe wie die sauber geordneten Bauklötze eines Kindes wirken. Aber die Hütten wachsen, und der Kreis dehnt sich mit atemberaubender Schnelligkeit. Und im selben Tempo gleitet die Zeit an ihnen vorüber, verschwindet heulend hinter ihnen im Raum, ein Vakuum hinterlassend, in dem nichts mehr existiert, keine Berührung, kein Wort und kein Gedanke.
    Als aus den Hütten Hallen werden, als sich die Straßen von Linien zu Flächen wandeln, und als sich die Fußwege zwischen den Hallen wie ein feingesponnenes Netz abzuzeichnen beginnen, da dreht Yahiro den Boden der Fähre gegen die Flugrichtung, schaltet die Stabilisation auf Automatik und schließt die Skaphanderdichtungen an Hals und Handgelenken. Mit einem Seitenblick vergewissert er sich, daß Peter ebenfalls bereit ist, dann löst er die Sperre des Katapultes. Sekunden später schießen sie sich hinein in eine Hölle aus Hitze, Lärm und Sturm.
     
    Als er zum erstenmal erwacht, ist seine Umgebung auf ein hohles Brausen in absoluter Schwärze reduziert.
    Beim zweitenmal vermag er einzelne Geräusche zu unterscheiden, aber noch gelingt es ihm nicht, sie einzuordnen. Und die Schwärze ist geblieben.
    Beim dritten Erwachen beginnt sich das

Weitere Kostenlose Bücher